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Tote Mädchen

Tote Mädchen

Titel: Tote Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Calder
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Spalanzani, »aber jetzt kann ich das nicht mehr. Selbst wenn wir voraussetzen, dass es, symbolisch oder physisch, eine Wechselwirkung zwischen dieser jungen Dame und der draußen gibt, bräuchte ich spezielle Instrumente, maßgeschneiderte Nanoware. So eine wie sie ... habe ich noch nie gesehen. Noch nie.«
    »Dann sollte doch wohl ich mal schauen, was ich tun kann«, sagte ich.
    Morgenstern nickte. »Sieht fast so aus, als wären meine Möglichkeiten begrenzt. Aber keinen Unfug, okay?«
    »Ja, mein Freund«, sagte Spalanzani, »vielleicht befinden sich unsere Körper in der realen Welt und träumen all dies; aber es kann auch genau das Gegenteil der Fall sein. Für die junge Dame ‒ für alle Lilim ‒ sind Gedanken dichter, dinglicher als für Sie und mich. Ihre Träume haben Substanz. Seien Sie vorsichtig!«
    »Nicht so hastig«, sagte Kito. Sie klappte ihren Transcom zusammen und drehte daran herum, bis er sich in einen ebenso eleganten wie tödlichen Damenstrahler verwandelt hatte. »Ich wollen wissen, warum Sie mich ruinieren, Mr. Jack.«
    »Madame«, sagte Jinx, »das ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um ...« Kitos Pistole fauchte leise, und Jinx drehte eine Pirouette, taumelte nach hinten, zog eine Fotografie aus seiner Jacke, riss sie in Stücke (sie kreischte kaum hörbar), fiel lautlos über das Geländer auf die Straße unter uns und löste sich auf, womit zumindest für ihn die Frage geklärt war, ob wir Simulationen waren oder nicht.
    »Also stimmte das wirklich«, sagte ich. »Mr Jinx hat eine Bildautomateuse geliebt!«
    »Von wegen Liebe«, sagte Kito. »Verblendung, mehr nicht.« Die Pikadons richteten ihre Partikelwaffen auf Kito, um die symbiotische Elektronik zu scrambeln, die sich in ihrem Hypothalamus breitgemacht hatte (kleine Dingsdabumsda, die seit hundert Jahren immer nur »Sex, Sex, Sex« geschrien hatten). »Eine grausame Selbsttäuschung!« Die Waffen feuerten ‒ und aus der Mündung kamen kleine Fähnchen geschossen; auf der einen stand »Bang!«, auf der anderen »Boom!«. Kitos Laser hatte sich in einen Steely Dan verwandelt.
    »Sieht fast so aus, als hätte die Göttin dieser Welt etwas gegen Schusswaffen«, sagte ich.
    »Für Jinx scheint sie auch nicht viel übriggehabt zu haben«, sagte Morgenstern und steckte seinen Laserweg.
    »Spalanzani«, sagte ich und kletterte in den Golfwagen, »hätten Sie wohl ein Skalpell für mich?« Spalanzani verschwand in der Kuppel und kam kurz darauf mit einer Handvoll chirurgischer Instrumente wieder zurück.
    »Sie haben ja gesehen, was sie gerade getan hat«, sagte er. »Vielleicht sollten wir nicht versuchen ...«
    »Los, machen Sie schon«, fiel ihm Morgenstern ins Wort. »Wenn sie das im Schlaf tun kann, ist keiner von uns sicher.«
    »Schlimmer es nicht können werden, Onkel Jack«, sagte eine Pikadon.
    Ich suchte mir eine Klinge aus und fuhr mir damit über den Arm. Spalanzani schüttelte missbilligend den Kopf. »Halten Sie ihr den Mund auf«, sagte ich zu ihm, schlitzte mir eine Ader auf und ließ das Blut Primavera in den Mund tropfen. Sie fing an zu röcheln und schluckte gierig. Ich drückte auf meinen Arm; Primavera musste wirklich nicht zu ihrem Glück gezwungen werden; sie gähnte, und Blut spritzte ihr auf Gesicht und Haar. Ich spekulierte darauf, dass ihre Hematodipsia stärker war als die Fesseln ihrer Bewusstlosigkeit.
    Die Schlägertypen murmelten:
    »Himmel, diese Engländer!«
    »So was von verdorben.«
    »Wirklich ein grünes, perverses Land!«
    »Wenn ich das Alice erzähle ...«
    Primavera schlug Spalanzanis Hand beiseite, umklammerte meinen Arm, legte den Mund auf die blutende Ader und saugte daran wie ein Kind an der Flasche. Aah ‒ Grabsteinstöhnnacht ... Im Land des Todes und der Triebe wartete unsere Kutsche auf uns. Wir zitterten und zuckten. Der Wagen. Das Mädchen. Der Fluss.
    Was ...
    »Das reicht«, sagte Morgenstern und zerrte mich weg.
    Primavera fuhr sich mit der Hand über den Mund. »Verdammte Scheiße, Iggy, wo sind meine Kleider?« Ich zog meine Jacke aus und reichte sie ihr.
    »Wir sind im Grace , erinnerst du dich?«, sagte ich. »Wir waren in Kitos Schlafzimmer, als ...«
    »Und was hat dieser Wichser hier verloren?«, fiel mir Primavera ins Wort und starrte Morgenstern wütend an. »Es ist weg. Es ist weg! Ich kann seine Gedanken nicht lesen.«
    »Wir sind immer noch hier«, sagte Morgenstern und schaute sich um. »Sie ist aufgewacht, und wir sind immer noch hier. Sag ihr, sie soll sich zwicken,

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