Totenblick: Thriller (German Edition)
aber so kannte man das launische Wetter. »Habe ich was verpasst?«
»Ich dachte …« Er seufzte. »Ich mache mir Sorgen.«
»Wegen des Totenblicks?« Ares biss sich auf die Lippen. Er hatte seinen Freund nicht daran erinnern wollen, aber dank der Journalistin Baum-Schmidtke war bekannt geworden, dass es einen SpuSi dahingerafft hatte. Bei einem Sturz während einer Tatortuntersuchung. Das hatte zur Legendenbildung des Fluchs beigetragen. Baum-Schmidtke blieb beharrlich an dem Fall dran, grub und grub und schaffte es erneut, an Informationen zu gelangen.
Aber Pitt nickte sofort. »Ja. Pilz, so hieß der Mann. Sein Genick war gebrochen, aber nicht durch einen Sturz, wie die Gerichtsmedizin feststellte. Die Wirbelverletzungen sind durch zweimaliges Überdrehen entstanden. Beim ersten Versuch hat es der Mörder nicht ganz zu Ende bringen können. Wahrscheinlich konnte Pilz sich da noch wehren. Im zweiten Anlauf schaffte er es dann.« Er legte die Arme in den Nacken, als müsste er die Stelle schützen. »Stell dir vor: Der Verrückte mit dieser Maske …«
»Eine Eishockeymaske?«
»Nein. Eine selbstgebaute, wie Korff berichtete.« Kurz erzählte er, was sich in jener Nacht im Ars Moriendi zugetragen hatte. »Dann muss sich der Wahnsinnige auf dem Gelände versteckt und gelauert haben, um sich ein Opfer auszusuchen, das auch beim Guernica -Tatort dabei gewesen war.«
»Also ist es nur ein Täter?«
»Zumindest wurde Korff nur von einem bedroht, aber das will nichts heißen.« Pitt sah sich wieder um. »Dass der Täter zu allem fähig ist, wissen wir. Ich muss mir zwar keine Gedanken mehr um die Aufklärung machen, aber dafür kann es sein, dass ich nach wie vor auf seiner Liste stehe.«
»Hatte nicht der Bestatter beim letzten Mal alle Leichenblicke auf sich gezogen?«
Pitt stützte sich mit den Unterarmen auf das Brückengeländer und sah auf das Wasser. »Schon. Aber inzwischen hat der Täter erklärt, Korff habe nur einen Blick auf sich bannen können. Das sei das Gesetz. Bleiben noch vier andere Menschen, glaube ich, die sich am Tatort aufgehalten und den Totenblick auf sich geladen haben.«
»Pilz war einer. Und die anderen drei?«
»Wissen wir nicht. Nach Korff sind viele von uns gleichzeitig rein. Niemand weiß, wer die Blicke der Leichen aufgefangen hat. Nur der Verrückte entscheidet, wen er sich als Nächstes vornimmt. Außer mir könnte es ebenso Bernanke sein oder ein Streifenbeamter oder ein SpuSi.« Pitt beugte die Arme. »Das Gute ist, dass meine Familie nicht in Gefahr ist. Der Mörder hält sich sehr an die Vorgaben.«
»Schutzhaft für alle potenziellen Opfer?«
»Unmöglich. Dann wäre die Leipziger Polizei ausgeschaltet, fürchte ich.« Rhode lief los. Sie trabten die Brücke abwärts und schlugen den Pfad zum Parkplatz ein. »Ich kann also nur aufpassen.«
Ares folgte ihm dicht an der Seite. »Mich würde das zermürben.«
»Es geht. Ich denke nicht, dass er mich ausgesucht hat. Vor mir waren schon einige andere am Tatort.«
Sie liefen den schmalen Weg entlang, bogen Ranken zur Seite oder wichen wuchernden Dornenzweigen aus.
Die Sonne senkte sich, mutige Insekten summten um sie herum. Die beiden Freunde erreichten den Stellplatz, wo der Passat auf den Kommissar wartete.
»Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du denkst, du brauchst Hilfe«, verabschiedete sich Ares. Er unterdrückte den Wunsch, Pitt nochmals an den Messermann zu erinnern. Die interne Abfrage sollte Ergebnisse geliefert haben. Entweder hatte Pitt es vergessen oder es gab nichts zu berichten. Erst würde er Sterz abliefern, dann nachfragen. Auf den einen Tag kam es auch nicht mehr an.
»Werde ich.«
»Oh, und ich wette, dass euch Sterz bald in die Arme läuft. Vielleicht morgen schon.«
»Warum?«
Ares grinste und reichte ihm zum Abschied die Hand. »Wirst du sehen.«
Pitt sah ihn prüfend an. »Was hast du vor?«
Er lief ein paar Meter weiter zum Smart, öffnete die Tür und faltete sich zusammen, bis er hineinpasste. »Pass auf dich auf!« Ares fuhr los und sah, wie sein Freund in den großen Wagen stieg.
Er freute sich wahnsinnig darauf, ihm einen Gefallen zu tun.
***
Kapitel 14
Leipzig …
M it einem lauten Schrei packte er die Shisha und schleuderte sie wutentbrannt quer durch den Raum der Inspiration.
Die Pfeife flog bis auf die andere Seite und zerschellte an der Wand, überschüttete zwei Reprints mit dem dreckigen Filterwasser, die glimmende Kohle fiel auf das Parkett und brannte sich in die
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