Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
Vom Netzwerk:
übertragen könne. Es war erbärmlich, aber ich wollte versuchen, seine Schwäche zu nutzen.
    »Sie wissen, dass Sie bis zum Hals im Schlamassel stecken, oder?«, sagte ich.
    Er sah elend aus. »Ich habe die letzten vierundzwanzig Stunden damit zugebracht, dass ich wünschte, ich könnte es zurücknehmen. So tun, als sei es nie geschehen.«
    »Ja, aber so laufen die Dinge im Leben nicht, Thom.«
    Ich starrte ihn an, bis er wegsah. Er stand vor dem Fenster, und hinter ihm war es unangenehm hell, aber er wandte trotzdem zuerst den Blick ab.
    Ich sagte: »Ich werde jetzt von hier aus telefonieren.«

27
    Samstag, 3. September
    W
    a
s ist mit deinen Händen passiert?
    In den lichteren Momenten wusste Tori, dass sie in einem qualvoll beengten Raum auf der linken Seite lag. Der Platz war so knapp, dass ihre Beine angezogen und die Knie an die Brust gedrückt waren, und trotzdem berührten ihr Kopf und die Füße die Wände. Alles war taub. Etwas war über ihren Mund gebunden.
    Wo war sie? Was …
    Was ist mit deinen Händen passiert?
    Sie wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte, aber es machte ihr Angst. Was war bloß mit ihren Händen passiert? Sie schienen hinter ihrem Rücken eingeklemmt, und sie konnte sie nicht voneinander lösen. Und wenn sie die Finger bewegte, streiften sie etwas Hartes, das mit rauhem Stoff bedeckt war. Beides fühlte sich nicht gut an, aber es erklärte nicht, warum sie diesen Schrecken empfand, als die Frage in ihrem Bewusstsein auftauchte.
    Wo war sie?
    Sie wusste es, aber sie konnte sich nicht erinnern. Die Luft hier war stickig und schrecklich warm. Eine Reihe kleiner Öffnungen wie Brandlöcher von Zigaretten ließ Tageslicht herein, aber sie konnte den Kopf nicht bewegen, um sich ihnen zu nähern. Sie kam nur so nah heran, dass ein Hauch frischer Luft ihre Nase streifte und vorbeizog.
    Sie würde hier drin sterben.
    Tori begann zu weinen, und sofort wurde ihr Körper lebendig – wie eine Alarmanlage, die auf eine eingeschlagene Fensterscheibe reagiert. Jede Nervenfaser rebellierte vor Schmerz. Muskeln verkrampften sich, wurden unbeweglich, zuckten oder peinigten sie mit qualvollem Zwicken. Im Bauch brannte es. Sie hörte sich selbst, wie sie zu rufen versuchte, aber ihre Zunge war so geschwollen und trocken, dass sie am Gaumen festklebte, und sie musste würgen und konnte nicht schlucken, weil in ihrer Kehle Sand und Eisenspäne saßen.
    Atmen …
    Langsam und flach.
    Dann begann alles zu rütteln und ruckeln. Sie hörte einen dumpfen Laut und ein Dröhnen, dann ein tickendes, rollendes Geräusch. Benzindämpfe kamen durch die Luftlöcher herein und bildeten seidige, lila Bänder in der Dunkelheit. Sie konnte sie dort sehen. Nein … riechen.
    Der Kofferraum eines Autos. Jetzt erinnerte sie sich.
    Es gab ein schrilles, pfeifendes Geräusch, dann rutschte sie nach hinten, und der Schmerz wurde noch schlimmer.
    Sie befand sich in einem Auto, und es kam ihr vor, als sei sie schon ewig da. Unzählige schwarze Stunden lagen hinter ihr. Welcher Wochentag war heute? Nicht mehr Donnerstag. Das war das Letzte, an das sie sich erinnern konnte …
    Das Fahrzeug schaukelte heftig, als es über eine Rüttelschwelle fuhr, und während Tori das Bewusstsein verlor, blitzte diese Erkenntnis kurz in ihr auf.
     
    Der Verkehr war so dicht.
    Ihr kleiner Wagen schlich die Umgehungsstraße entlang, und die Fahrzeuge um sie herum machten sie defensiv, sogar etwas nervös. Alle waren so ungeduldig. Weiter vorn plärrten Hupen, gefolgt von antwortendem Tuten. Autos drängten sich von der Seite herein. Die Leute drängelten und schoben sich dazwischen, stießen Rufe aus und hoben die Fäuste. Wichtig, wichtig. Jetzt, sofort, jetzt.
    Sie schaltete das Radio an, legte eine Kassette ein und hörte, wie sie mit einem beruhigend kräftigen Geräusch einrastete. In nächster Zeit würde sie endlich auf einen CD -Player umsteigen müssen. Man konnte ja Kassetten nicht einmal mehr kaufen, oder? Aber sie hatte es immer aufgeschoben. Sie mochte ihre alten Kassetten mit den Sammlungen von Titeln trotz der Mängel des Mediums oder vielleicht gerade deshalb. Das Rauschen des Bandes war so beruhigend wie die Songs selbst. Die vertraute, verblasste blaue Beschriftung unter dem Deckel erinnerte sie an die Vergangenheit, die sie mit der Musik teilte. Sie mochte sogar das sorgfältige Reparieren, ein Stift wurde durch die Spule gesteckt, wenn das Band nicht mehr durchlief, so spulte man es in das Gehäuse zurück.

Weitere Kostenlose Bücher