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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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zugleich sehen – wie vor einem riesigen Puppenhaus sitzen und alle Zimmer auf einen Blick überschauen, darin die Menschen wie lebendige Marionetten beobachten und belauschen, die ihr jeweiliges Drama durchlebten wie auf dem Präsentierteller, ohne sich dessen gewahr zu sein.
    Ergriffen seufzte Irene Bomhan, als sie einer Szenerie beiwohnte mit einer Hauptakteurin, die sie kannte, in einem Liebesdrama, das einer ihrer Lieblingssoaps entsprungen sein könnte.
    Frieda Berger gab sich einem der Soldaten hin. Sie war im Begriff ihn zu verführen in einer Weise, dass er sich für den Eroberer einer spröden Schönheit halten konnte. Er verfiel ihr in Sekunden, ahnte die Gefahr, aber suchte sie als Nervenkitzel. Der Liebesakt dauerte so lang er eben dauerte, aber Irene Bomhan konnte anhalten oder vorspulen, in Zeitlupe genießen und überspringen, ganz wonach ihr war.
    Der Höhepunkt war abzusehen, denn Frieda Berger war eben doch kein neuer Mensch, sondern nur eine vermodernde und blutgierige Leiche mit neuem Anstrich. Ihre Schönheit war so täuschend echt, dass sie selbst darauf reinfiel, aber so flüchtig und durchschaubar, dass der junge Soldat in seinem schwächsten Moment hinter den Vorhang blickte, der Illusion beraubt wurde, aufschrie und schon seinen Todesbiss empfing, ehe er sich retten konnte.
    Irene Bomhan musste nicht vorspulen, um zu wissen, dass bald er sich erheben und Frieda folgen und die Burg zur Todesfalle für ihre letzten menschlichen Bewohner machen würde. Noch waren sie in der Überzahl, aber das Verhältnis würde bald kippen. Der Tod sah dem Frühstück der sterbenden Spezies zu und hatte ihr Abendmahl bereits abgesagt.
    Wicca riss Irene Bomhan mit einem kräftigen beidseitigen Händedruck aus ihrer visuellen und hellseherischen Orgie.
    „Genug gespannt, meine Liebe, Sie können sich später noch fallen lassen und dem Leben der anderen hingeben. Aber erst bin ich noch mal dran. Ich suche einen Kerl. Keinen Menschen, keinen Zombie. Einen Unsterblichen. So was, wie ich es bin. Suchen Sie nach einem Scheißkerl namens Hermann Klangfärber. Und dann führen Sie mich zu ihm.“
     
    Amelie lag auf dem eiskalten Steinboden ihres zwei Quadratmeter großen Verlieses und kam langsam wieder zu sich. Die Feuchtigkeit war es, die ihre Lebensgeister weckte, während die Dunkelheit und die Schmerzen sie an der Ohnmacht festhalten lassen wollten.
    Erst als die Erinnerungen an Flucht und Überwältigung und ein gebrochenes Bein ihr nicht mehr wie Träume vorkamen, sondern wie erlebt und durchlitten, ließ sie sich auf die Wachheit ein, fing an, sich vorsichtig zu bewegen und schließlich aufzuhocken.
    Ihr rechter Unterschenkel fühlte sich geschwollen an bis nahe am Platzen, tobte wie in den Schraubstock gespannt und taugte zu nichts mehr. Es grauste sie, als sie den offenen Bruch ertastete.
    Sie ließ ab von ihrem Bein, fasste blind um sich und fand nichts als Steine und Nässe und ringsum steile Wände. Das waren keine Mauern, sondern gewachsener Fels.
    Sie erinnerte sich, in ein Loch im Boden einer Zelle im Keller der Burg gezwungen worden zu sein. Sie hatte sich an den Rand geklammert. Jemand war ihr auf die Finger getreten. Sie hatte losgelassen. Dann fiel sie in die Schwärze und prallte auf, mit dem rechten Bein zuerst. Es knackte wie berstendes Holz. Das war die letzte Erinnerung.
    „Hallo?“
    Es klang ganz dumpf. Kein Echo. Überhaupt nichts. Wo um alles in der Welt war sie hier?
    Als die sie geschnappt hatten, war sie außer sich vor Panik gewesen, mehr noch als bei ihrer ersten Gefangennahme vor ihrer Flucht. Den Weg durch enge, finstere Gänge erinnerte sie kaum noch. Zig steile Treppen war es hinunter gegangen, immer tiefer hinunter.
    Dabei war Kellermeister ihr bei den Besprechungen als einer der Vernünftigeren vorgekommen. Und nun das! Was war nur passiert?
    Es lag an ihr selbst. Sie hatte sich wie eine Furie widersetzt, als ihre Häscher sie in einer Ecke gestellt und gefangen genommen hatten. Sie hatte um sich gebissen. Mit Schrecken erinnerte sie sich an ihre eigene Raserei. Sie konnte noch froh sein, das die sie nicht für einen Zombie gehalten und an Ort und Stelle abgeknallt oder geköpft hatten.
    Als Amelie den Grund für ihren Ausraster wieder an sich heranließ, hörte sie auf, die glatten Felswände nach Aufstiegen zu untersuchen, lehnte sich mit dem Rücken dagegen, streckte die Beine aus und beugte sich weit vor zu ihrem rechten Knöchel. Mit einem Ruck versuchte sie, den Bruch

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