Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
Vom Netzwerk:
uns die Tötungsart über den Täter? Das müssen wir herausfinden. Wer kommt denn überhaupt als Täter infrage? Habt ihr irgendeine Idee?«
    Die Ampel sprang auf Grün, und Gallo fuhr weiter. Van Leeuwen drehte sich wieder zu Vreeling und Julika Tambur um. Wie immer am Beginn einer Mordermittlung kam er sich vor wie ein Fußballtrainer, der seine Auswahlmannschaft für die Meisterschaftmotivieren musste. Wenn es keinen Mord aufzuklären gab, spielten Ton Gallo, Remco Vreeling und Julika Tambur in anderen Teams, für andere Abteilungen. Aber sobald jemand getötet worden war und der Commissaris beschloss, dass der Fall ihm gehörte – egal, wie oft man ihm sagte, es sei nicht mehr seine Aufgabe, er sollte anderen den Vortritt lassen, in deren Amtsbereich das Verbrechen eigentlich fiel –, dann rief er sie zusammen, um mit ihnen den Pokal zu holen. Er war dann Trainer und Kapitän in einem, und sie waren die beste Mannschaft, die er sich vorstellen konnte.
    »Wurde Zuiker absichtlich ausgewählt, oder war er ein zufälliges Opfer?«, fuhr er fort. »War der Täter der Mann in dem durchsichtigen Regenmantel, der ihm gefolgt ist, oder der Junge, dem er selbst nachgegangen ist, oder keiner von beiden? Cherry hat gesehen, wie der Junge mit seinem Handy telefoniert hat, als er Zuiker bemerkte. Das spricht dafür, dass sie sich kannten. Fühlte der Junge sich bedroht? Hat er deshalb Hilfe gerufen, und dann kam es zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf sie Zuiker zu mehreren getötet haben? Dagegen spricht die Plastiktüte, der ganze modus operandi. Oder war es doch der Mann im Regenmantel, und wenn ja, ist dieser Mann ein Kollege Zuikers oder der Vater eines Schülers?«
    »Vielleicht hatte Zuiker pädophile Neigungen«, gab Brigadier Tambur zu bedenken. »Und vielleicht war das auch der Grund für den Zustand seiner Ehe.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, pflichtete der Commissaris ihr bei.
    Inspecteur Vreeling sagte: »Falls weder der Junge noch der zweite Mann als Täter infrage kommen, wäre es aber immerhin möglich, dass sie etwas bemerkt haben – den wirklichen Mörder oder etwas, das uns auf seine Spur bringt. So wie diese Cherry sie gesehen hat.« Er saugte den letzten Schluck Kaffee aus dem Becher, zog die Strohhalme heraus und klemmte sich den Becher zwischen die Oberschenkel. An der linken Hand trug er einen weißen Verband, aus dem nur die Finger hervorragten.
    »Könnte es nicht sein«, Gallo setzte den Blinker, wechselte aufdie linke Spur und überholte einen Lastwagen, »dass Zuiker sich mit diesem Cho Seung Hui identifiziert hat? Dass er selbst ein Massaker plante, um sich für sein Elend zu rächen? Oder – falls er es nicht bewusst plante – dass er unbewusst auf dem Weg dahin war?« Er blieb auf der linken Spur und schaltete auch den Blinker nicht wieder aus. »Also zur Abwechslung mal kein Schüler als Amokläufer, sondern ein Lehrer? Vielleicht hat der Mörder mit seiner Tat dann womöglich noch Schlimmeres verhindert, so absurd das auch klingen mag.«
    An der Amstel bog er nach links auf den Amsteldijk und etwas später nach rechts auf die Toronto Brug. Linker Hand ragte das Amstel Hotel vor der Stadtkulisse auf wie ein am Ufer ankernder Luxusdampfer. Der Fluss strömte unter der Brücke hindurch und am Fundament des Hotels vorbei zur Magere Brug. Die bunten Glühbirnen an den weiß gestrichenen Brückenbögen erinnerten im Sonnenschein an die erloschenen Lichtergirlanden eines Jahrmarkts, dessen Hauptattraktion erst am Abend zum Leben erwachte. Das Wasser war graugrün, die Wellen trugen kleine Schaumkronen, und Schwärme von Möwen suchten die Oberfläche nach Nahrung ab.
    »Was steht denn eigentlich in diesem Manifest?«, fragte Julika.
    Der Commissaris griff in die Brusttasche seines Sakkos und holte den zusammengefalteten Ausdruck hervor, den er im Büro fotokopiert hatte.
    Julika griff danach, entfaltete das Blatt Papier und überflog den Text. » Ich musste das nicht tun«, las sie vor . »Ich hätte fliehen können. Aber ich renne nicht mehr davon. Wenn nicht für mich, dann für meine Kinder und meine Brüder und Schwestern. Ich habe es für sie getan … Hat Zuiker eigentlich eigene Kinder?«
    »Nein«, antwortete der Commissaris. »Wir müssen herausfinden, ob der Junge von Zuikers Schule war und ob zwischen ihm und Zuiker irgendwas vorgefallen ist. Außerdem müssen wir die anderen Lehrer befragen: Wie war sein Verhältnis zu ihnen, zu den Schülern, den Eltern. Er

Weitere Kostenlose Bücher