Tote Maedchen luegen nicht
Gesicht zu sagen. Doch wer sich das nicht traut, der behilft sich eben mit einer Nachricht. Und soviel ich weiß, ist nie irgendeine Gemeinheit in den Papiertüten gelandet. Dazu hatten wir viel zu viel Respekt vor Mrs Bradley.
Also, Zach Dempsey, was hast du zu deiner Entschuldigung vorzubringen?
Was? Was ist passiert?
Oh, mein Gott! Als ich aufblicke, sehe ich, dass Tony neben mir steht und auf die Pausetaste gedrückt hat.
»Ist das mein Walkman?«
Ich antworte nicht, weil ich seinen Gesichtsausdruck nicht deuten kann. Er sieht nicht zornig aus, obwohl ich seinen Walkman gestohlen habe.
Verwirrt? Vielleicht. Es ist derselbe Blick, den er mir zugeworfen hat, als ich in seinem Auto saß. Als er mich ansah, anstatt seinem Vater mit der Taschenlampe Licht zu geben.
Besorgt? Beunruhigt?
»Oh, hallo, Tony!«
Ich ziehe die Stöpsel aus den Ohren und lege mir den Kopfhörer um den Hals. Der Walkman! Stimmt, er hatte nach dem Walkman gefragt. »Ja, der Walkman lag in deinem Wagen. Ich habe ihn vorhin gesehen, als ich euch geholfen habe. Ich hatte doch gefragt, ob ich ihn mir ausleihen kann.«
Ich bin so ein Vollidiot.
Er legt eine Hand auf den Tresen und setzt sich neben mich. »Tut mir leid, Clay«, sagt er und sieht mir in die Augen. Hält er mich für einen dreisten Lügner? »Mein Dad geht mir manchmal so auf die Nerven. Bestimmt hast du gefragt und ich habe es nur vergessen.«
Nach meiner Mutter habe ich jetzt auch noch Tony angelogen. Und wenn er neugierige Fragen stellt, werde ich zu weiteren Lügen gezwungen sein.
»Gib ihn mir einfach wieder, wenn du ihn nicht mehr brauchst«, sagt er, steht auf und legt mir die Hand auf die Schulter. »Du kannst ihn behalten, so lange du willst.«
»Danke.«
»Es hat wirklich keine Eile«, fügt er hinzu. Er nimmt sich eine Speisekarte aus dem Serviettenhalter und setzt sich in eine Nische, die sich in meinem Rücken befindet.
Keine Sorge, Zach. Auch du hast mir keine gemeine Botschaft zukommen lassen. Das weiß ich. Doch was du getan hast, war noch schlimmer.
Ich kenne Zach eigentlich als gutmütigen Kerl. Viel zu unauffällig, um überhaupt den Spott der anderen auf sich zu ziehen.
Und so wie ich fühlte er sich stets zu Hannah hingezogen.
Kehren wir in Gedanken ein paar Wochen zurück ... und zwar ins Rosie’s.
Mein Magen krampft sich zusammen, als würde ich mich durch meinen letzten Sit-up quälen. Ich schließe die Augen und versuche, die Ruhe zu bewahren. Doch in Wahrheit habe ich sie schon seit Stunden verloren. Sogar meine Augenlider brennen, als kämpfe mein gesamter Körper gegen eine Krankheit an.
Ich blieb einfach in der Nische sitzen und starrte in mein leeres Milkshakeglas, nachdem Marcus gegangen war. Dort, wo er gesessen hatte, war der Platz sicher noch warm, als Zach eine Minute später auftauchte.
Und sich hinsetzte.
Ich betrachte die Reihe leerer Barhocker an der Theke. Auf einem dieser Stühle hatte Hannah zunächst gesessen, nachdem sie gekommen war. Allein. Dann ist Marcus erschienen und hat sich mit ihr in eine der Nischen gesetzt.
Mein Blick wandert die Theke entlang bis zu den Flipperautomaten am Ende des Raumes, wo sich ihre Nische befand. Sie ist leer.
Ich habe so getan, als würde ich ihn nicht sehen. Nicht weil ich etwas gegen ihn hatte, sondern weil ich einem Zusammenbruch nahe war. Einem Zusammenbruch, der sich durch eine
große Leere in meiner Brust ankündigte. Als würde jeder Nerv in meinem Körper verkümmern, sich von den Fingern und Zehen langsam zurückziehen und schließlich verschwinden.
Meine Augen brennen. Ich strecke die Hand aus und lasse meine Finger am vereisten Milkshakeglas hinuntergleiten. Eiskalte Tröpfchen heften sich an meine Haut und ich fahre mit meinen feuchten Fingern über die Augenlider.
Ich saß regungslos da und dachte nach. Und je länger ich nachdachte und die Ereignisse meines Lebens miteinander in Verbindung brachte, desto mehr drohte mein Herz zu zerspringen.
Zach war süß. Er scherte sich weiterhin nicht darum, dass ich ihn ignorierte, obwohl die ganze Situation fast zum Lachen war. Natürlich wusste ich, dass er neben mir saß. Er glotzte mich unentwegt an. Und schließlich räusperte er sich unüberhörbar.
Ich hob meine Hand und berührte den Fuß meines Glases. Das war das einzige Zeichen für ihn, dass ich zuhörte.
Ich ziehe das Glas näher an mich heran und rühre langsam in den Resten, die sich darin befinden.
Er fragte, ob ich okay sei, und ich zwang mich zu einem
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