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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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bei Leine- TV kurzerhand die Nachricht hinterlassen hat, sie könne wegen eines Notfalls in der Familie heute nicht zum Praktikum erscheinen. Hätte Völxen nicht diesen brisanten Mordfall am Hals, würde auch er Dienst Dienst sein lassen und das Gleiche tun. Immerhin hat er bereits Maßnahmen ergriffen: Sofort nach Sabines Anruf hat er die Kollegen der Polizeistationen Ronnenberg und Wennigsen gebeten, nach dem Bock Ausschau zu halten.
    »Personenbeschreibung?«, hat der Ronnenberger Kommissar gewitzelt und dann gewissenhaft Völxens Angaben notiert: weißes Fell, Gesicht dunkelbraun, stark geschwungenes Gehörn, Rufname: Amadeus .
    »Wenn ihr ihn seht, ruft mich sofort an. Er ist nämlich sehr sensibel«, hat Völxen die Kollegen angewiesen. Mehr kann man im Augenblick nicht tun, das sieht auch er ein. »Sag deiner Hanne, ich ersetze ihr das Grünzeug und spendiere ihr noch ein Bofrost-Abo dazu«, knurrt Völxen, der es seiner Nachbarin, die jetzt schmollend in ihrer Küche sitzt, verübelt, dass sie durch ihr hektisches Gebaren den Bock zur Flucht veranlasst hat.
    »Nun übertreib mal nicht, Herr Kommissar. Vor zwei Jahren, als der Marder in den Hühnerstall eingedrungen ist, das war viel schlimmer. He, wie wär’s mit ’nem kühlen Klaren auf den Schrecken?«
    »Lieber nicht.«
    »Aber ’n Herry geht doch?« Schon zaubert der Nachbar zwei Pilsflaschen aus der Tasche seiner blauen Latzhose.
    Doch Völxen ist weder nach Schnaps zumute noch nach lauwarmem Herrenhäuser . »Nein danke, ich bin im Dienst.«
    »Wo du gerade Dienst sagst. Stimmt es, dass die Leiche der Felk ist, der Doktor?«
    Das ging ja wieder einmal blitzschnell im Dorf herum. »Ja, das ist wohl so. Kanntest du ihn?«
    »Eher flüchtig. War ein komischer Kauz. Meine Hanne war mal bei dem in der Praxis, wegen Migräne. Hat sich da von so einem Chinesen Nadeln setzen lassen. Die sind dann sogar eine Weile im Kopf stecken geblieben, wirklich gruselig war das. Aber angeblich hat es ihr geholfen.«
    »Na dann.«
    »Apropos Migräne: Kennst du den? Herr Doktor, ich glaube, meine Frau ist tot. Der Sex ist wie immer, aber die Küche sieht aus …«
    Völxen verzieht das Gesicht und fragt: »Weißt du, ob ihn jemand nicht leiden konnte?«
    »Och, da gibt’s sicher einige. Mit dem Gutensohn gab’s einen üblen Knatsch im letzten Sommer, im Gesangverein haben sie davon erzählt. Es ging um einen Rehbock.«
    »Was war da los?«
    Köpcke öffnet seine Bierflasche an der Zaunlattenkante und nimmt einen großen Schluck, ehe er seinen Nachbarn aufklärt: »Wigbert Lammers und Karl-Heinz Gutensohn haben die Jagd von hier bis Springe gemeinsam gepachtet. Lammers bejagt das Gebiet Vörier Berg, Wolfsberg und die Nordseite vom Süllberg, und Gutensohn ist für den hinteren Teil des Süllbergs und alles, was in Richtung Springe geht, zuständig. Das haben die zwei intern so geregelt.«
    »Aha.« Völxen staunt, was der Hühnerbaron so alles weiß. Es hat wohl auch Vorteile, im Gesangverein zu sein.
    »Angeblich hat der Felk, der im Revierteil von Lammers jagen darf, dem Gutensohn einen kapitalen Rehbock weggeschossen, den dieser schon lange beobachtet hat. Der Felk soll ihn wohl jenseits der vereinbarten Reviergrenze erwischt haben. Felk hat behauptet, der Rehbock habe weit in Lammers’ Revier gestanden und sei erst nach dem Schuss zu Gutensohn rübergeflüchtet. Der Gutensohn war jedenfalls auf hundertachtzig, der soll dem Felk Prügel angedroht haben, wenn der sich noch einmal auf seiner Seite des Reviers blicken lässt. Der Lammers war natürlich auch sauer auf den Felk. So was macht man ja auch nicht.«
    »Warum hat er ihn nicht rausgeworfen?«
    »Das wäre unklug gewesen«, meint Köpcke und grinst dazu schlitzohrig. »Die Felks besitzen den Wald und die Felder da oben am Wolfsberg und am Süllberg. Die Grundstückseigentümer haben ein wichtiges Wörtchen mitzureden, wer die Jagdpacht bekommt. Da verdirbt man es sich lieber nicht mit einem Familienmitglied, auch wenn es sich um das schwarze Schaf handelt.«
    »Ich verstehe«, dämmert es Völxen.
    »Wenn du noch mehr Dorfklatsch hören willst, musst du mit Hanne reden«, meint Köpcke. »Aber im Moment würde ich ihr an deiner Stelle lieber aus dem Weg gehen.«
    Die Praxis befindet sich in der Geibelstraße, im Erdgeschoss eines schlichten roten Backsteinbaus, wie sie für die Südstadt typisch sind. Naturheilkundliche Praxis Dr. Roland Felk – Termine nach Vereinbarung steht auf dem Schild neben der Tür

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