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Tote Mädchen

Tote Mädchen

Titel: Tote Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Calder
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Ich wollte Pläne schmieden, rennen, lügen! Manchmal musste man auch kämpfen. (Ich tat das nur ungern ‒ ich war nicht besonders gut darin; dafür war eher Primavera zuständig.) Warum konnten sie uns nicht in Ruhe lassen? Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber flackernde Bilder störten meine Gedanken. Jack Morgenstern in Kitos Penthouse; und Kito, die nervös mit der Titankette an ihrem Hals spielte, mit ihren Armbändern aus abgebranntem Uran.
    »Kito hat mich reingelegt«, hörte ich Primaveras Stimme in meinem Kopf. Ich stieß einen Schrei aus.
    »Versuchen Sie etwas zu schlafen, Sir«, sagte der Marine.
    »Hast du das gehört, Iggy? Scheiße ‒ ich wusste nicht, dass ich das kann!«
    Ich krallte mich an den Seiten der Liege fest; dann entspannte ich mich wieder. Ich lebte jetzt schon zu lange mit Primavera zusammen, um mich von ihrer Quantenmagie in Panik versetzen zu lassen, so beispiellos ihre Fähigkeiten auch sein mochten. »Primavera?«
    »Ja-haa?« Hey, ich konnte auch in Gedanken zu ihr sprechen. Clever, diese Cartier-Puppen!
    »Sie wollen uns nach London zurückschicken«, flüsterte ich mit tödlichem Unterton. »Zufrieden?« ‒ Ich drehte das Messer weiter in der Wunde. »Warum auch nicht? Jetzt haben deine ganzen Spielchen ein Ende.«
    »Es tut mir leid, Iggy.« Sie hatte Tränen in den Gedanken.
    »Kannst du dich bewegen?«
    »Mein ganzer Körper ist völlig gefühllos. Wenn ich nur diese gusseiserne Hose ausziehen könnte, dann ...«
    »Ich kann mich ein kleines bisschen bewegen. Irgendwelche Ideen?«
    »Rühr dich nicht. Wenn ich in dein Gehirn reinkomme, schaff ich das auch bei GI Joe.«
    »Und dann?«
    »Schließ einfach die Augen. Tu so, als würdest du schlafen.«
    Primavera meldete sich ab und ließ in meinem Kopf nichts als statisches Rauschen zurück. Nach ein paar Minuten hörte ich das Knarren eines Stuhls und ein verstohlenes Schlurfen. Ich blinzelte unter halbgeöffneten Augenlidern hervor und sah zu, wie sich der Wachmann vor Primaveras Liege hinkniete, eine Schlüsselkarte aus der Brieftasche holte und sie irgendwo zwischen Taille und Hüfte einführte. Die Vorrichtung öffnete sich, und der Wachmann legte sie vorsichtig auf den Boden. Schwer atmend ließ er eine Hand unter den Hauch schwarzer Spitze gleiten, der kaum ihren Schamhügel bedeckte. Zähne schnappten zu; ein Keuchen. Der Wachmann zog die Hand zurück und starrte sie verwirrt an. Das oberste Glied seines Mittelfingers fehlte. Er rang nach Luft ‒ gleich würde er ein jämmerliches Geheul anstimmen. Bevor er auch nur einen Ton von sich geben konnte, verpasste ihm Primavera einen Kinnhaken, der es in sich hatte. Er wurde durch den Raum geschleudert, überschlug sich und krachte kopfüber gegen die Wand.
    »Meine erste telepathische Eroberung«, sagte Primavera, nachdem sie sich den Maulkorb vom Gesicht gerissen hatte. »Da soll noch mal jemand an meinen Verführungskünsten zweifeln!« Der Marine lag in einer Ecke wie ein zertrampeltes Insekt. Die volle Punktzahl, ganz ohne Frage.
    Primavera rollte sich von ihrer Liege und stand auf, wobei ihre schlanken Teenagerbeine zitterten wie die eines neugeborenen Fohlens. Ich starrte den toten Marine an.
    »Du weißt, dass mir außer dir niemand an die Wäsche darf, Iggy.«
    »Bring uns nur hier raus.«
    »Oh Entschuldigung! Es tut mir ja sooo leid. Ich vergesse immer, wie sensibel du bist.«
    Sie legte ein Ohr gegen die Wand; dann zog sie einen Seidenhandschuh aus, fuhr mit der Hand über den Verputz und ... Enttäuschung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Was auch immer hätte geschehen sollen ‒ Ereignisse in der Quantenwelt fanden keine Schnittstelle zur uns vertrauten Welt –, war nicht geschehen. Sie versetzte dem Keuschheitsgürtel einen Tritt, und er segelte über den Boden.
    »Magischer Staub. Das Ding war voller winziger Mikroben; anscheinend sind noch welche in mir drin.« Sie legte sich eine Hand auf den Bauch. »Yeah, ich kann sie spüren ‒ haufenweise kleine Nanobots. Die versauen mir meine Matrix.« Wieder legte sie ein Ohr an die Wand. »Ich kann meinen Hokuspokus nicht einsetzen, Iggy. Bleibt uns nichts anderes übrig, als etwas Lärm zu machen.«
    Sie kratzte mit dem Fingernagel ein kleines Kreuz in den Verputz, schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und rammte die Stirn gegen die Wand. Das Gebäude erbebte, und Primavera verschwand hinter einem Schleier aus zerstäubtem Stahlbeton. »Scheiße!«, schrie sie. »Mein verdammter Schädel!« Im

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