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Totenblick: Thriller (German Edition)

Totenblick: Thriller (German Edition)

Titel: Totenblick: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ein anderer Punk, der nagelneue Adidas-Turnschuhe trug. »Deutschland verrecke!« Gleich darauf skandierte die ganze Gruppe den Spruch.
    Herold musste sich zusammenreißen, keine Antwort darauf zu geben. Diese jungen Leute saßen fast jeden Tag herum, schnorrten die Leute an und kehrten irgendwann zu Mutti in die Bude zurück, um sich mit dem Geld einen schönen Abend zu machen. Er hatte die neuen Treter an den Punkerfüßen sehr genau gesehen. Schmarotzer, dachte er. Da waren ihm die Obdachlosen, im Beamtendeutsch Randständige genannt, und die Straßenkünstler lieber.
    »Ja, ja, Deutschland verrecke«, sagte Hammer locker und schob sich die Mütze in den Nacken. Er sah aus wie ein Junge, der sich als Gesetzeshüter verkleidet hatte, oder wie der Stripper beim Junggesellinnenabschied. »Jemand sollte dem Mann hier sein verschwundenes Pfandgeld wiedergeben, bevor es wirklich zu einer Anzeige wegen Körperverletzung kommt.«
    Die Obdachlosen applaudierten.
    Der Punk zog eine Handvoll Münzen aus der Tasche und warf sie dem Bärtigen vor die Füße. »Da haste dein Scheißgeld. Das habe ich nur gemacht, weil du uns die Pfanddosen geklaut hast«, sagte er zornig. »Pass besser auf. Das nächste Mal bekommst du es vielleicht nicht mehr zurück.«
    Der Obdachlose klaubte die etlichen kleinen Münzen auf. »Du Sau«, rief er, aber es gab nur Spott von den Punks, die ihre Sachen zusammenpackten und Richtung Bahnhof verschwanden.
    Hammer und Herold zogen sich ebenfalls zurück. Sie streiften ihre Lederhandschuhe ab, um sich am mobilen Wurststand neben dem Infocenter der Verkehrsbetriebe ihr Mittagessen zu kaufen. Der Polizeiobermeister gab die Thüringer aus.
    »Das war für deinen Einsatz, junger Kollege«, sagte Herold lobend. »Gut gemacht, wirklich. Ich könnte das nicht.«
    »Ich weiß.« Hammer biss ein Stück ab und jonglierte es im Mund, weil es zu heiß war, um es zu kauen. »Wei du au wiho?«, fragte er undeutlich und bekam einen roten Kopf, schluckte und griff sich an den Hals. »Scheiße, is das heiß!«
    »Nein.«
    Hammer ließ sich vom Verkäufer rasch eine Cola geben, mit der er nachspülte. »Du hast keine Kinder.«
    »Verstehe ich nicht.« Herold aß langsamer und beobachtete die Obdachlosen, die sich weg vom Platz unter die Bäume verzogen. Sie diskutierten miteinander, aber es sah friedlich aus. Die Punks waren schon im Menschenstrom verschwunden; gelegentlich hörte man sie aber noch »Deutschland verrecke!« oder »Wir wollen keine Bullenschweine!« rufen. Sie würden sich garantiert vorm Bahnhof niederlassen, um mit den Pappbechern auf erneute Schnorrertour zu gehen. Sie konnten charmant sein, wenn sie wollten. Nur nicht zu Beamten.
    »Das ist reiner Kindergarten. Mein Neffe versucht auch ständig, seine Eltern herauszufordern und zu provozieren. Die Punks machen nichts anderes.« Hammer grinste und zog die Mütze ab. Seine blonden Haare leuchteten auf, eine Locke sprang aus dem Verbund und baumelte über das Ohr. »Und die sind sehr froh, in Deutschland zu leben. Lass die das mal in Russland machen. Nächster Halt: Sibirien.«
    Herold gab lachend Senf auf seine Wurst. »Kann sein. Aber ich würde meinem Kind eine scheuern, wenn es mich absichtlich reizt.«
    »Das ist verboten, Herr Kollege!«
    »Ich weiß. Hätte denen aber in ihrer Jugend auch nichts geschadet.«
    Hammer lächelte nur diplomatisch und beließ es dabei. Es ergab keinen Sinn, mit dem Polizeiobermeister darüber zu diskutieren. Jeder der beiden hatte seine Spezialkompetenz und seine Spezialansicht. Für ihn war nicht jeder Punk automatisch ein Asozialer. Es gab etliche unschöne Schicksale darunter.
    Sie verzehrten ihr Mittagessen, sprachen über die bevorstehende Woche und die Dienste und das Fußballspiel von Lok Leipzig, das wieder für Arbeit und Unruhe sorgen würde.
    Dann wurde es an der Tramhaltestelle plötzlich laut. Auf das Lachen und »Deutschland verrecke« folgte ein vielstimmiges aggressives »Deutschland! Deutschland!«.
    Das bedeutete: Links traf auf rechts.
    Hammer trank hastig seine Cola aus und wollte los.
    »Halt mal«, bremste ihn Herold und hielt ihn am Arm fest. Er kannte das Engagement des jungen Kollegen, das manchmal einer gewissen Dosierung bedurfte. »Es hat noch keiner um Hilfe gerufen. Lass die das mal untereinander regeln.«
    »Du weißt, wie das enden kann. Wenn die Rechten das regeln, kann ich den Punk von der Feuerwehr unter der Tram rausziehen lassen«, hielt der jüngere Polizeimeister dagegen, setzte

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