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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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ich vielleicht…?« fragte ich und deutete auf einen leeren Schreibtisch.
    »Na klar, die Kollegen sind schon unterwegs.«
    Ich setzte mich und schlug den Hefter auf, der Polizeiberichte, Zeugenaussagen und Photos enthielt. Chantale Trottier. Es war, als würde ich barfuß über heißen Asphalt gehen. Es schmerzte, als wäre es erst gestern passiert, und ab und zu mußte ich von der Akte aufblicken, um mich von der Traurigkeit zu erholen, die in diesen Blättern verborgen war.
    Am 16. Oktober 1993 war die 16 Jahre alte Chantal am Morgen aufgestanden und hatte eine ganze Stunde gebraucht, bis sie die Haare gewaschen, ihre Bluse gebügelt und sich zurechtgemacht hatte. Weil sie spät dran war, hatte sie das Frühstück, das ihre Mutter hergerichtet hatte, stehen gelassen und war zum Zug in die Innenstadt gerannt, mit dem sie jeden Morgen zusammen mit ihren Freundinnen zur Schule fuhr. Chantale trug eine karierte Schuluniform, Kniestrümpfe und einen Rucksack mit ihren Schulbüchern. Sie schwatzte und kicherte und aß nach der Mathestunde zu Mittag. Am Abend kam sie nicht nach Hause, und dreißig Stunden später wurde ihre gräßlich zugerichtete Leiche fünfundsechzig Kilometer vom Haus ihrer Mutter entfernt auf einer Müllkippe in St. Jerome gefunden. Sie steckte in mehreren Plastiksäcken.
    Ein Schatten fiel auf den Schreibtisch, und ich blickte auf. Bertrand stand mit zwei Tassen Kaffee in der Hand vor mir. Auf der Tasse, die er mir reichte, stand »Ab Montag wird gefastet«. Ich nahm sie dankbar und trank einen Schluck daraus.
    »Haben Sie was Interessantes gefunden?«
    »Nicht viel. Sie war sechzehn und wurde auf der Müllhalde von Miron gefunden.«
    »Ja.«
    »Isabelle Gagnon war dreiundzwanzig. Man fand ihre Leiche in der Innenstadt. Ebenfalls in Müllsäcken«, rekapitulierte ich.
    Bertrand nickte.
    »Und Margaret Adkins war vierundzwanzig Jahre alt. Sie wurde zu Hause ermordet, in der Nähe des Olympiastadions.«
    »Sie hat der Mörder nicht zerstückelt.«
    »Nein. Aber dafür hat er sie aufgeschlitzt und verstümmelt. Vielleicht wurde er gestört und hatte nicht genügend Zeit.«
    Bertrand schlürfte lautstark seinen Kaffee. Als er die Tasse wieder absetzte, hingen milchig-braune Tropfen in seinem Schnurrbart.
    »Gagnon und Adkins standen beide auf St. Jacques’ Liste.« Ich nahm an, daß die Geschichte von unserem Fund inzwischen allgemein bekannt war. Ich hatte recht.
    »Stimmt, aber Sie müssen auch bedenken, daß über diese beiden Fälle viel in den Medien berichtet wurde. Der Typ aus der Rue Berger hat sich die Artikel aus Allo Police und Photo Police ausgeschnitten. Mit Bildern. Vielleicht ist er ja bloß jemand, der sich an sowas aufgeilt.«
    »Vielleicht«, sagte ich, obwohl ich nicht daran glaubte.
    »Hatte er nicht eine ganze Sammlung solcher Artikel?«
    »Richtig«, sagte Ryan, der hinter uns getreten war. »Der Saftkopf hat Zeitungsausschnitte über alle möglichen bizarren Dinge gesammelt. Sag mal, Francoeur«, rief er hinüber zu einem kleinen, dicken Mann mit glänzenden, braunen Haaren, der vier Tische weiter einen Schokoriegel aß, »hast du damals im Diebstahlsdezernat nicht ein paar von den Fällen untersucht, bei denen jemand in Häuser einbrach und irgendwas mit der Unterwäsche anstellte?«
    Francoeur legte den angebissenen Schokoriegel auf seinen Schreibtisch, schleckte sich einige Finger und nickte, wobei die Gläser seiner Brille aufblitzten.
    »Hm. Zwei. Komische Geschichten. Das Kerlchen bricht ins Haus ein, schleicht sich ins Schlafzimmer und macht aus Kleidungsstücken der Frau eine Puppe, der er ihre Unterwäsche anzieht. Diese Puppe legt er dann ins Bett und sticht wie ein Wilder darauf ein. Vielleicht kriegt er nur so einen hoch.« Er schleckte sich die restlichen Finger und fuhr fort: »Und dann macht er sich aus dem Staub, ohne auch nur den kleinsten Gegenstand mitzunehmen.«
    »Habt ihr Spermaspuren gefunden?«
    »Nein. Vermutlich steht er auf Safer Sex, auch beim Aufschlitzen von Kleiderpuppen.«
    »Womit hat er sie eigentlich aufgeschlitzt?«
    »Höchstwahrscheinlich mit einem Messer, aber er hat nie eine Waffe liegenlassen.«
    Francoeur biß noch einmal von seinem Schokoriegel ab.
    »Wie ist der Kerl ins Haus gekommen?«
    »Durch ein Parterrefenster«, sagte Francoeur schmatzend.
    »Wann?«
    »In der Nacht.«
    »Und wo hat er diese hübsche kleine Show abgezogen?«
    Francoeur kaute eine Weile langsam vor sich hin und entfernte mit dem Daumennagel ein Stückchen

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