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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Aufruhr mathematischer Eruptionen, das unendlich traurige Gesicht eines blonden, blauäugigen Riesen. Vielleicht war er traurig ob der dahingeschlachteten Armee der zahllosen Toten, die sich für ihn geopfert hatten. Doch das war es nicht allein.
    Nestor war, als blicke er durch die klagenden Augen hindurch seinem Feind direkt in die Seele. Und zu seinem namenlosen Erstaunen war ihm mit einem Mal klar, dass dieser Riese, sein Erzrivale und ärgster Widersacher, ein tiefes Mitgefühl für ihn empfand, für ihn, Nestor Leichenscheu, seinen Bruder!
    Eine Hand senkte sich auf seine Schulter und schlagartig war er wach.
    Es war Sonnauf.
    Zahar stand vor ihm und wich zurück, als Nestor kerzengerade aus seinem zerwühlten Bett hochfuhr. Dem Herrn der Saugspitze stand der kalte Schweiß auf der Stirn und er rang um Atem, während er sich von seinem Traum befreite.
    »Was ist los?«, fragte er, nachdem er seine Fassung wiedergewonnen und sich vergewissert hatte, dass er sich in einer vertrauten Umgebung befand.
    »Es handelt sich um Glina, mein Lord.« Selbst für einen Vampir wirkte Zahars Gesicht bleich.
    »Was ist mit ihr?«
    »Ich habe ihr deine Anweisungen überbracht und ihr mitgeteilt, was du mit ihr und dem Kind vorhast. Darauf fing sie an, ihre Unterkunft zu putzen, und bat mich, in einer Stunde wiederzukommen. Doch als ich zurückkehrte, war sie nicht mehr da. Sie nicht und das Kind auch nicht.«
    »Ist sie etwa geflohen? Nur wie?«
    Nestor stand auf und kleidete sich an.
    Zahar schüttelte den Kopf, traurig, wie Nestor dachte. »Nein, geflohen ist sie nicht. Sie hatte sich nur versteckt, um auf den Sonnauf zu warten.«
    »Das musst du mir näher erklären!«
    »Ich habe sie in der gesamten Stätte gesucht, konnte sie aber nirgends finden. Hinauf in die Wrathspitze konnte sie nicht, hinunter in die Räudenstatt ebenso wenig. Also musste sie noch hier sein. Aber die Saugspitze ist groß, wie du weißt, und Glina kennt jeden Winkel und jede Nische. Außerdem ... schulden ihr ziemlich viele deiner Leute einen Gefallen, mein Lord. Vielleicht hat irgendjemand sie bei sich versteckt, bloß für ein paar Stunden. Ich sage es nur ungern, aber das ist die einzige Möglichkeit, die ... die ...« Er verstummte, ohne seine Anschuldigung zu Ende zu führen.
    »Sprich weiter«, befahl Nestor. »Ich weiß, was du sagen willst – dass Glina Freunde hat. Das ist zwar nicht einfach unter Vampiren, aber durchaus im Rahmen des Möglichen. Selbst ich habe zumindest einen Freund.«
    »Zwei, mein Lord«, ergänzte Zahar eifrig nickend, »wenn du mich auch dazu zählen möchtet.« Rasch fuhr er fort: »Ich wusste, dass sie sich irgendwann zeigen musste. Irgendwann musste sie aus ihrem Versteck kommen, wenigstens um zu essen oder das Kind zu füttern. Nun, sie ist herausgekommen, allerdings erst, als die Sonne am Himmel stand.«
    »Wo befindet sie sich jetzt?«
    »Sie ist auf einer Außentreppe die Südwand der Wrathspitze emporgestiegen.«
    »Und das Kind?«
    »Hat sie mitgenommen!«
    Selbstmord! Etwas anderes konnte sie nicht im Sinn haben. Mit dem Kind! Sie zog es vor, ihm einen schnellen und schmerzlosen Tod zu bereiten und ihm damit ein Schicksal in den Vorratskammern zu ersparen. Nestor war überzeugt davon, dass sie dies dachte.
    »Bring mich irgendwohin, wo ich sie sehen und mit ihr sprechen kann!«
    »Sehr wohl, mein Lord! Aber ... du hast sehr lange geschlafen. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel. Ich fürchte, wir kommen zu spät!«
    Sie gingen dennoch. Unterwegs fragte Zahar neugierig: »Was möchtest du ihr sagen, mein Lord? Wirst du versuchen, sie dazu zu überreden, herunterzukommen?«
    Nestor warf ihm aus blutrot glühenden Augen einen kurzen Blick zu. »Nein«, erwiderte er. »Soll sie dort bleiben und darauf warten, dass die Sonne ihr Werk verrichtet. Ich habe Glina nur eins zu sagen, und zwar ›Lebewohl‹!«
    Den Rest des Weges zu Wrathas Landebuchten legten sie schweigend zurück ...
    Wratha war mit einigen ihrer Leutnants vor Ort. Ein paar der Männer machten Anstalten, Glina hinterherzuklettern, doch die Lady hielt sie zurück. »Nein, warten wir ab, was dieses dumme Weibsstück noch tun wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich freiwillig dem Flammentod ausliefert – nicht wegen eines Mannes!« Dabei bedachte sie Nestor mit einem Seitenblick.
    Lächelnd trat sie auf ihn zu, doch in seinem Geist erklang das giftige Zischen einer Schlange: Warum bist du nicht gekommen?
    Wratha wirkte irgendwie

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