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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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musste.
    Oh ja, schluchzte er. Es ist wahr. Solange ihr Kinder wart, bist du stets für ihn eingetreten, später dagegen wolltest du nicht einmal mehr zugeben, dass er dein Bruder ist! Jetzt weißt du, warum ich nicht zu glauben vermochte, dass du ihn vergessen hast. Das Gesicht, das ich dir gezeigt habe, gehört Nathan Kiklu, einem weit besseren Mann als dir, Nestor, auch wenn ihr Zwillinge seid!
    Nestor sprang auf und wich wie ein von seinem Jäger aufgescheuchtes Tier vor der Wahrheit zurück. Er, dessen Fähigkeit doch darin bestand, sich unsägliche Foltern zu ersinnen, litt nun Höllenqualen. Sein ärgster Feind war ausgerechnet sein Bruder!? Nathan und Nestor Kiklu glichen einander zwar nicht wie ein Ei dem anderen, dennoch waren sie zur selben Zeit von ein- und derselben Mutter geboren worden! Sie hatten ihre Kindheit gemeinsam bei den Szgany verbracht – Nestor, Misha, Nathan und Jason. Als Kinder hatten sie miteinander gespielt, miteinander gelacht und geweint. Und in der Tat hatte Nestors Lieblingsbeschäftigung in jenen Kindertagen darin bestanden, so zu tun, als sei er ein Vampirlord, lange bevor er Lord Nestor von den Wamphyri wurde!
    Für den Bruchteil einer Sekunde flackerte in Nestor die Erinnerung an seine Vergangenheit auf – gerade so lange, bis der Vampir in ihm die Gefahr erkannte und sich daranmachte, diesen Fehler zu beheben. Er trennte die metamorphen Nervenzellen, zwischen denen die Erinnerungsreize weitergeleitet wurden, voneinander, und bewahrte Nestor so vor den menschlichen Regungen, die plötzlich von ihm Besitz ergreifen wollten.
    Noch immer bekam Jason Lidesci alles mit. Einen kurzen Moment lang habe ich dich wiedergesehen, Nestor, so wie du einst warst. Ah, doch nun bist du Wamphyri geworden, und das, was dich ausgemacht hat, existiert nicht mehr! Oder falls doch, dann nur noch als Sklave der Bestie, die in dir wohnt!
    Mit bebendem Finger deutete Nestor auf den Leichnam. »Tu das weg! Tu damit, was du willst, aber vernichte es!«
    »Was?«, fragte Gorvi erstaunt. Bisher hatte er geduldig geschwiegen und das Ende der Vorstellung, die Nestor ihm bot, abgewartet. Der Nekromant redete und die Leiche gab keinen Mucks von sich. Das war alles! Oh, eine gewisse Aura hatte er schon gespürt, irgendetwas lag in der Luft, gewiss, aber nichts Greifbares. Und nun dies! Der sogenannte Nekromant zitterte wie Espenlaub und hatte offensichtlich Angst vor dem Toten. »Aber er hat dir doch noch gar nichts gesagt!«
    »Er hat genug gesagt!«, erwiderte Nestor schroff. »Vielleicht zu viel! Er hat alte Wunden, die ich längst vergessen glaubte, wieder aufgerissen. Mir wurde einst großes Unrecht zugefügt, und nun kehrt es zurück, um mich zu quälen. Es gibt Dinge, an die man besser nicht rührt ...«
    »Und was ist mit den Szgany Lidesci?«, wollte Gorvi wissen. Er war wütend, sein Gesicht mit einem Mal verzerrt, voller Misstrauen. »Wir haben eine Abmachung! Oder hast du es dir anders überlegt? Vielleicht hast du ja erfahren, was du wissen wolltest, und ziehst es nun vor, die Früchte allein zu ernten!«
    »Du Narr!«, fuhr Nestor ihn an. »Die Szgany Lidesci? Siedeldorf? Jedes Mal, wenn ich auf der Sonnseite jage, lande ich auf den Felsen hinter der Stadt, um auf die Befestigungsanlagen hinabzublicken. Dann steigt die Erinnerung in mir auf, wenn auch nur flüchtig! Ich kenne den Ort! Ihn angreifen? Auf die Szgany Lidesci losgehen? Niemals! Zumindest noch nicht! Nicht, bevor er zurückkommt!«
    »Wer denn?« Gorvi hatte nicht die geringste Ahnung, von wem Nestor sprach.
    »Mein alter Widersacher, mein ... Erzfeind! Er ... hat mir etwas ... weggenommen.« Nestor zögerte einen Moment, runzelte die Stirn. Der Kopf tat ihm weh. Er strich sich mit der Hand über die Schläfe, ehe er fortfuhr: »Ich nehme an ... ich glaube, er hat mir die Frau weggenommen, ein Zigeunermädchen. Sie war aus Siedeldorf. Danach floh er. Falls sie noch dort lebt, bei den Szgany Lidesci, wird er eines Tages zurückkehren. Davon bin ich überzeugt! Sie hat dieselbe Wirkung auf ihn wie der Mond auf Canker Canisohn. Doch sollte sie bei einem unserer missglückten Überfälle ums Leben kommen, gäbe es für ihn keinen Grund mehr wiederzukehren. Für mich wäre er dann für immer verloren – und mit ihm meine Rache!«
    »Eine Frau?« So langsam wurde es Gorvi zu bunt. Es lief alles anders als geplant und das gefiel ihm ganz und gar nicht. »Sag bloß, du verzehrst dich nach einer Szgany-Schlampe? Ist das alles? Irgendeine alte

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