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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Er konzentrierte seine gesamte Aufmerksamkeit, all seine nekromantischen Kräfte, auf Jasons Leichnam, und zu guter Letzt gelang es ihm, in den Geist seines Opfers einzudringen. Er hatte mitbekommen, was Jason sich so angsterfüllt fragte. Da er nun wusste, dass der Tote ihn hörte, wiederholte er noch einmal laut, was diesen bewegte: »Was mir sonst noch möglich ist? Willst du das wirklich wissen? Nun, vielleicht ist es an der Zeit, dass ich es dir zeige!«
    Damit nahm er die Hand von Jasons Stirn, griff mit Daumen und Zeigefinger nach einem zu Pergament vertrockneten Augenlid und riss es ab. Es bereitete ihm nicht mehr Mühe, als einer Motte die Flügel auszureißen. Sicher, es war furchtbar, eine Leiche zu schänden! Aber es kostete ihn keine besondere Anstrengung. Ja, bei einem Lebenden wäre es etwas anderes gewesen. Der hätte es mit Sicherheit gespürt, und es wäre auch nicht so leicht gegangen. Doch bei einem Toten ... Die Toten spüren ja nichts mehr!
    Jason erkannte seinen Irrtum; denn Nestor war tatsächlich ein Nekromant, und dessen Opfer spürten alles, was dieser mit ihnen anstellte. Jason spürte, wie das Blut aus der Wunde schoss und ihm übers Gesicht lief, fühlte einen unerträglichen Schmerz – an einer Stelle, von der er noch nicht einmal gewusst hatte, dass sie überhaupt noch existierte! Jason spürte alles und er schrie seine Qual hinaus!
    »Ah!«, seufzte Nestor. »Du kannst also doch sprechen. Ich habe schon beinahe geglaubt, du seist stumm! Aber nein, du bist nur ein bisschen schwer von Begriff!«
    Jasons Schreie verklangen allmählich. Sie gingen in ein entsetztes Schluchzen über und hörten schließlich ganz auf. Er wirkte wie jemand, der, obwohl er ganz genau wusste, dass sein Widersacher ihn sah und jede seiner Regungen mitbekam, den Atem anhielt, um sich im Dunkeln zu verbergen. Gleichwohl war er noch immer nicht bereit, etwas zu sagen, und unter all dem Schmerz spürte Nestor auch den Trotz in ihm.
    »Soll ich dir noch einmal wehtun?«
    Nein!, stieß Jason voller Panik hervor. Du hast recht! Ich bin jener Jason, den du in Siedeldorf gekannt hast. Sie haben mich gleich bei ihrem ersten Überfall gefangen genommen, und dich ebenfalls, wie mir scheint. Aber im Gegensatz zu mir hast du dich ihnen offensichtlich unterworfen. Nun, du hast ja schon als Kind immer gerne Wamphyri gespielt. Manche könnten dich sogar für den Glücklicheren von uns beiden halten. Ich bin da allerdings anderer Meinung! Selbst der erbärmlichste Tod ist immer noch besser, als untot und ein Vampir zu sein! Für mich gibt es keine Hölle ... bis auf die, welche ihr Vampire euch geschaffen habt!
    »Das hast du schön gesagt!«, nickte Nestor. »Du konntest schon immer gut mit Worten umgehen, auch wenn sie mitunter etwas unbedacht sind und manchmal sogar die reine Zeitverschwendung. Und was die Hölle angeht: Glaub mir, Jason, für jeden Menschen gibt es ein ganz persönliches Fegefeuer! Habe ich dir das nicht soeben bewiesen? Aber lassen wir das! Es wäre mir lieber, du würdest mir einfach meine Fragen beantworten, statt so unnachgiebig und hasserfüllt daherzufaseln. Meinst du nicht auch? Falls nicht, gibt es immer noch genügend Teile, auf die du verzichten kannst.« Behutsam zog er an dem vertrockneten Gewebe, das einst Jasons linkes Ohr gewesen war.
    Nicht!, flehte Jason erneut. Frag, was immer du willst, und wenn ich die Antwort weiß, werde ich es dir sagen!
    »Alles?«
    Alles, was ich weiß! Doch Nestor war nicht ganz überzeugt. Ihm war, als höre er aus Jasons Worten noch immer eine gewisse Widerspenstigkeit heraus. Er zuckte die Achseln. Man würde sehen.
    »Du kennst mich also aus Siedeldorf? Wohlan, erzähle mir alles über mich!«
    Wie bitte? Jason wirkte verwirrt. Du willst, dass ich dir etwas verrate, was du bereits weißt?
    »Mitnichten! Nur das, was ich vergessen habe! Weißt du, ich habe mein Gedächtnis verloren und kann mich an so gut wie nichts mehr erinnern außer an ein paar Bruchstücke – wie ich verwundet wurde und beinahe ertrunken wäre, dass ich in einer Hütte im Wald lebte und schließlich Wamphyri wurde. Aber weder von meiner Kindheit noch von meiner Jugend weiß ich etwas. Nichts, nicht das Geringste! Du musst mir jetzt das Gedächtnis ersetzen. Doch zuvor sag mir eines: Als ich dich angesprochen habe, wusstest du sofort, wer ich bin, ohne dass ich es dir gesagt hätte. Wie kommt das?«
    Nun, es gab nur eine einzige Möglichkeit, wer du sein konntest, erwiderte Jason. Niemand

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