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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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das stimmte. Aber würden sie sie rechtzeitig fassen, um Tori Edmonds’ Leben zu retten? Und jetzt auch Mary Carrolls Leben.
In seinem Kopf bin ich das einzig Wichtige für ihn
.
    »Sam?«, rief Dan Bright herüber. »Kommen Sie mal einen Moment her.«
    »Bleib dran«, sagte Currie zu Swann und drehte sich um. »Haben Sie ihn gefunden?«
    »Das nicht gerade.«
    Bright tippte auf den Bildschirm. Das Bild war um 11:57:46 angehalten, und das war ungefähr zehn Sekunden nachdem Lewis das Einkaufszentrum betreten hatte. Als Currie das Paar in der Mitte des Bildes sah, spürte er, wie sein ganzer Körper starr wurde. Er hatte vorher schon eine Nahaufnahme von dem Mann geprüft, aber die Frauen hatte er nicht angesehen. Hätte er das getan, dann hätte er sie sofort erkannt.
    »Das ist Mary Carroll.«
    »Ja.« Bright nickte langsam. »Das ist sie.«
    »Wer ist der Kerl neben ihr?«
    Bright zoomte das Bild heran. Der Mann war im Profil erfasst worden. Ein Durchschnittsgesicht. Langes Haar, das zurückgebunden war. Currie erkannte ihn nicht.
    »Ich
glaube,
das ist ihr Bruder.« Bright sah mit schmalen Augen auf den Monitor. »Es sieht auf jeden Fall sehr nach ihm aus.«
    »Aber er soll doch in Rawnsmouth wohnen.« Currie legte die Stirn in Falten. »Ich habe ja tatsächlich erst vor ein paar Tagen dort mit ihm telefoniert. John sowieso.«
    Bright nickte. »Ja. John Edward Carroll. Er hat seinen Namen nicht offiziell geändert, so wie Mary das tat. Aber andererseits wurde er sowieso immer nur ›Eddie‹ genannt.«

34
    Samstag, 3. September
    E ddie saß in seinem Wagen und sah im Rückspiegel das Auto seines Vaters näher kommen. Sein Körper fühlte sich an wie eine hohle Schale um ein Herz, das vor Hochspannung knisterte.
    Draußen prasselte der Regen und lief an den Fenstern herunter, aber er konnte genug sehen. Frank Carroll fuhr mit gleichbleibender Geschwindigkeit, seine Scheibenwischer glitten langsam hin und her. Der Wagen überholte ihn, Wasser spritzte unter den Reifen weg, dann fuhr er weiter die Campdown Road hoch. Eddie hatte absichtlich in einiger Entfernung von seinem Haus geparkt.
    Er wusste nicht, was in Marys Wohnung passiert war. Nachdem er gesehen hatte, dass sein Vater seine Sachen ins Auto packte und davonfuhr, hatte er das getan, was Mary ihm gesagt hatte. Er hatte Dave Lewis angerufen und ihm das Ultimatum mitgeteilt. Der Plan war, dass er dann sofort nach Rawnsmouth fahren und Tori Edmonds’ Leiche irgendwo unterwegs ablegen würde, wobei er selbst sich so weit wie möglich entfernen sollte. Aber das hatte er nicht tun können. Stattdessen war er zu seinem Haus zurückgekommen. Die Tatsache, dass sein Vater jetzt auch hier war, bedeutete, dass etwas schiefgegangen war.
    Eddie zwang sich, langsam und ruhig zu atmen.
    Er beobachtete seinen Vater, der hundert Meter vor ihm anhielt. Zwischen ihnen waren andere Fahrzeuge, so dass er das Auto nicht mehr richtig sehen konnte, aber er hatte eine ganz gute Sicht auf den Gehweg und seine eigene Haustür. Und einen Moment später sah er Frank Carroll dort stehen, undeutlich im Regen hierhin und dorthin spähend.
    Er zitterte.
    Sein Vater hielt nach ihm Ausschau. Und wo war Mary? Eddie klammerte sich fester ans Steuerrad – und zuckte vor Schmerz zusammen. Immer wieder vergaß er, was mit seinen Händen passiert war. Er konnte seine Finger jetzt wieder richtig krümmen, aber nur langsam und vorsichtig.
    Sein Vater ging zum Wagen zurück, verschwand aus dem Blickfeld, erschien einen Moment später wieder und zerrte ein Mädchen über den Gehweg. Sie wehrte sich nicht gegen ihn.
    Mary.
     
    Er war damals neun Jahre alt gewesen und Mary zwölf. Ihr Vater fuhr übers Wochenende weg und ließ sie allein. Bevor er ging, sagte er Eddie, er werde diese zwei Tage der Mann im Haus sein und müsse die Anweisungen seines Vaters befolgen, wenn er nicht in Schwierigkeiten geraten wolle.
    Eddie hatte genickt. Er wusste, was
Schwierigkeiten
hieß.
    Im Kühlschrank waren Lebensmittel, und er konnte so lange aufbleiben, wie er wollte, und tun, wozu er Lust hatte. Es gab nur eine Regel, an die er sich halten musste: Unter gar keinen Umständen durfte er in Marys Zimmer gehen.
    Sie hatte Ärger bekommen, und er sollte keinerlei Kontakt mit ihr haben.
    Nicht einmal, wenn das Haus brennt?,
fragte er.
    Nicht einmal dann
, sagte sein Vater.
Sie muss ihre Lektion lernen
.
    Und er hatte getan, was ihm gesagt wurde, am Anfang zumindest. Aber zwei Stunden nachdem sein Vater weggegangen

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