Totenfeuer
wenn das der durchgeknallte Doc ist …«
»Wieso wäre das ›ein Ding‹«, fragt Jule, der man ihren Unmut nun deutlich ansieht.
»Äh … ich meine ja nur …«, stottert Carsten.
»Krieg dich wieder ein, ja?«, fährt Ole seinen Kumpel an.
Und Torsten rammt ihm seinen Ellbogen zwischen die Rippen und zischt: »Ja, halt einfach mal die Klappe.«
»Warum?«, fragt Jule und schaut Ole und Torsten an. »Warum soll er die Klappe halten?«
»Ich find es halt scheiße, wenn man so über Tote redet«, behauptet Ole, und Torsten bekräftigt dies durch ein beifälliges Nicken.
»Plötzlich so sensibel, ja?«, bemerkt Jule scharf. Die drei senken den Blick wie kuschende Hunde.
Fernando druckt die Protokolle aus und entlässt die drei Jungs, nachdem sie sie unterzeichnet haben. »Du warst aber ganz schön streng zu denen«, sagt er zu Jule.
Jule reißt das Fenster auf und sagt: »Ich lass mich doch nicht von ein paar halbwüchsigen Dorflümmeln verarschen.«
»Ich versteh das schon«, verteidigt Fernando die drei Jungs. »Es ist wohl eine Frage der Ehre, dass man bei der Wache nicht einschläft. Sie fürchten den Spott von ihrem Anführer Matze.«
»Wieso? Was ist das für einer?«
»So ein Großmaul halt. Aber du hättest es mir ruhig vorher sagen können, dass jemand sie beim Schlafen beobachtet hat. Dann hätte ich vor denen nicht so alt ausgesehen.«
»Es steht in meinem Bericht, und der liegt bei Nowotny in der Akte«, antwortet Jule. »Dafür sind Berichte und Akten da – dass man sie auch mal liest.«
»Streberin!«
Wenig später sitzen Jule und Fernando im Dienstwagen und fahren in Richtung Deister. Es herrscht sprichwörtliches Aprilwetter, im Moment sticht die Sonne herunter und lässt die nasse Straße dampfen, aber die nächsten finsteren Wolkengebirge lauern schon über dem langgestreckten Kamm des Mittelgebirges. Aus einer Wolke sieht man den Regen bereits als weißgrauen Schleier niedergehen.
»Was meinst du, soll ich zu Hause ausziehen?«, fragt Fernando unvermittelt.
»Bei mir ist kein Platz.«
»Bei dir? Wie kommst du denn auf die Idee?«
»Ich sag’s ja nur. Wieso? Hast du mal wieder Knatsch mit deiner Frau Mama?«
»Nein. Aber ich bin jetzt Mitte dreißig, und so langsam wäre es an der Zeit, oder?«
»Durchaus. Und wo willst du hinziehen?«
»Bei Anna Felk in der WG ist gerade ein Zimmer frei geworden.«
»Ist sie hübsch?«
»Was hat das denn damit zu tun?«, erwidert Fernando ärgerlich.
»Eine Menge, wie ich dich kenne«, grinst Jule.
»Du hältst wohl nicht viel von mir, was?«, fragt Fernando.
»Ist das jetzt eine ernst gemeinte Frage?«
Fernando, der am Steuer sitzt, setzt seine dunkle Sonnenbrille auf und knirscht: »Vergiss es.«
»Fernando, sie ist eine Angehörige unseres Mordopfers und gehört damit in den engsten Kreis der Verdächtigen.«
»Ja, schon klar. Es hat ja noch ein paar Tage Zeit, und bis dahin ist der Fall hoffentlich gelöst. Und ich gehe mal davon aus, dass sie es nicht war.«
»Warum? Weil sie hübsche blaue Augen hat?«
»Grüne. Sie hat graugrüne.«
Jule stößt einen tiefen Seufzer aus. Typisch Fernando. Kaum sieht ein Mädchen halbwegs manierlich aus, kochen dem schon wieder die Eier.
»Sie hat mir erzählt, dass ihr Großvater erst jetzt gerade, am Karfreitag, gestorben ist. Sie verdächtigt ihre Tante, ihn umgebracht zu haben. Ihn und womöglich auch ihren Vater.«
»Beweise? Motive?«, fragt Jule.
»Keine Ahnung, ich bin nicht darauf eingegangen. Mir reicht schon ein Mordfall.«
»Ist sie vielleicht ein bisschen hysterisch?«
»Wie kannst du das sagen, du kennst sie doch gar nicht!«, echauffiert sich Fernando.
»Ich habe ja nur gefragt. Mimose.«
»Und ich wollte nur, dass du darüber Bescheid weißt, wenn wir mit diesen Felks reden«, erklärt Fernando eingeschnappt.
»Gut, ich werde die Sache mit dem Großvater im Hinterkopf behalten, ist das okay für dich?«
»Jule, bitte rede nicht wie mit einem Idioten mit mir!«
»Heute kann man dir aber auch wirklich nichts recht machen!«
»Das ist nicht wahr«, verteidigt sich Fernando. »Umgekehrt wird ein Schuh draus: Seit du mit diesem verheirateten Kerl rummachst, bist du unerträglich. Hat er dich gestern wieder sitzen lassen, bist du deshalb so schlecht gelaunt?«
»Das verbitte ich mir! Was geht dich mein Privatleben an?«
»Dein Privatleben kennt inzwischen die ganze PD .«
»Ja, weil du es überall rumposaunst!«
»Ich? Kein Wort. Aber ihr solltet vielleicht etwas
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