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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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sich mit der Zeit. Aber manchmal können speziell ausgebildete Hunde sie trotzdem noch nach Monaten oder sogar Jahren verfolgen. Daran arbeite ich gerade mit Cäsar.«
    Hautschuppen, Geruchsblasen – eine unappetitliche Vorstellung. »Demnach ist die Einsiedelei die einzig wirklich zivilisierte Form menschlichen Daseins«, schlussfolgert der Kommissar und tritt dabei unwillkürlich einen Schritt zurück.
    Der Hundeführer grinst. »Wenn Sie es so sehen wollen, ja. Allerdings ist unser Riechorgan verglichen mit dem eines Hundes rudimentär, denn wir sind ja in erster Linie Augentiere. Ich glaube, für uns Menschen ist die Geruchswelt, in der ein Hund lebt, kaum vorstellbar.«
    Völxen wirft einen bewundernden Blick auf die unscheinbare schwarze Kreatur, die etwas gelangweilt im Schatten einer Fichte sitzt und wie zur Bestätigung des eben Gesagten nun die Nase in Völxens Richtung hebt. Ob ihm seine Geruchsblase wohl zusagt? Was hat der Hund wohl in dieser Sekunde über ihn erfahren? Wenn diese Tiere auch noch sprechen könnten! Aber dann säße wohl jetzt ein Husky auf seinem Posten, und der Polizeipräsident wäre ein Deutscher Schäferhund oder ein Münsterländer. Plötzlich kommt dem Kommissar eine Idee: »Sie und Ihr Hund sind doch jetzt hier fertig, oder?«
    Der Schuss fiel am Sonntagmorgen, ein paar Minuten nach sechs. Darin sind sich vier der schaulustigen Anwohner einig gewesen. »Ich habe extra noch auf die Uhr gesehen und gedacht: Was ballern die da schon wieder rum in aller Frühe«, sagt ein älterer Herr, und eine junge Mutter bestätigt dies. Die Frage nach einer weiteren verdächtigen Beobachtung um diese Zeit wird allerdings verneint. Schließlich habe man ja noch im Bett gelegen.
    »Kurz nach sechs. Die Jungs haben die Feuerstelle angeblich gegen sieben verlassen. Also musste der Täter noch gut vierzig Minuten warten, bevor er sich an dem Haufen zu schaffen machen konnte«, versucht Fernando die Vorgänge zu rekonstruieren.
    »Oder er hat in der Zeit sein Auto geholt. Zu Fuß wird er die Leiche ja nicht so weit transportiert haben.«
    »Stimmt. Fiedler sprach ja auch von einem Auto.«
    »Und die Leiche? Hat er die so lange am Waldrand liegen lassen?«, fragt Jule.
    »Das viele Blut spricht dafür«, meint Fernando. »Das Risiko musste er eingehen. Und es war ja wohl nicht allzu groß, so früh kommt doch kaum einer hier hoch.«
    »Täusch dich nicht, die stehen hier mit den Hühnern auf. Immerhin war einer der Hundebesitzer, den Völxen und ich befragt haben, angeblich schon vor sechs Uhr hier. Er hat aber leider nichts Auffälliges bemerkt.« Jule sieht sich nachdenklich um. Die Stelle, so nah am Dorf und direkt am Weg, scheint ihr nicht gut gewählt für ein Verbrechen. Von drei Seiten – aus Lüdersen, aus Holtensen und über den Wolfsberg – könnten jederzeit Spaziergänger oder Frühsportler auftauchen. »Für mich sieht das nach Totschlag im Affekt aus. Ein vorsätzlicher Mörder hätte doch gewartet, bis Felk durchs Unterholz schleicht, und ihn dort erledigt.«
    »Aber ins Unterholz kommt man nicht so leicht mit einem Auto«, hält Fernando dagegen.
    »Das stimmt allerdings«, räumt Jule ein. »Das war ihm womöglich wichtiger.«
    »Ein Jäger hat sein Auto ja meistens in der Nähe«, grübelt Fernando und fragt: »Was hat uns Völxen vorhin erzählt, als wir durch den Wald gegangen sind?«
    »Dass die Väter von Ole Lammers und Torsten Gutensohn die hiesigen Jagdpächter sind.«
    »Ja, es ist furchtbar, ganz furchtbar. Wer um Himmels willen macht so etwas?« Martha Felk sitzt mit durchgedrücktem Kreuz auf einem Biedermeierstuhl und tupft sich mit einem Stofftaschentuch unter den Augen herum. Allerdings kann Jule keinen Tränenfluss ausmachen, der diese Maßnahme rechtfertigen würde, und irgendwie passen Tränen auch gar nicht zu dieser aufgeräumten Frau. Martha Felk ist groß und dünn wie ein Rohr, ihr Haar ist akkurat kurz geschnitten und kastanienbraun gefärbt. Alles an ihrem Gesicht erscheint eckig; die dünne Nase, auf der eine randlose Brille mit vergoldeten Bügeln balanciert, das schwere Kinn, die Mundwinkel, die Hände, die Knie. Dem Anlass entsprechend trägt sie einen schwarzen Wollrock und einen schwarzen Pullover, von dem sich der Anhänger mit dem goldenen Kreuz deutlich abhebt. Das Ganze könnte elegant aussehen, würden ihre dürren bestrumpften Beine nicht in beigefarbenen Hauspuschen stecken.
    Eine Pendeluhr rasselt und beginnt zu schlagen. Zwei Uhr. Soeben hat

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