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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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abtransportieren lassen.«
    »Claudel sagt, daß der Kopf der Leiche fehlt.«
    »Stimmt. Der Schädel, der Unterkiefer und die obersten vier Halswirbel.«
    »Und was schließen Sie daraus?«
    »Ich schließe daraus, daß das Opfer enthauptet wurde und daß der Täter den Kopf irgendwo anders hingetan hat. Vielleicht aber liegt er auch noch irgendwo hier auf dem Gelände. Die anderen Müllsäcke waren ja auch über einen weiten Umkreis verstreut.«
    »Dann wäre es also möglich, daß noch ein weiterer Sack irgendwo da drinnen liegt.«
    »Vielleicht. Es kann aber auch sein, daß der Täter den Kopf anderweitig entsorgt hat.«
    »Wie denn?«
    »Im Fluß, im Klo, im Heizungsofen. Woher soll ich das wissen?«
    »Und warum sollte er das tun?« fragte Bertrand.
    »Damit man die Leiche nicht identifizieren kann.«
    »Kann man sie denn wirklich nicht identifizieren?«
    »Eventuell schon, aber wenn wir die Zähne hätten, wäre es bedeutend einfacher. Allerdings hat der Mörder die Hände dagelassen.«
    »Na und?«
    »Wenn jemand eine Leiche zerstückelt, um zu verhindern, daß sie identifiziert wird, läßt er neben dem Kopf meistens auch die Hände verschwinden.«
    Bertrand sah mich verständnislos an.
    »Man kann auch ziemlich stark verwesten Leichen die Fingerabdrücke abnehmen, solange noch etwas Haut an den Fingern ist. Ich habe das sogar schon bei einer fünftausend Jahre alten Mumie gemacht.«
    »Und konnten Sie sie identifizieren?« fragte Claudel mit ungerührter Stimme.
    »Nein, weil ihre Abdrücke in keiner Kartei waren«, antwortete ich ebenso humorlos wie er.
    »Hier haben wir aber nur Knochen«, sagte Bertrand.
    »Aber das konnte der Mörder nicht ahnen. Er wußte ja nicht, wann die Leiche entdeckt werden würde.« Es war wie bei Isabelle Gagnon, dachte ich. Nur daß er diesmal die Leichenteile vergraben hatte.
    Ich hielt eine Weile inne und stellte mir vor, wie der Mörder die Müllsäcke mit ihrem grausigen Inhalt verbuddelt hatte. Hatte er sein Opfer anderswo zerlegt und die Säcke mit den blutigen Leichenteilen im Kofferraum seines Wagens auf das Klostergrundstück gebracht? Hatte er dort geparkt, wo ich in der vergangenen Nacht mein Auto abgestellt hatte, oder war es ihm irgendwie gelungen, auf das Grundstück zu fahren? Hatte er die Löcher vorab nach einem streng festgelegten Plan angelegt? Oder hatte er einfach die Säcke einen nach dem anderen hereingetragen und irgendwo eingegraben? Und wie war das mit dem Zerlegen der Leiche gewesen? War es in Panik geschehen, um ein im Affekt begangenes Verbrechen zu vertuschen, oder hatte er es eiskalt von vorneherein geplant?
    Auf einmal kam mir ein schrecklicher Gedanke. War der Mörder vielleicht letzte Nacht zusammen mit mir auf dem Grundstück gewesen? Diese Überlegung brachte mich wieder in die Realität zurück. »Vielleicht…«
    Alle sahen mich an.
    »Vielleicht hat er den Kopf ja immer noch.«
    »Wie bitte?« schnaubte Claudel verächtlich.
    »Mist«, sagte Ryan.
    »So wie Jeffrey Dahmer?« fragte Charbonneau.
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Wir sollten nochmal mit dem Hund auf das Gelände gehen. In der Nähe der ersten Fundstelle hat er nämlich noch nicht gesucht«, meinte Ryan.
    »Stimmt«, sagte ich. »Das macht ihm bestimmt Spaß.«
    »Haben Sie was dagegen, wenn wir mitgehen?« fragte Charbonneau.
    Claudel warf ihm einen bösen Blick zu.
    »Wenn es Sie glücklich macht…«, sagte ich. »Ich hole jetzt den Hund. Warten Sie am Tor auf mich.«
    Als ich mich entfernte, hörte ich, wie Claudels näselnde Stimme das Wort »Mistvieh« sagte. Ich nahm zu seinen Gunsten an, daß es sich auf den Hund bezog.
    Als ich mich dem Hund näherte, sprang er auf und wedelte langsam mit dem Schwanz. Er blickte von mir zu seinem Herrn, als wolle er ihn fragen, ob er mich begrüßen dürfe. Auf dem Overall des Hundeführers stand mit großen Buchstaben »DeSalvo«.
    »Können wir mit Fido noch einmal reingehen?« fragte ich und streckte dem Hund die flache Hand entgegen. Auf ein fast unmerkliches Nicken von DeSalvo hin sprang der Hund auf mich zu und schleckte mir die Finger.
    »Sie heißt Margot«, sagte DeSalvo auf englisch, sprach den Namen des Hundes aber französisch aus.
    DeSalvo hatte eine tiefe und ruhige Stimme und bewegte sich geschmeidig und gelassen wie jemand, der einen Großteil seiner Zeit mit Tieren verbringt. Sein Gesicht war stark gebräunt und hatte viele Falten, wobei mir die Lachfalten um die Augen besonders auffielen. Er sah aus wie ein Mann,

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