Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby

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Gedanken an Tori Edmonds und was mit ihr passieren konnte oder vielleicht schon passiert war. Und er wusste auch, woran ihn dieses Gefühl erinnerte – an das Zeitfenster, in dem er die Gelegenheit gehabt hatte, seinen Sohn zu besuchen, und es nicht getan hatte. In seinem Kopf war Tori Edmonds wie Neil geworden. Jedes Hindernis auf dem Weg zu ihrer Auffindung, sei es tot oder lebendig, erinnerte ihn an sein eigenes Zögern. Jede verwirrende Neuigkeit ließ ihn noch angespannter werden.
    Als er ins Büro zurückkam, dampfte sein Kaffee noch, und er nahm ihn und trank einen Schluck. Koffein sollte einen angeblich aufmöbeln, aber er war sicher, dass das ein Mythos war. Auf ihn hatte Kaffee nie diese Wirkung, sondern schien nur einen schlechten Geschmack im Mund zu hinterlassen, auf den er sich dann konzentrieren konnte.
    Er trug ihn zu Rob Harvey hinüber. »Tut mir leid wegen all der Umstände.«
    Harvey zuckte mit den Schultern und lächelte ein wenig verlegen.
    »Ist schon in Ordnung. Natürlich mach ich mir einfach Sorgen. Er ist ja mein Freund, wissen Sie.«
    »Ja. Das verstehe ich. Aber Sie verhalten sich richtig.«
    Natürlich brauchten sie jetzt nach Swanns Nachricht über das Handy Harvey wahrscheinlich nicht mehr.
    »Wenn Sie gehen müssen, tun Sie das ruhig«, sagte Currie.
    »Im Moment ist es hier okay.«
    »Also …«
    Sein Handy klingelte schon wieder.
Mist
.
    »Ich muss das Gespräch annehmen, tut mir leid.«
    Er ging wieder auf den Korridor, um abzunehmen, denn er hoffte, dass es um Nachrichten über die Verfolgungsjagd ging. Um eine
gute Nachricht
. Aber er erkannte die Stimme am anderen Ende nicht.
    »Sam Currie?«
    »Am Apparat.«
    »Tut mir leid, dass ich Sie stören muss. Hier ist Dan Bright. Sie haben eine Nachricht hinterlassen, ich solle Sie anrufen?«
    »Ah ja«, sagte Currie. Der Polizist, der vor zwölf Jahren Frank Carrolls Fall bearbeitet hatte.
    Der Anruf in Richmond schien lange zurückzuliegen, und eigentlich konnte er das jetzt nicht brauchen. »Danke für den Rückruf.«
    »Tatsächlich hab ich mehr als das unternommen. Ich stehe im Moment in Ihrem Einsatzzentrum. Detective … Swann? Er hat mir Ihre Nummer gegeben.«
    »Gut.«
    Es trat eine kurze Pause ein, als sehe sich Bright etwas an und überprüfe zum dritten oder vierten Mal die Tatsachen, bevor er sich festlegte.
    »Ich schaue mir gerade Ihr Whiteboard hier an«, sagte er. »Und ich glaube, wir müssen wirklich reden.«

26
    Samstag, 3. September
    E ine Stunde später stand ich in Park Row in der Stadtmitte vor einer unscheinbaren, unbeschrifteten Tür. In den meisten der hohen Gebäude hier waren Banken und Büros großer Firmen untergebracht, aber ein paar waren in Wohnfläche umgewandelt worden, weil man vom aktuellen Boom für Wohnraum in der Stadtmitte profitieren wollte. Dieser schmale zehnstöckige Bau war ein angesehenes neues Projekt im Herzen der Stadt. Angebote für die billigsten Wohnungen hier hatten bei etwa einer halben Million und aufwärts gelegen.
    Thom Stanley konnte sich das leisten. In den letzten paar Jahren hatte er mit seinen Auftritten, den zwei Büchern, die er geschrieben hatte, und einer ziemlich abscheulichen Fernsehsendung ein kleines Vermögen angehäuft. Aber aus irgendeinem Grund war es ihm nicht recht, dass diese Tatsache bekannt wurde, als sei das Geld, das er verdient hatte, ein etwas schmutziges und übles Nebenprodukt einer Tätigkeit, die er in Wirklichkeit aus der Güte seines Herzens heraus ausübte.
    Ich drückte auf den unbeschrifteten Klingelknopf für Wohnung zwölf und wartete dann. Hinter mir eilten Geschäftsleute vorbei. Es war ein schöner Tag geworden. Ich schaute ans Ende der Straße und sah zwischen den Hochhäusern den blauen Streifen Himmel. Die Scheiben der Autos blitzten, als nehme das Blitzlicht einer Kamera jedes einzelne beim Vorbeifahren auf. Wo ich stand, reichte die Sonne nicht ganz bis auf Erdgeschosshöhe. Die zwei wogenden Reihen von Bussen und Autos bewegten sich im Schatten, und alles von der Straße bis zu den Schlipsträgern und der Teerdecke war eintönig grau.
    Als nach einer Minute keine Reaktion gekommen war, drückte ich wiederholt in einem Rhythmus auf den Knopf, von dem ich mir erhoffte, dass er irritierend wirkte.
    Stanley war höchstwahrscheinlich zu Hause.
    Die erste Vorstellung seiner nationalen Tournee war morgen in Albany, und eine dezente Anfrage bei seiner Presseagentin hatte ergeben, dass er erst später am Vormittag abreisen würde. Sie