Totenbeschwörung
führte Nestor den Satz für ihn zu Ende. Im nächsten Augenblick fügte er hinzu: »Sieh nur, sie zieht sich zurück!«
Er hatte recht. Wrathas Stolz hatte zwar einen Kratzer abbekommen, aber sie wusste, wann es an der Zeit war, das Feld zu räumen. Inmitten eines wahren Hagels flammender Feuerbälle erhoben sich ihre Flugkreaturen in den Himmel, während sich am Boden ein bereits brennender Krieger abmühte, seine Schwingen auszubreiten. Schließlich schaffte er es mehr schlecht als recht, abzuheben, und der Zugwind löschte die Flammen, die ihn umhüllten. Während er in bedenklicher Schräglage der Sternseite zustrebte, explodierte jedoch eine Gasblase, und das war sein Ende. Der andere Krieger hatte weniger Glück. Er war zu einer dampfenden, bebenden, übel riechenden Masse verbrannt, aus der hin und wieder noch Flammen schlugen.
Aus den umliegenden Wäldern und Hügeln erhoben sich überstürzt weitere Flieger in die Luft, um in gewagten Manövern den Bolzen riesiger Armbrüste und den Raketen der triumphierenden Szgany auszuweichen. Die Niederlage war komplett!
»So viel zum Thema, Lardis Lidesci anzugreifen«, knurrte Canker.
Nestor nickte nur. Bei sich dachte er: Mit einer großen Streitmacht und auf offenem Feld allerdings! Was jedoch, wenn das Ganze zur rechten Zeit und am rechten Ort im Geheimen stattfindet? Sagen wir am Zufluchtsfelsen ...
»Wenn sie hier entlangkommt, wird sie uns unweigerlich bemerken«, meinte Canker aufgeregt.
»Dann lass sie doch!« Nestor spuckte aus. »Soll sie doch wissen, wie sehr sie sich zum Gespött macht!«
»Ah!«, erwiderte Canker. »Du hast Wratha noch nie erlebt, wenn sie einen ihrer Anfälle hat?«
»Dann wird es wohl endlich Zeit!«
»Dürfte ich dir lieber einen anderen Termin vorschlagen?«
»Warum denn das?«
»Weil sie ihre Krieger bei sich hat und wir nicht. Ein paar ihrer Kampfkreaturen haben nichts abbekommen und sind nach wie vor einsatzbereit! Lass dir eines gesagt sein, Nestor: Vermeide jetzt alles, was sie irgendwie reizen könnte. Oh, sie würde dich vermissen, mit Sicherheit! Aber erst, wenn es zu spät dazu ist! Zu spät für Nestor Leichenscheu und Canker Canisohn! Ich für mein Teil schlage vor, dass wir machen, dass wir von hier wegkommen.«
Nestor zeigte sich zwar nicht gerade erfreut darüber, doch für dieses eine Mal sollte Canker seinen Willen haben ...
Nachdem die Leutnants die Steuern eingetrieben hatten und wieder in die Feste zurückgekehrt waren, ließ Nestor Zahar zu sich kommen und fragte: »Wie ist es gelaufen?«
»Nun, ganz gut, mein Lord! Wir haben Honig, Getreide, Fleisch und Wein bekommen. Und wie ist es dir ergangen? Hast du viel Fleisch erbeutet?«
Nestor schüttelte den Kopf. »Darauf waren wir nicht aus! Unterstehe dich zu fragen, worauf wir aus waren! Ich habe dich rufen lassen, weil ich etwas für dich zu tun habe.«
»Dein Wunsch ist mir Befehl! Was soll ich machen?«
»Es geht um Glina. Ich will, dass sie ersetzt wird. Jemand anders wird ihre Aufgaben übernehmen und auch in ihrer Unterkunft wohnen.«
Zahar versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen und erwiderte achselzuckend: »Glina hat ihre Arbeit doch gut gemacht. Nun verdient sie eine Belohnung! Die bekommt sie doch? Es wäre nicht schlecht, wenn sie sich etwas weniger anstrengen müsste, dann hätte sie mehr Zeit für ihr Baby!«
Nestor seufzte. »Du bist ganz schön gerissen, Zahar. Wie ihr alle! Aber nein, ich habe nicht vor, sie für irgendetwas zu belohnen. Sie wird ganz gewöhnliche Arbeiten verrichten wie die anderen auch. Suche eine Frau aus; die hübscheste soll ihren Platz einnehmen. Ich bin es leid, dass Glina ständig über die Wendeltreppe heraufgestiegen kommt. Ich habe seit ... oh, seit Langem nicht mehr das Bett mit ihr geteilt. In meinem Bett hat sie nichts mehr zu suchen. Von nun an arbeitet sie mit den anderen, und zwar genauso hart. Und was das Baby angeht: Ich brauche kein menschliches Kleinkind in der Saugspitze. Kümmere dich darum ...«
Zahar sog hörbar die Luft ein und bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Du meinst, es soll zurück auf die Sonnseite?«
»Das liegt bei dir«, erwiderte Nestor kalt. »Entweder auf die Sonnseite oder in die Vorratskammern, mir ist es gleich. Nun geh zu Glina und sag ihr Bescheid. Ab Sonnauf wird nach meinen neuen Anordnungen verfahren!«
»Möchtest du es ihr nicht lieber selbst sagen?« Damit bewies Zahar ungewöhnlichen Mut.
»Glaubst du etwa, ich habe Angst vor ihr?« Nestor
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