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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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dem mitzubekommen, was zwischen Nestor und dem Leichnam geschah. Doch Nestor unterhielt sich, unhörbar für die Lebenden, mit einem Toten!
    Jason Lidesci, du magst bis zur Unkenntlichkeit entstellt sein, und ich erinnere mich nicht mehr an dich, so wie ich mich an nichts aus meiner Vergangenheit bei den Szgany erinnere – dennoch weiß ich, wer du bist. Und ich weiß auch, dass wir uns früher einmal gekannt haben. Es wäre schön, wenn es wieder so sein könnte.
    Jason erwiderte nichts. Doch Nestor spürte, wie krampfhaft er darum bemüht war, zu schweigen.
    Ah! Das wird nicht funktionieren! Ich weiß, wie stark du bist. Und wie starrsinnig! Gorvi hat mir erzählt, dass du dich lieber von Gorvisumpf herabgestürzt hast, als ihm etwas zu verraten. Du glaubtest, du könntest nur einmal sterben! Nun, damals mochte dem durchaus so sein! Aber ich kann dafür sorgen, dass du tausend Tode stirbst, wieder und wieder, so oft du willst. Oder vielmehr, so oft es mir gefällt ...
    Nestor verstummte. Er schwieg, so lange, bis seine Worte zu einer ungeheuren Drohung angewachsen waren. Doch die einzige Reaktion, die er spürte, war, dass sein Gegenüber sich umso mehr wappnete. Nestor konnte kaum glauben, dass ein Toter so viel Kraft aufzubringen vermochte. Nun ja, für den Augenblick! Doch wie lange würde Jason dies durchhalten?
    Im Grunde spürte Nestor weniger Jasons Stärke als dessen Entschlossenheit, ihm keinen Glauben zu schenken. Jason erging es nicht anders als den meisten anderen der zahllosen Toten, die an Nestors Talent zweifelten, sobald der Vampirfürst sie zum ersten Mal ansprach. Immerhin hatte Jason, seit er sich von der nebelfeuchten Außenmauer der Stätte Gorvis herabgestürzt hatte, weder etwas gesehen noch gehört oder gefühlt, noch nicht einmal die Steine und Steinchen, die sich in seinen zerschmetterten Schädel und die gebrochenen Glieder bohrten, als er unten aufschlug. Er hatte nicht mitbekommen, wie der Wind um das Sims, auf dem er lag, toste, und winzige Fledermäuse ihn umschwirrten, um seinen vertrockneten Körper zu inspizieren und danach zwitschernd in die Düsternis zu entschwinden. Jason kannte nichts als die ewige Dunkelheit und Einsamkeit des Grabes, und das Einzige, was er spürte, war die bittere Enttäuschung darüber, tot zu sein, während Nestor, Gorvi und die übrigen Wamphyri weiterlebten, um sein Volk zu tyrannisieren.
    Warum sollte er nun also annehmen, Nestor Leichenscheu sei in der Lage, ihn zu berühren und ihm Schmerz zuzufügen? Was war Schmerz denn schon? Nichts als ein Aufschrei gequälter Nerven und Sehnen oder das Brodeln des Fiebers in einem kranken Körper! Wie sollten Nerven, Muskeln und Venen, die Wind und Wetter zu ledrigem Knorpel gegerbt hatten, so etwas wie Schmerz fühlen? Und wie sollten Körperflüssigkeiten, die seit Langem vertrocknet oder verdunstet waren, je wieder zu brodeln beginnen?
    Andererseits war Jason als Vampir gestorben. Doch da die Toten wussten, wie es so weit gekommen war und weshalb er sich das Leben genommen hatte, hatten sie begonnen, ihn zu akzeptieren. Seine Sinne mochten zwar mit ihm gestorben sein, aber wenigstens vermochte er die Angehörigen der Großen Mehrheit zu hören, wenn sie zu ihm sprachen. Jedoch niemanden sonst. Bisher zumindest! Und sie hatten ihm einiges erzählt. Oh, ihm war durchaus bekannt, dass die zahllosen Toten an Nestors Fähigkeiten glaubten. Hin und wieder hörte er sie in ihren Gräbern heimlich miteinander flüstern, voller Angst, dieses Ungeheuer könne eines Tages auch sie heimsuchen. Es gab sogar einige, die Stein und Bein schworen, er habe sie bereits gefoltert. Doch solchen Äußerungen konnte Jason nur schwer Glauben schenken.
    Nur ... warum vermochte er dann zu hören, was Nestor sagte, und zwar genauso deutlich, als spreche jemand aus der Großen Mehrheit ihn an? Es war eine Sache, wenn die Toten untereinander kommunizierten. Aber die Lebenden mit den Toten!? Aus diesem Grund fürchtete er Nestor, und beim Klang seiner Stimme empfand er nichts als Unbehagen. Denn der Vampirlord war mitnichten tot, sondern im Gegenteil äußerst lebendig! Er trug einen Egel in sich und war Wamphyri. Darüber hinaus verfügte er aber auch über die Gabe, mit den Toten zu reden. Wenn er diese Fähigkeit besaß ... was war ihm dann noch möglich? Es war die Furcht davor, die Jason zittern ließ.
    Er bemühte sich, diese Gedanken für sich zu behalten. Doch schließlich verzog Nestor die Lippen zu einem grässlichen Grinsen.

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