Totenblick: Thriller (German Edition)
Dabei gehörte er in eine geschlossene Anstalt.
Rhode schaute zu Lackmann und musste an die Worte seines Freundes Ares denken, der die Ereignisse vorhergesagt hatte. »Seit wann wissen Sie davon?«
»Ich bekam den Anruf vor …«, er sah auf seine Uhr mit dem gesprungenen Glas und dem abgewetzten Lederband, »… 13 Minuten, Herr Hauptkommissar.« Auch heute passte sein Anzug in die frühen Siebziger, der Atem zur gepfiffenen Werbung für Kräuterschnaps aus den gleichen Jahren.
»Radiosender?«
»Von dbs. Sie gab mir den Tipp. Der Mörder hat eine Sammelmail an diverse Zeitungen verschickt. Er wollte sichergehen, dass man auf ihn aufmerksam wird.«
Der Zähler stand bei 201001.
»Das hat er geschafft. Dieses kranke Arschloch.«
Es klopfte, und Schwedt stürzte herein. »Peter, hast du …« Ein Blick auf den Monitor reichte aus. Sie setzte sich und blickte wuterfüllt in die Runde. »Ich habe keine Ahnung, was wir machen sollen«, gestand sie.
»Ich auch nicht«, räumte er ein. »Der Mörder ist uns in allen Belangen voraus. Er weiß, wer wir sind und wer jedes Mal am Tatort ist.«
Lackmann räusperte sich. »Es gibt verschiedene batteriebetriebene Geräte, die sowohl Bild als auch Ton übertragen«, erklärte er. »Die Reichweite ist begrenzt, sofern sie nicht verkabelt sind. Ich habe mit dem KTI telefoniert. Beim nächsten Mal nehmen wir einen Elektronik-Spezialisten mit, der nach WLAN-Netzwerken und Strahlungsquellen Ausschau hält.« Nach seiner Erläuterung sackte er in sich zusammen, als sei seine Energie damit verbraucht. Er tastete nach seinem Flachmann und trank einen Schluck. Offen und unverblümt. »Ah, und die Fotos auf der Website wurden nach deren Ansicht vom Täter gemacht, als die Opfer noch lebten. Das könne man an der Körperhaltung und dem Augenausdruck erkennen. Aber die Computerfreaks werden das noch genauer überprüfen, bevor sie uns das schriftlich geben.«
»Das ist gut.« Rhode musste den Kollegen loben. Da war wieder einer dieser seltenen lichten Momente, die zeigten, wie gut Lackmann hätte sein können – ohne den Sprit im Kopf. Es regte sich beim Hauptkommissar so etwas wie ein leichter Hoffnungsschimmer, der durch das Wissen getrübt wurde, dass der Mörder mit ihrer Vorgehensweise rechnete.
»Fehlt uns nur noch ein neuer Mord«, warf Schwedt sarkastisch ein. Ihr Smartphone gab einen Signalton von sich. Sie las die Nachricht, schnalzte genervt mit der Zunge und steckte das Gerät weg. »Angekündigt ist er zumindest«, ging sie über die Nachricht hinweg. »Coming soon.«
Rhode schloss daraus, dass die SMS privater Natur gewesen war. Freddy schien sie mit seinen Botschaften eher zu nerven, anstatt glücklich zu machen. »Wer auch immer das arme Opfer ist: Sobald der Anruf des Verrückten eingeht, sieht keiner der Leiche in die Augen! Der Totenblick darf kein weiteres Opfer nach sich ziehen.«
»Bestimmt nicht«, bestätigte Schwedt. Lackmann nickte andeutungsweise.
Rhode sah auf das Squashbällchen auf seinem Schreibtisch. Training, Dauerlauf, warten. Mehr konnte er nicht tun. Ach ja, doch: Zum hunderttausendsten Mal starrte er auf die Gemälde und die Tatort-Aufnahmen. Ihm fiel ein, dass er Ares versprochen hatte, nach Flöto zu suchen. Oder hieß sie anders?
Bevor er sich zurück an seinen PC setzte, schloss er die Website des Mörders. Das Zählwerk hatte 251001 erreicht. Es gab genügend Neugierige und kranke Gemüter, und es würden noch mehr User werden. In Deutschland und auf der ganzen Welt.
Rhodes Handy klingelte, die Nummer von Ares wurde angezeigt.
Er drückte ihn weg, weil er sich voll und ganz auf die Bilder konzentrieren wollte. Zum Plauschen blieb bei ihrem gemeinsamen Dauerlauf durch den Park genug Zeit. Dabei konnte er ihm gestehen, eine neuerliche Abfrage zu ihr und dem Ex-Knasti vergessen zu haben.
Nachdem Rhode sich einen Kaffee genommen und eine Pille eingeworfen hatte, setzte er sich vor den Bildschirm und starrte auf die Tatortfotos, auf die Vorlage, auf die Tatortfotos, auf die Vorlage, auf die Tatortfotos …
Schwedt und Lackmann taten das Gleiche.
***
Kapitel 8
Leipzig …
D as einzige Licht im Raum der Inspiration stammte von den vier LED-Flachbildschirmen, denn die Nacht war über Leipzig hereingebrochen. Der geringe Straßen- und Sternenschimmer wurde von den Vorhängen geschluckt.
Je nach Motiv auf den Monitoren änderte sich die Beleuchtung und veränderte die Stimmung in dem Altbauzimmer, in dem er herrschaftlich auf
Weitere Kostenlose Bücher