Toten-Welt (German Edition)
Panzer ein Stück zur Seite. Es fühlte sich an wie ziellos über Eis driften ohne die Möglichkeit zu steuern oder zu bremsen.
„Halten Sie einfach die Klappe, okay.“
„Was können wir hier draußen eigentlich ausrichten?“
„Befehle abwarten.“
„Von denen da drin? Für mich sind die im Arsch. Aber wir hätten noch genug Sprit bis in die Stadt runter. Wenn alle Monster hier oben sind, ist unten vielleicht freie Bahn. Wir schnappen uns ein Auto...“
„Und Ihre Kameraden? Wir sind vielleicht deren letzte Chance.“
„Inwiefern? Etwa als Taxi? Da muss es erst mal jemand schaffen, zu uns umzusteigen.“
„Der Oberst findet schon einen Weg.“
„Der Oberst von Köpenick? Wegen dem sind wir doch hier oben!“
„Noch ein Wort, Soldat, und ich mache Meldung. Und dann können Sie nur hoffen, dass nicht inzwischen das Kriegsrecht ausgerufen wurde.“
„Die können gern zu uns rauskommen und es vollstrecken. Wir...“
Der Panzer drehte sich um die eigene Achse und geriet ins Kippeln.
„Der Steinbruch...!“, brüllte Brehm und stieß sich den Kopf bei einer heftigen Angstbewegung.
„Unfug! Das ist höchstens der Burggraben.“
Hitzab startete den Motor, setzte das Headset auf und schaltete es ein. Noch ehe er selbst etwas sagen konnte, meldete sich krächzend eine Stimme.
„Panzerbesatzung sofort kommen, Standby beenden, Alarm!“
„Hier Panzerbesatzung, wir sind auf Empfang.“
„Wir beginnen mit sofortigen Evakuierungsmaßnahmen. Verlegen Sie Ihren Standort zum Steinbruch unterhalb des Burgberges, ich wiederhole...“
„Wir haben verstanden. Was ist denn bei euch los, verdammt noch mal?“
„Wir werden angegriffen.“
„Das wissen wir doch schon. Sind die ersten eingedrungen?“
„Negativ. Nicht eingedrungen. Wir haben sie längst hier drin.“
„Aber...“
„Bleiben Sie auf Empfang. Kurzfristige Anweisungen folgen.“
Der Kontakt brach ab.
„Na, das kam ja wie gerufen“, freute sich Brehm und nahm Fahrposition ein.
„Da stimmt doch was nicht. Was zum Teufel sollen wir unten in der Stadt?“
„Besser als hier oben.“
„Fragt sich für wen.“
„Also fahren wir jetzt oder was!“
Kommandant Hitzab schüttelte den Kopf, aber machte sich mit entschlossenen Handgriffen fahrbereit.
„Erst mal probieren wir was anderes.“
„Zeit, Ihre neuen Fähigkeiten zu testen, meine Liebe.“
Wicca deutete auf eine Fensternische mit zwei Steinbänkchen. Draußen dämmerte es, und man übersah von hier oben einen Teil der Vorburg und das Gewimmel draußen am Graben zwischen Ravelin und Zufahrt.
Das Gewitter hatte sich verzogen, ein strahlender Sonnentag kündigte sich an, aber aus dem blauen Himmel strahlte ein Sprühregen übers Land und tauchte die Szenerie am Fenster in ein geisterhaftes Licht. Man hörte das zehntausendfache Stöhnen der Zombies, aber auch gestreute Aktivitäten ringsum in allen Teilen der Burg. Befehle wurden gebrüllt. Hämmern und Pochen war zu hören. Vereinzelte erste Schüsse peitschten. Manchmal gellte ein Todesschrei und brach abrupt ab.
Wicca und Irene Bomhan nahmen einander gegenüber Platz und sahen sich an. Wicca ergriff die Hände ihres Geschöpfs.
„Wissen Sie, meine Liebe, ich schnappe zwar so dies und das auf, Neuminingens beständiges Gezeter zum Beispiel, aber hellseherische Fähigkeiten habe ich leider nicht. Auch keine Zauberkräfte. Ich kann nicht durch Wände gehen oder Angreifer niederkämpfen. Ich bin, was ich bin, unfähig zu sterben, sonst nichts. Mein Mittel stammt in seiner Urform ja nicht von mir, aber ich habe es in allerlei Varianten verfeinert und dabei so manche unverhoffte Eigenschaft bei den Empfängerinnen und Empfängern wecken können. Bei mir selbst bewirken diese Beigaben gar nichts, ich habe es versucht. Aber was Sie betrifft, da konnte ich doch ein wenig hexen. Schließen Sie bitte die Augen.“
Irene Bomhan brauchte keine weiteren Anweisungen. Wie von selbst stellte sich in ihrer Fantasie das Wunder ein. Ihr Geist ging seiner Wege uns sah sich um. Sie konnte Wände durchschreiten und sich durch Decken sinken lassen, konnte verweilen an Orten und zwischen Akteuren, die sie faszinierten, konnte jederzeit weiterziehen, einen neuen Schauplatz ausspionieren und trotzdem den von zuvor weiter im Blick behalten.
Da ihr Menschenleben zuletzt aus dem bestanden hatte, was sich per Fernbedienung bewirken ließ, erlebte sie es in vergleichbarer Art: wie zappen und grasen, wie Bildschirmfenster öffnen und alles
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