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TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
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Commissaris.
    »Früher oder später ihr Widerstand wäre ein wenig schwächer geworden«, antwortete Zheng Wu, »und dann noch ein wenig schwächer und schwächer, und am Ende Cousin Jun hätte sie nur noch pflücken brauchen wie reife Kirsche. Deswegen. Deswegen er musste sterben, bevor er pflücken konnte. Bevor sie entehrt für immer.«
    Van Leeuwen rollte mit dem Stuhl auf die Pritsche zu. »Wie können Sie so sicher sein, dass Ailing ihm nicht doch widerstanden hätte?«
    Der Chinese beugte sich vor. »Weil sie ein Frau ist. Ein Frau ist hilflos, wenn der Verführer sich nähert wie die Schlange. Sie Scham und Schande über sich und mich gebracht, so wie Ihr Frau Scham und Schande über sich und Sie gebracht.«
    »Das hat sie nicht!«, widersprach Van Leeuwen heftig.
    »Scham und Schande«, wiederholte Wu mit feuchten Lippen, »selbst wenn nur so ausgesehen hätte als ob. Selbst dann wäre mein Gesicht verloren, ja!« Jetzt wirkte er nicht mehr alt und bitter, sondern bis aufs Äußerste erregt. »Dieser Mann – haben Sie ihn gesucht und Ihr Ehre wiederhergestellt?«
    »Gesucht ja, aber nicht gefunden«, gestand der Commissaris.
    »Sie kannten seinen Namen nicht, ja? Die Briefe waren ohne Absender?«
    »Ich kannte seinen Namen.«
    »Und Sie haben nicht weitergesucht?«
    »Er lebt in einem anderen Land.«
    »Cousin Wu lebte auch in anderem Land. Sie haben Beine. Warum gehen Sie nicht in Land und töten Mann?«
    »Ich glaube nicht, dass ich ihn überhaupt töten möchte«, antwortete Van Leeuwen. »Höchstens mit ihm reden, vielleicht.«
    Der Chinese betrachtete ihn ungläubig. Er hob eine Hand und ließ sie wieder sinken, als wären angesichts so beschämender Kleinmütigkeit jede Geste und jedes weitere Wort gänzlich sinnlos. »So«, sagte er bedauernd, »so.«
    Einen Moment lang schwiegen beide und sahen sich nur an. Dann fragte der Commissaris: »Was stand in dem Brief, den Sie Ihrem Cousin geschrieben haben, Mijnheer Wu?«
    »Wer sagt, dass ich geschrieben habe?«
    »Ailing Wu«, erklärte der Commissaris. »Ihre Frau hat das gesagt.«
    »Und wann soll sie gesagt haben?«
    Der Commissaris legte die letzte Karte auf den Tisch, das Ende der Straße. »Heute Nachmittag, als ich sie vom Flughafen abgeholt habe. Willkommen in Amsterdam.«
    Zheng Wus Stimme zitterte. »Ailing ist hier? In Amsterdam?«
    Der Commissaris nickte.
    »Aber – wann kann ich sehen?«
    Der Commissaris seufzte. »Ach, Mijnheer Wu, wenn es nur von mir abhinge, sofort.«
    »Wovon hängt denn noch ab?«
    »Von Ihnen, Mijnheer Wu. Ailing wird Licht in Ihr Dunkel bringen, wenn Sie Licht in mein Dunkel bringen. Also, noch einmal: Was haben Sie Cousin Wu geschrieben?«
    Zheng Wu schloss die Augen, und als er sie nach einer Weile wieder öffnete, hatte ihr Ausdruck sich verändert; sie schienen durchlässiger geworden zu sein. »Ailing schreibt mir viele Briefe«, meinte er endlich. »Sie schreibt von Sehnsucht, aber auch von Cousin Wu, der meine Abwesenheit ausnutzt ohne Zögern. Mit jedemTag und jedem Brief wächst mein Angst, und meine – wie sagt man – Qualen werden größer mit jede Stunde. Diese Scham, diese Schande … Ich sehe sie vor mir. Ich sehe, wie meine zarte Ailing langsam ihr Widerstandskraft verliert, so deutlich, wie wenn geschieht genau vor meine Augen. Meine Beine fangen an zu zittern, und ich muss hinsetzen, aber ich sehe es immer noch, immer deutlicher. Ich sitze auf mein Bett, so wie ich jetzt hier, und spüre, wie ich mein Gesicht verliere. Auch wenn nur ich, Ailing und Jun davon wissen und keiner von uns je einem anderen davon erzählt, bin ich entehrt und gibt nur ein Weg, mein Ehre wiederherzustellen. Ich muss Ailing verstoßen, und Jun muss sterben. Als ich wieder aufstehen will, meine Beine gehorchen nicht mehr.«
    Wu schlug sich mit den Fäusten auf die Oberschenkel, und die Füße wippten wie die einer Marionette. »Ich kann nicht nach Hause reisen, um ihn zu töten, und ich kann auch niemand in Fengdu bitten, es an mein Stelle zu tun, denn darf ja niemand wissen, was geschehen ist!«
    »Deswegen haben Sie Ihren Cousin hierher gelockt«, stellte der Commissaris fest.
    »Es war ganz leicht.« Zheng Wu fletschte seine gelblichen Zähne zu einem Grinsen, das wie in eine Kürbisschale geschnitzt wirkte. »Ich schreibe Jun, hier liegt das Geld auf der Straße, man muss sich nur bücken und aufheben. Ich schreibe, ich bin schon nach kurze Zeit reich, sehr reich, und auch er kann hier schnell – wie sagt man? – ein

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