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Tote Mädchen

Tote Mädchen

Titel: Tote Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Calder
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Zwakh.«
    Ich nahm Primavera an der Hand und führte sie zum Rand des Daches. »Heilige Scheiße«, sagte sie, als sie die miteinander verschmolzene Skyline von Ost und West sah.
    »Primavera, du träumst«, sagte ich, »und wir befinden uns in deinen Träumen.«
    »Quatsch! Wenn ich träumen würde, könnte ich ...« Der Garten verschwand, und plötzlich waren wir in unserer Suite im Grace . »... alles tun.« Primavera räkelte sich neben mir auf der Couch; ihr grüner Seidenkimono drohte ihr von den Oberschenkeln zu rutschen. »Du hast recht«, sagte sie. »Ich träume wirklich.« Sie aß Popcorn, das Licht war heruntergedreht, und auf allen vier Fernsehgeräten lief die Jack-Morgenstern-Show.
    »Äußerst clever«, sagte ich. »Als hätte ich von deinen albernen Kunststücken nicht schon genug!«
    Morgenstern, der einen weißen Kittel anhatte, wurde einen Korridor entlanggeführt. Seine Begleiterinnen trugen Masken, doch ihre langen blonden Mähnen verrieten sie. Einen Rollstuhl, der ihnen im Weg stand, schleuderten sie wütend beiseite ...
    »Dem Wichser werde ich eine Lektion erteilen«, sagte Primavera und stopfte sich eine Handvoll Popcorn in den Mund.
    Der Korridor ging auf eine große Rotunde hinaus; in der Mitte standen zwei marmorne Seziertische, auf denen die gepfählten Leichen von Morgensterns Kumpanen lagen. Der dritte Seziertisch war offenbar für Morgenstern selbst reserviert.
    »Jetzt hör doch auf, so melodramatisch zu sein, Primavera. Dafür haben wir jetzt keine Zeit.«
    »Klar doch. Er ist doch so ein netter Kerl. Ich möchte unbedingt eine Familie mit ihm gründen!«
    Morgenstern, dem man den Kittel heruntergerissen hatte, kauerte auf allen vieren auf dem Seziertisch; sein haariger Hintern war kein schöner Anblick. Ein Paar Hände in Gummihandschuhen packte ihn an den Knöcheln.
    Primavera nahm die Fernbedienung, und alle fünf Bildschirme erstarrten. »Hey, Morgenstern«, rief sie, »kannst du mich hören?«
    Die Bilder blieben weiterhin unbewegt, doch Morgensterns körperlose Stimme kam keuchend aus den Lautsprechern. »Du blutrünstige kleine Schlampe! Meine Kumpels ...«
    »Jetzt mach schon«, sagte ich. »Dann sind wir ihn los, und du kannst dir überlegen, wie wir hier rauskommen.«
    »Ich möchte aber mit ihm spielen«, sagte sie und zog einen Schmollmund.
    »Spielen! Immer willst du spielen! Kapierst du denn nicht, was da los ist?«
    »Es ist nur ein Traum, Iggy. Warum bist du immer so ernst?«
    »Nur ein Traum? Wir sind in dir drin. Du hast uns alle ...«
    »Du musst hier nicht rumbrüllen!«
    »... in deine Matrix reingezogen.«
    Ihr Mund, der gerade damit beschäftigt gewesen war, Popcorn zu Brei zu verarbeiten, blieb weit offen stehen; sie stocherte mit einem langen roten Fingernagel zwischen ihren Zähnen herum. »Da war so ein Typ mit italienischem Akzent. Ich lag auf was Kaltem. Dann kommen die Amerikaner rein, und ...« Ihre Zähne nahmen ihre Arbeit wieder auf. »Dann bist du echt?«
    »Ich fühle mich jedenfalls so. Allerdings hat Spalanzani gesagt, dass wir vielleicht auch ...« Jack Morgenstern hatte angefangen zu schreien.
    »Sollen wir?«, fragte Primavera.
    »Bring’s hinter dich. Er weiß von Titania. Und vom Seven Stars .«
    »Böser Bube!« Primavera nahm wieder die Fernbedienung zur Hand.
    »Warten Sie!«, sagte Morgenstern. Primaveras Finger hielt über dem Standbildknopf inne. »Wir würden Sie niemals nach England zurückschicken. Das habe ich nur gesagt, um Ihnen Angst einzujagen. Damit Sie reden!«
    »Ja ja, klar«, sagte ich. Mein Blick schweifte durch den Raum, in dem die Hinrichtung stattfand. »Warum ist es denn da so dunkel? Zu Hause war alles immer hell erleuchtet. Fast weiß. Und ...«
    »Sauber!«, ergänzte Primavera.
    »All die Kerzen. Und Masken. Und das Ding da in der Mitte ‒ siehst fast aus wie ein Galgen.«
    »Medicine Heads«, erwiderte Primavera, »haben den Schönheitssinn einer debilen Auster. Das hier gefällt mir besser. Hübsch finster!«
    »Yeah«, sagte ich.
    »Können Sie mich nicht hören?«, zeterte Morgenstern.
    »Wir sind doch eh alle nur Sims«, sagte ich zu ihm. »Vielleicht hat Spalanzani ja recht.«
    »Wir haben nach Informationen über Titania gesucht. Die Mädchen ‒ die sagen rein gar nichts. Da dachten wir, versuchen wir es doch mal mit Ihnen.«
    »Wenn ich geahnt hätte, dass Sie zuhören ...«
    »Wir mussten einfach wissen, wo sie sich befindet, was für eine Organisation hinter ihr steht.«
    »Yeah, damit ihr sie aus

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