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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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fast die Kinnlade heruntergefallen. Sie wandte den Kopf ab. Aus Gewohnheit versuchte sie, sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen, aber dazu waren sie viel zu kurz geworden.
    Wenn ich näher darüber nachdenke, dann habe ich mir die Haare genau an dem Tag abgeschnitten, an dem ich mich mit Marcus Cooley im Rosie’s getroffen habe.
    Ist das nicht verrückt? All die Warnhinweise, über die sie uns aufgeklärt haben, die gibt es wirklich. Vom Rosie’s ging ich direkt zum Friseur. Ich brauchte eine Veränderung, genau wie sie es beschrieben haben, also veränderte ich mein Aussehen. Das Einzige, worüber ich noch Kontrolle hatte. Erstaunlich.
    Sie macht eine Pause. Stille. Nur ein leises Rauschen ist zu hören.
    Ich wette, die Schulpsychologen haben jede Menge Material darüber, wie sie Schüler erkennen, die möglicherweise in Erwägung ziehen ...

    Erneute Pause.
    Nein... wie ich schon sagte... ich kann das Wort nicht aussprechen.
    Selbstmord. Ein schreckliches Wort.
    Als meine Tüte am nächsten Tag immer noch leer war, wusste ich, dass hier etwas faul war. Zumindest vermutete ich es. In den ersten Monaten dieses Kurses hatte ich vier oder fünf Nachrichten bekommen. Doch plötzlich, nach dem auffälligen Haarschnitt ... nichts!
    Ich wartete eine Woche.
    Zwei Wochen.
    Drei Wochen.
    Immer noch nichts.
    Ich schiebe mein Glas quer über die Theke und schaue zum Mann hinüber, der an der Kasse steht. »Können Sie das nehmen?«
    Es war höchste Zeit herauszufinden, was hier eigentlich vor sich ging. Also schrieb ich mir selbst eine Nachricht.
    Er wirft mir einen strengen Blick zu, während er das Wechselgeld zählt. Die Bedienung schaut mich vielsagend an und deutet auf ihre Ohren. Der Kopfhörer. Ich spreche zu laut.
    »Entschuldigung«, flüstere ich. Vielleicht bin ich aber auch gar nicht zu hören.
    »Hannah«, schrieb ich. »Ich mag deine neue Frisur. Tut mir leid, dass ich mich nicht schon eher gemeldet habe.« Ergänzt habe ich die Nachricht durch ein rotes Smiley.
    Dabei gesehen zu werden, wie ich mir selbst eine Nachricht zukommen ließ, wäre natürlich eine riesige Blamage gewesen. Also hinterließ ich auch eine Nachricht in der Tüte, die sich direkt neben meiner befand. Nach der Stunde ließ ich demonstrativ einen Zettel in dieser Tüte verschwinden, während
ich gleichzeitig so tat, als würde ich überprüfen, ob ich selbst eine Nachricht bekommen hätte. Natürlich wusste ich, dass meine Tüte leer war.
    Genau wie am nächsten Tag. Meine Nachricht war verschwunden.
    Vielleicht hast du das nur als kleinen Scherz betrachtet, Zach. Doch ich hoffe, dass du jetzt besser verstehst, was du getan hast. Ich war dabei, den Boden unter den Füßen zu verlieren, und hätte ein paar aufmunternde Botschaften dringend benötigt. Sie hätten mich vielleicht mit ein wenig Hoffnung erfüllt.
    Aber du hast mir diese Hoffnung genommen. Du meintest, ich hätte sie nicht verdient.
    Je länger ich den Kassetten zuhöre, desto besser glaube ich, sie zu kennen. Nicht die Hannah der vergangenen Jahre, sondern die der letzten Monate. Das ist die Hannah, die ich zu verstehen beginne.
    Hannah, wie sie am Ende war.
    Das letzte Mal, dass ich mich einem Menschen so nahe gefühlt habe - einem Menschen, der nicht mehr lange zu leben hatte -, war am Abend der Party. Der Abend, an dem ich sah, wie zwei Autos auf einer dunklen Kreuzung zusammenstießen.
    Auch damals wusste ich nicht, dass der Mensch sterben würde.
    Auch damals waren jede Menge Leute in der Nähe. Aber was hätten sie tun können? Die Leute, die um das Auto herumstanden, versuchten, den verletzten Mann zu beruhigen, und warteten auf den Krankenwagen. Was hätten sie sonst tun sollen?
    Und all die Leute, die Hannah auf den Fluren sahen oder
im Klassenzimmer neben ihr saßen, was hätten sie tun sollen?
    Vielleicht war es schon damals zu spät, so wie jetzt.
    Wie viele Zettel hast du mir gestohlen, Zach? Wie viele Nachrichten, die ich nie zu lesen bekam? Hast du sie gelesen? Ich hoffe es. Dann weiß zumindest irgendjemand, was andere von mir denken.
    Ich blicke mir verstohlen über die Schulter. Tony ist immer noch da, mampft seine Pommes und füllt seinen Hamburger mit mehr Ketchup.
    Zugegeben, an Diskussionen im Unterricht habe ich mich nie groß beteiligt. Doch wenn ich es einmal tat, dann hätte ich doch gern gewusst, ob mir jemand daraufhin eine Nachricht geschrieben hat. Das hätte mich ermutigt, mich noch mehr zu öffnen.
    Das ist nicht fair. Wenn Zach gewusst

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