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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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die Scheiß-Spurensicherung?« Claudel ging mit großen Schritten zur Tür und verschwand im Gang, wo ich ihn mit dem Streifenpolizisten schimpfen hörte.
    Meine Blicke wanderten zurück zur Wand über dem Schreibtisch. Ich wollte nicht mehr an die Liste denken. Mir war heiß, ich war erschöpft, ich hatte Schmerzen. Die Erkenntnis, daß ich mit meiner Serienmörder-Theorie vermutlich recht gehabt hatte, verschaffte mir ebensowenig Befriedigung wie die Tatsache, daß sogar Claudel sie jetzt glauben mußte.
    Um mich abzulenken, schaute ich auf den Stadtplan. Es war ein farbiger Großraumplan, der die Insel, den Fluß und die Stadt mit allen ihren Vororten und Umlandgemeinden zeigte. Durch die rosa eingezeichneten Orte liefen weiße Wohn- und Geschäftsstraßen, rote Durchgangsstraßen und blaue Autobahnen wie ein kompliziertes Netz aus Arterien und Venen. Dazwischen sah ich das Grün der Parks, Golfplätze und Friedhöfe, das Orange der Behörden, das Violett der Einkaufszentren und das Grau der Industriegebiete.
    Ich beugte mich näher an die Wand, um nach der Straße zu suchen, in der ich wohnte. Sie war nur einen Block lang und jetzt, als ich auf dem Stadtplan nach ihr Ausschau hielt, wurde mir klar, weshalb manche Taxifahrer so lange brauchten, bis sie sie fanden.
    Ich nahm mir vor, in Zukunft mehr Geduld mit ihnen zu haben. Oder ihnen eine genauere Beschreibung zu geben. Als meine Blicke der Sherbrooke Avenue folgten, bekam ich den dritten Schock an diesem Tag.
    Ohne meine Straße gefunden zu haben, glitt mein Blick auf das orangefarbene Grand Seminaire, an dessen südwestlicher Ecke ich ein X mit einem Kreis drumherum entdeckte. Das kleine, handschriftlich eingetragene Zeichen befand sich genau an der Stelle, wo wir Isabelle Gagnons Leiche gefunden hatten. Mit klopfendem Herzen suchte ich das Eastend und das Olympiastadion.
    »Monsieur Charbonneau, sehen Sie sich doch bitte das hier an«, sagte ich mit zittriger Stimme.
    Charbonneau trat näher an den Stadtplan.
    »Wo ist das Stadion?«
    Er deutete mit seinem Kugelschreiber auf den Plan und sah mich an.
    »Und wo befindet sich Margaret Adkins’ Wohnung?«
    Er zögerte einen Augenblick, dann beugte er sich näher an den Stadtplan und zeigte auf eine Straße südlich vom Parc Maisonneuve. Sein Kugelschreiber blieb knapp oberhalb des Planes in der Luft stehen, und wir beide starrten auf ein weiteres X in einem handgemalten Kreis.
    »Wo wohnte eigentlich Chantale Trottier?«
    »In St. Anne-de-Bellevue. Das ist hier nicht mehr drauf.«
    Wir starrten beide auf den Stadtplan.
    »Lassen Sie ihn uns systematisch durchgehen«, schlug ich vor. »Und zwar Planquadrat für Planquadrat. Ich fange in der linken oberen Ecke an und sie in der unteren rechten.«
    Charbonneau sah es zuerst. Das dritte X. Es befand sich am Südufer der Insel, in der Nähe von St. Lambert. Weder Charbonneau noch Claudel wußten von einem Mord in diesem Stadtviertel. Wir suchten den Plan zehn Minuten lang ab, konnten aber keine weiteren Markierungen entdecken.
    Als wir gerade mit einem zweiten Durchgang beginnen wollten, hielt der Kleinbus der Spurensicherung vor dem Haus.
    »Wo, zum Teufel, habt ihr denn so lange gesteckt?« fragte Claudel, als die Beamten mit ihren Alukoffern ins Zimmer kamen.
    »Die Straßen sind total verstopft«, rechtfertigte sich Pierre Gilbert. »Es ist fast so, als würde man quer durch Woodstock fahren, bloß daß es dort etwas schlammiger war.« Gilberts rundliches Gesicht wurde von einem lockigen Vollbart und noch lockigeren Haaren eingerahmt. Irgendwie erinnerte er mich an einen römischen Gott, aber ich wußte nie so recht an welchen. »Was haben wir denn hier?« fragte er.
    »Es geht um die Frau, die in der Avenue Desjardins umgebracht wurde. Der Scheißkerl, der ihr das Licht ausgeblasen hat, wohnt möglicherweise hier in diesem Drecksloch«, antwortete Claudel.
    Er deutete in den Raum. »Hat sich bei der Einrichtung mächtig ins Zeug gelegt, der Gute.«
    »Na, das werden wir auch«, sagte Gilbert grinsend. Seine Haare klebten ihm bereits in nassen Kringeln an der Stirn. »Erst mal werden wir alles gehörig einstauben.«
    »Es gibt auch noch einen Keller.«
    » Oui «, sagte Gilbert und teilte seine Leute ein. »Claude, du fängst unten an. Marcie kümmert sich inzwischen um die Theke.«
    Marcie ging in den hinteren Teil des Zimmers, nahm einen kleinen Behälter aus dem Koffer und fing an, die Resopaltheke mit schwarzem Fingerabdruckpulver zu bestäuben. Der andere

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