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TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
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werden können.«
    Einige der Faxe und ausgedruckten E-Mails hingen an der Euro-Pinnwand neben der Landkarte, dort, wo inzwischen auch weitere Fotos in Farbe und Schwarz-Weiß mit Reißzwecken auf dem Tafelkarton befestigt worden waren. Die Fotos zeigten zwei junge weiße Frauen, eine ältere Farbige und drei Männer unterschiedlichen Alters, als alle noch gelebt hatten, Schnappschüsse von Verwandten oder Freunden, ein Passfoto. Eine weitere Aufnahme zeigte einen alten Mann, der mit offen stehendem Mund und geschlossenen Augen unter der Quarzlampe eines Pathologen lag. Es gab eine Liste mit den Adressen und Telefonnummern der Gerichtsmediziner, die auf Doktor Holthuysens Rundschreiben geantwortet und die zu roten Metallknöpfchen gewordenen Fälle gemeldet hatten. Eine weitere Liste führte die Distrikte und Reviere der Polizeibeamten auf, die in diesen Fällen neue Ermittlungen eingeleitet hatten. Und schließlich gab es eine Liste mit den Namen von Personen, deren Leichen nicht mehr untersucht werden konnten – Männer und Frauen, die infolge mangelnder Verdachtsmomente mit dem Etikett Herzversagen oder Todesursache unbekannt am Zeh zur Beerdigung freigegeben worden waren und bei denen eine Exhumierung nur noch Staub und Asche zutage fördern würde, biblisch gesprochen.
    Der Commissaris betrachtete die Fotos, die Faxe und die Listen und sagte: »All diese toten Menschen, all diese Fotos und Hinweise, und wir tappen immer noch im Dunkeln. Wir haben keine Spur, kein Motiv, nichts! Das ist beschämend, eine Schande!«
    Es war neun Uhr morgens, vor dem Fenster leuchtete einstrahlender Spätherbsttag, und ein Abglanz davon lag auf den ausgeruhten Gesichtern seiner Beamten, die ihn erwartungsvoll ansahen.
    »Was ist denn mit dem chinesischen Gefangenen und seinem Motiv?«, erkundigte sich Brigadier Tambur. »Unterwirft er sich immer noch dem Schweigegelübde?«
    Der Commissaris schüttelte den Kopf und nahm das Foto von Jun Wu von der Wand. »Der Damm ist gebrochen«, antwortete er.
    »Willst du uns aus unserer Unwissenheit zum Licht führen und kundtun, wie du das zuwege gebracht hast?«, fragte Hoofdinspecteur Gallo.
    »Ich habe ein Loch hineingebohrt«, erklärte der Commissaris, »und dann zugesehen, wie das Wasser es erweitert hat.«
    »Und wenn man den Pfad der Metaphern verlässt, bedeutet das was ?«, hakte Gallo nach.
    »Das dürft ihr in meinem Bericht für Procureur Piryns lesen, sobald ich ihn fertig habe«, meinte der Commissaris. »Bei der Gelegenheit könnt ihr auch gleich lernen, wie man einen korrekten Bericht ans Openbaar Ministerie verfasst.« Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, auf den umsichtige Hände bereits eine Tasse Kaffee und ein Hörnchen samt Marmelade und Honig zum Hineintunken gestellt hatten. »Was ist mit den Gummistiefeln Größe dreiundvierzig, die wir bei dem Total- Tankwart gefunden haben?«
    »Gehören seinem Kollegen, Dick Houwer, genau wie er gesagt hat«, antwortete Inspecteur Vreeling und kratzte sich hingebungsvoll die unter dem schmuddeligen Verband heilende Karatehand, kratz, kratz, kratz . »Houwer wohnt in Haarlem und hat ein wasserdichtes Alibi. Die Lehmspuren, die wir unter den Sohlen sicherstellen konnten, stammen nicht aus dem Tulpenfeld. Das Stiefelprofil ist auch ein völlig anderes. Davon abgesehen hätte Houwer nicht das geringste Motiv, Heleen Soeteman zu töten. Und ein Motorrad wie das von Pim Verhoeven ist auch in der Nähe der Tatorte niemandem aufgefallen, weder hier noch bei der Tulpenplantage.«
    »Wie war denn Ihr Wiedersehen mit Doktor Death?«, fragte Brigadier Tambur.
    »Doktor van der Meer«, verbesserte der Commissaris sie mitmildem Tadel. Er trank einen Schluck von dem immer noch heißen Kaffee. »Doktor van der Meer«, fuhr er fort, »hat offenbar beschlossen, sich zur Karikatur seines eigenen Mythos zu stilisieren: Er malt scheußliche Bilder von Tod und Verwesung, die sogar Goya bestürzt hätten, und stellt sie in seinem Klinikbüro aus. Er zitiert William Blake, und es fehlt eigentlich nur noch, dass er wie Vadder Hein mit der Sense in der Hand durch die Abteilungen marschiert und die Korridore mit Mahlers Kindertotenliedern beschallen lässt. Das Ganze ist natürlich infantiler Trotz, eine Selbstinszenierung, aber so oder so: Unser Mörder ist er nicht, da bin ich mir ziemlich sicher.«
    »Dann können wir seine Klinik ja von der Liste der Telefongespräche von Mevrouw Soeteman streichen«, sagte Gallo und schwenkte einen Ausdruck der

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