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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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irgendwelche Gegenstände, anhand derer man es hätte identifizieren können. Bis auf einen natürlich: den Gummisauger.
    Er stand zwischen den Beckenknochen, und daß sein Holzgriff wie ein umgedrehtes Eis am Stiel direkt im Beckenausgang steckte, war bestimmt kein Zufall.
    Als ich aufstand, taten mir vom langen In-der-Hocke-Sitzen die Knie weh. Aus Erfahrung wußte ich, daß aasfressende Tiere Leichenteile über beachtliche Entfernungen fortschleppen können. Hunde, zum Beispiel, verstecken ihre Beute gerne im dichten Unterholz, und Füchse, Dachse und Waschbären schaffen oft kleinere Knochen oder Zähne in ihren Bau. Also wischte ich mir die Hände ab und sah mich in der unmittelbaren Nachbarschaft des Torsos nach Tierspuren um.
    Die Schmeißfliegen brummten, und weit, weit entfernt auf der Rue Sherbrooke hupte ein Auto. Bilder von anderen Wäldern, anderen Gräbern und anderen Knochen gingen mir wie zusammenhanglos aneinandergeklebte Schnipsel aus alten Filmen durch den Kopf. Aufmerksam suchte ich den Waldboden ab, und als ich dabei ganz langsam den Kopf drehte, meinte ich, im Muster des schattengefleckten Laubs ganz flüchtig etwas aufblitzen zu sehen. Es war mehr eine Ahnung als eine konkrete Sinneswahrnehmung gewesen und so flüchtig, daß ich es nicht hatte lokalisieren können. Ich drehte den Kopf noch einmal in dieselbe Richtung. Nichts. Obwohl ich mir schon nicht mehr sicher war, daß ich überhaupt etwas gesehen hatte, rührte ich mich nicht vom Fleck. Als ich die Insekten vor meinen Augen fortwedelte, bemerkte ich, daß es nicht mehr so warm war wie vorhin.
    Mist. Noch immer starrte ich auf den Waldboden. Ein leichter Wind kam auf. Er fuhr mir durch die vom Schweiß feuchten Haare und raschelte in den Blättern der Bäume. Und dann bemerkte ich es wieder. In einiger Entfernung blinkte etwas ganz schwach im Sonnenlicht. Unsicher machte ich ein paar Schritte darauf zu und konzentrierte mich dabei voll auf das zitternde Schattenmuster am Boden, wo aber beim besten Willen nichts zu sehen war. Vermutlich hatte ich mich doch getäuscht.
    Aber dann bewegte ein Windstoß das Laub am Boden, und ich sah deutlich, wie das warme Nachmittagslicht ganz kurz von einer mattglänzenden Oberfläche reflektiert wurde. Mit angehaltenem Atem trat ich näher. Was ich fand, erstaunte mich nicht. Da haben wir die Bescherung, dachte ich.
    Aus einem Hohlraum zwischen den Wurzeln eines Tulpenbaums schaute ein weiterer Plastiksack hervor. Rings um den Baum und den Sack wuchsen leuchtend gelbe Butterblumen, die sich in einiger Entfernung zwischen dem anderen Bodenbewuchs verloren. Die fröhlich bunten Blüten sahen aus, als wären sie soeben einer Illustration von Beatrix Potter entsprungen, und bildeten einen merkwürdigen Kontrast zu dem Müllsack, von dem ich schon jetzt wußte, daß er einen grausigen Inhalt bergen würde.
    Laub raschelte und kleine Zweige knackten unter meinen Füßen, als ich auf den Tulpenbaum zuging. Ich hielt mich mit einer Hand am Stamm fest und tastete mit der anderen nach dem Sack. Als ich genügend davon für einen sicheren Griff in der Hand hatte, zog ich vorsichtig daran. Der Sack bewegte sich nicht. Ich wand die Folie noch einmal um meine Finger, zog fester und spürte, wie er sich löste. Beim Ziehen merkte ich, daß etwas Schweres darin sein mußte. Mücken schwirrten um mein Gesicht, und der Schweiß lief mir den Rücken hinab. Mein Herz hämmerte wie der Baß einer Heavy-Metal-Band.
    Nachdem sich der Sack mit einem letzten Ruck vollständig gelöst hatte, zog ich ihn ein Stück weit von dem Baum fort, um ihn zu öffnen. Irgendwie wollte ich das nicht zwischen den fröhlich blühenden Beatrix-Potter-Blümchen tun. An Form und Gewicht des Sacks hatte ich längst erraten, was sein Inhalt sein mußte. Als ich den Knoten an der Öffnung des Sacks löste, schlug mir ein unerträglicher Verwesungsgeruch entgegen. Mit angehaltenem Atem zog ich die Plastikfolie auseinander.
    Aus dem Müllsack starrte mir ein menschliches Gesicht entgegen. Weil die Plastikfolie es vor Insektenfraß geschützt hatte, waren seine Züge noch zu erkennen, auch wenn Hitze und Feuchtigkeit sie zu einer grausigen Totenmaske entstellt hatten.
    Zwei kleine, eingeschrumpfte Augen starrten stumpf unter halb geschlossenen Lidern hervor. Die Nase war umgeknickt und vom Gewicht des Kopfes so flach auf eine der eingefallenen Wangen gepreßt worden, daß sich die Nasenlöcher in schmale Schlitze verwandelt hatten. Die dünnen, zu einem

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