Tote Männer Milch (German Edition)
bin nie fremdgegangen, ich … ich habe alles falsch gemacht...“
Isolde stockte. Abgelenkt wandte sie sich Paul zu, der zusammengesackt und schnarchend in den Polstern lag. Sie lächelte nachsichtig.
„Ich bring dich jetzt ins Bett“, sagte sie geknickt, trank ihr Glas leer. Dann hievte sie Paul vom Sofa herunter. Paul brummte mürrisch. „Ich muss morgen früh raus.“
„Ja, ja“, beschwichtigte Isolde. Da sie selbst nicht mehr gut zu Fuß war, konnten sie sich nur schrittweise fortbewegen. Mehr taumelnd erklommen sie die Treppe, die zum Schlafzimmer führte.
„Du hast mich absichtlich besoffen gemacht“, maulte Paul. „Was hast du vor?“
Sie standen bereits am obersten Absatz der Treppe. Flüchtig schielte Isolde die Stufen hinab, ohne auf Pauls Frage einzugehen. Sie hatte genug damit zu tun, seine unsteten Gewichtsverlagerungen auszuloten. Fast hatten sie die Schlafzimmertür erreicht, als Paul sich plötzlich sträubte weiterzugehen und zutraulich seinen Kopf auf Isoldes Schulter legte.
„Mmh, du riechst gut … wie eine Blume. Wenn du eine wärst, dann bestimmt eine…“
Er schien angestrengt zu überlegen.
„Rose“, half sie ihm auf die Sprünge.
Paul hob Kopf und Zeigefinger gleichzeitig, als hätte ihn ein Geistesblitz ereilt und blickte sein Gegenüber mit zusammengekniffenen Augen an.
„Wenn du eine Blume wärst…“, säuselte er eindringlich und tippte mit seinem Finger auf Isoldes Brustkorb, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, „dann eine Nelke – jawoll.“
Verdutzt blinzelte Isolde auf seinen Finger, dann in sein Gesicht, als suche sie eine einleuchtende Erklärung für diese Behauptung.
„Nelke“, wiederholte sie ungläubig, „das ist ja eher ein unscheinbares Gewächs.“
Paul nickte kennerisch, während sich sein Mund zu einem fragwürdigen Grinsen verzog und sich seine Hand langsam Isoldes Mund näherte. Sanft hob er ihr Kinn an und strich mit seinem Daumen über ihre Unterlippe.
„Sind es nicht immer die Unscheinbaren, die die Welt bewegen?“, flüsterte er verheißungsvoll und bedachte Isolde mit einem herzerwärmenden Lächeln.
Isoldes Blick verschleierte sich. Sie hatte das Gefühl, als würde in diesem Augenblick ihr Leben neu beginnen. Isolde war jetzt gerade mal einen Tag alt.
„Ja, ja natürlich, Nelke“, hauchte sie, „die Blume der Arbeiterklasse, eine Blume, die Kampfgeist symbolisiert … ja, ja, natürlich, welch wunderbarer Vergleich … natürlich…“
Isolde, von einer Welle der Zärtlichkeit erfasst, fraß sich mit ihren Augen förmlich in Pauls Gesicht hinein, das ihr Tür und Tor zu öffnen schien, den Weg, ihre sehnlichsten Wünsche zu sättigen. Sie verspürte plötzlich einen unbändigen Heißhunger auf menschliche Wärme, auf Streicheleinheiten, auf Sex. Gab es überhaupt eine Sättigungsgrenze für all das? Wie paralysiert schloss sie die Augen und reckte ihr Kinn etwas höher und spürte, wie sich sein Griff spontan löste. Isolde schlug die Augen auf und sah Paul einen Schritt zurückschwanken.
„Was ist?“, fragte sie mit einem standhaft verklärten Ausdruck im Gesicht.
„Mir ist übel … mein Kopf.“
Isolde zwinkerte mehrmals mit den Augen als wäre sie durch ein Fingerschnippen aus der Hypnose erwacht. Hastig verwirrt ergriff sie seinen Arm und legte ihn um ihre Schulter. „Du musst ins Bett“, flüsterte sie besorgt, während sich Paul mit seinem ganzen Gewicht auf sie stützte. Ächzend stieß sie die Tür zum Schlafzimmer auf und ließ Paul wie einen Sack voll Zement aufs Bett plumpsen. Entkräftet atmete sie aus, dann legte sie seine herunterhängenden Beine aufs Bett, zog ihm Schuhe und Socken aus. Um etwas zu verschnaufen, setzte sie sich auf die Bettkante und wartete ab, bis sich Pauls flatternde Lider beruhigt hatten, sich seine Gesichtszüge entspannten und er friedlich grunzend einnickte.
„Ich werde deinen Schlaf behüten“, flüsterte sie und strich zärtlich über seine Stirn.
Sie nahm seine rechte Hand und drückte sie an ihre Wange. Die Wärme seiner Haut entlockte ihr ein wohliges Seufzen. Zärtlich liebkoste sie seine Finger, seinen Handrücken, leckte den Schweiß von der Innenfläche und begann an seinem Ringfinger zu lutschen. Wie betäubt schloss sie dabei die Augen und schluckte den metallischen Gegenstand, der sich widerstandslos unter ihren Lippen löste, einfach hinunter.
„Wenn ich meine Seele dem Satan verkaufen könnte, um deine Liebe zu bekommen, würde ich es tun“, murmelte
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