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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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hatte betont, dass er während der Vorbereitungen für seine Reise auf keinen Fall Kontakt mit der Presse wünsche, und ich hatte gesagt:
Ja, natürlich,
als hätten wir nicht seine Adresse und Telefonnummer schon vor einiger Zeit von Robs »Freund bei der Telefongesellschaft« bekommen.
    Es knackte in der Sprechanlage. »Was gibt es?«
    »Mr. Stanley? Ich wollte fragen, ob Sie ein paar Minuten erübrigen könnten, um mit mir zu sprechen.«
    »Wer ist da?«
    »Mein Name ist Dave Lewis. Ich gebe eine Zeitschrift heraus, den
Anonymous Skeptic
. Sie haben wahrscheinlich schon einmal von uns gehört.«
    Eine Sekunde lang nichts.
    Dann: »Wie kommen Sie zu dieser Adresse?«
    »Ihre Agentin hat sie mir gegeben.«
    »Das ist aber komisch.«
    »Ich hatte gehofft, mit Ihnen über Ihre Vorstellung im Western am Freitag sprechen zu können. Um Zitate für unseren Artikel zu bekommen.«
    Zuerst kam keine Antwort. »Wir haben uns nichts zu sagen.«
    »Es wäre in Ihrem eigenen Interesse. Wir haben ziemlich belastendes Material.«
    Wieder Schweigen. Aber Stanley war ein intelligenter Mann. Vermutlich hatte das Wort »Material« ihn aufmerksam gemacht, und ich konnte ihn mir jetzt da oben in seiner schönen Wohnung vorstellen, wie er mit ratlosem Gesichtsausdruck neben der Sprechanlage stand.
    Und wie er alles, was er gesagt und getan hatte, noch einmal durchging.
    »Es wird nicht lange dauern«, log ich.
    »Na gut.«
    Die Sprechanlage wurde abgeschaltet. Eine Sekunde danach summte die Tür wie eine angeschlagene Stimmgabel und ging dann mit einem Klicken auf. Ich trat ein.
    Der Boden im Empfangsbereich war aus glänzendem Holz, an den hellen cremefarbenen Wänden hingen Briefkästen mit Glastüren. Daneben stand ein halb leeres Gestell mit ordentlich gefalteten Zeitungen. Ich nahm einen von Gold und Spiegeln glänzenden Aufzug zum vierten Stock und kam auf einen Korridor, wo eine Reinigungskraft einen langsamen, leisen Staubsauger an den Fußleisten entlangschob. Es war wirklich traurig. Rob hätte wahrscheinlich eine überzeugendere spontane Gedankenleser-Vorstellung geben können als Thom Stanley, und wir machten oft Witze darüber, wie wir unsere Macht zu bösen Taten einsetzen könnten. Wenn man hier hereinkam, schien diese Idee gar nicht mehr so schlecht.
    Stanleys Tür war geschlossen, als ich dort ankam, also klopfte ich und trat nervös etwas zurück.
    Meine Anwesenheit hier war für mich in verschiedener Hinsicht ein Risiko. Je nachdem, was die Medien berichtet hatten, wusste Stanley vielleicht, dass ich von der Polizei gesucht wurde. Er konnte im Moment schon dabei sein, dort anzurufen.
    Die andere Gefahr war unmittelbarer, und die Angst machte mich unruhig. Nachdem er Toris Namen während der Vorstellung in diesem ganz bestimmten Zusammenhang gebraucht hatte, fing ich an, mir Sorgen um sie zu machen, denn ich hielt es für keinen Zufall. Da ich ihm auch nicht abnahm, dass er übersinnliche Fähigkeiten hatte, hieß das, dass er etwas wusste. Ich konnte ihn mir nicht als Mörder vorstellen; dass er vielleicht auf Kundenfang aus war, ja, aber es gab doch bestimmt einen Grund dafür, dass er ihren Namen gebracht hatte, und sicher hing der nicht mit irgendwelchen bescheuerten Geistern zusammen.
    Wieder war ich froh, dass ich das Messer hatte.
    Er öffnete die Tür.
    Ich war etwas bestürzt darüber, wie er aussah. Sein Haar war zerzaust, seine Haut leicht fleckig, und unter den Augen traten schwarze Ringe und die Tränensäcke hervor, als hätte er zu wenig geschlafen. Vielleicht war es nur der Schock, ihn in einem Morgenmantel zu sehen statt in seinem schicken Hemd und Jeans. Wie immer die Erklärung lautete, die Figur des großartigen Schauspielers war heute früh in der Garage geblieben. Ich hatte einen Mann vor mir, der krank aussah wie ein ganz normaler Typ mit einer Erkältung.
    »Kommen Sie herein.«
    Er wandte mir den Rücken zu, ich folgte ihm nach drinnen und steckte lässig die Hände in die Taschen, so dass ich das Messer leicht in Bereitschaft halten konnte.
    Aber Stanley ging einfach voran in die Küche.
    Die Wohnung war ganz offen gestaltet und alles war sehr ansehnlich. Hier oben kam zumindest die Sonne hin, sie schien durch eine Fensterfront, die sich über die ganze Länge der Wohnung erstreckte, und ließ jedes Möbelstück schöner erscheinen: die vornehmen Couchen, die sauberen, kurzflorigen Teppiche, das Mahagoniholz der Einrichtung. Es war, als stünde man in einem Ikea-Katalog. Mit all den Dingen,

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