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Tote Männer Milch (German Edition)

Tote Männer Milch (German Edition)

Titel: Tote Männer Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Malina
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bemerkte nicht, wie Pauls Augen dabei auf sie herabstarrten.
     
     
     

7. Kapitel
     
    Isolde lag noch wach, als die fahlen Schatten der Morgendämmerung in den Raum krochen. Sie hatte ihren Kopf auf ihren abgewinkelten Arm gestützt und betrachtete Pauls Gesicht.
    Wenn du eine Blume wärst, dann eine Nelke…, sinnierte sie stumm und immer wieder vor sich hin, als hätte sie seine Worte wie ein delphisches Orakel in ihre Seele inhaliert. Trotz allem quengelten sich Zweifel an der Verbindlichkeit seiner Aussage zwischen ihre Gedanken. Nein, dachte sie und wimmelte Bedenken kopfschüttelnd ab. Er war noch nicht besoffen genug, als dass er sich über die Bedeutung seines Lippenbekenntnisses nicht im Klaren gewesen wäre. Es war eine verschlüsselte Liebeserklärung, deren Code zu knacken es keiner besonderen Fähigkeiten bedurfte. Das Passwort “Zuneigung“ stand auf seiner Stirn geschrieben. Der Zugang führte direkt in seine Augen. Sie brauchte sich nur einzuloggen und schon war sie ans Netzwerk seiner Gefühlswelt angeschlossen. Isolde war sich sicher, dass es hier keine Trojaner gab.
    Zufrieden blickte sie auf den Reisewecker, der direkt gegenüber auf der Nachtkommode stand. Paul wollte 8.30 Uhr aufstehen, um einzukaufen. Einen Grabstein wollte er kaufen, ja, das hatte sie gestern Nacht noch einigermaßen nüchtern aufgeschnappt. Jetzt war es erst 6.00 Uhr. Sie überlegte, wie sie die Zeit am besten überbrücken könnte. Obwohl ihr der Schlaf fehlte, ihr beinahe die Lider zuklappten und sie sich viel lieber an Paul herangekuschelt hätte, folgte sie ihrem Instinkt dieser Verlockung nicht auf den Leim zu gehen. Eine Frau im Bett, die ihren Rausch ausschläft, anstatt sich um ein kräftiges Frühstück zu kümmern, erweckt keinen guten Eindruck. Außerdem musste sie dringend aufs Klo. Vorsichtig tastete sie sich aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen zur Tür hinaus. Im Flur angekommen, öffnete sie einige Türen, bis sie das Badezimmer gefunden hatte. Staunend blickte sie sich um. Eine ebenerdige Duschkabine für zwei Personen aus grün getöntem Plexiglas, eine farblich dazu abgestimmte Schrankwand mit integrierter Beleuchtung, eine ovale, im Boden versenkte Badewanne aus schwarzem Marmor, golden gerahmte Spiegel an den Wänden, ein Badeteppich aus echtem Nerz – das zeugte von einem Lebensstil, den Isolde nur aus Büchern und Filmen kannte. Skeptisch musterte sie die marmorne Toilettenschüssel mit goldener Klobrille. Eine gewöhnungsbedürftige Ausführung, die Isolde mehr an einem Thron als an einen Gebrauchsgegenstand erinnerte. Wenn ich die Wahl hätte , würde ich jeden herkömmlichen Wald- und Wiesenbusch vorziehen. Aber ihre voranschreitenden Blähungen ließen ihr keine Wahl. Mit dem ihr verfügbarem Potenzial an Würde nahm sie Platz und versuchte, anfallende Geräusche zu vermeiden. Der gegenüberliegende Spiegel gab Isolde Gelegenheit, sowohl ihre Mimik als auch ihre Körperhaltung dem Niveau des Raums anzupassen. Pervers, dachte Isolde verständnislos. Wie kann man sich einen Spiegel ausgerechnet dort hinhängen, und dann auch noch so ein riesiges Teil. Hat sich diese Hexe wirklich für so schön gehalten, dass sie sich sogar beim Scheißen beobachten musste? Isolde hob majestätisch ihr Kinn und korrigierte die unvorteilhafte Stellung ihrer Beine, während sie geziert nach den Feuchttüchern langte. Anschließend erhob sie sich würdevoll und begutachtete mit akribischem Interesse ihren Stuhlgang.
    „Ich bin ein Goldesel“, stellte sie fest.
    Unter Zuhilfenahme einer Haarklemme grub sie geschickt den Ring aus ihrer Notdurft, wusch in sauber und ließ ihn in ihrem Kleid verschwinden. Reflexartig drückte sie auf eine metallene Zierfliese an der Wand, von der sie annahm, dass es sich dabei um die Spülung handelte. Aber da tat sich nichts. Auch eine genauere Inspektion des Umfelds blieb erfolglos. Isolde wurde nervös. Verzagt klappte sie den Klodeckel zu – die Spülung setzte sich beinahe geräuschlos in Gang.
    „Hexenwerk!“, zischelte sie bissig.
    Wesentlich entspannter gestaltete sich Isoldes Suche nach einer Zahnbürste. Sie durchstöberte einige Schubladen und fand mehrere original verpackte Zahnbürsten. Sie entschied sich für eine grüne, ihre Lieblingsfarbe. Sie wusch sich zuerst Gesicht und Hände, dann löste sie die Zahnbürste aus ihrer Verpackung, putzte sich gründlich die Zähne und stellte die Zahnbürste anschließend in den goldenen Zahnputzbecher. Die Zahnbürste

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