Totenfeuer
Personal?«, fragt Jule.
»Personal?« Martha betrachtet Jule, als hätte diese etwas Unanständiges oder zumindest völlig Abwegiges gesagt. »Nein, das wollen wir nicht. Fremde Leute bescheißen einen doch nur. Zur Heuernte oder wenn Ernst unterwegs ist, kommen ab und zu ein paar Schüler zum Helfen. Die kriegen das bar auf die Hand.«
Ernst Felk kommt auf das Thema Erbschaft zurück: »Nach dem Tod meiner Mutter habe ich die Möglichkeit einer Schenkung bei meinem Vater vorsichtig angesprochen, aber er hat recht mürrisch reagiert. Also habe ich es so gelassen, wie es ist. Für uns hat sich dadurch im Grunde ja nichts geändert.«
»Nur dass wir jetzt einen Haufen Steuern zahlen müssen«, bemerkt Martha mit gifttriefender Stimme.
»Haben Sie Ihren Vater oft im Altenheim besucht?«, fragt Fernando in beiläufigem Ton.
»Jeden Sonntag«, antwortet Ernst.
»Ich möchte wirklich gerne wissen, was das mit Roland zu tun hat?«, ereifert sich Martha Felk.
»Und Sie, Frau Felk? Haben Sie Ihren Mann ins Altenheim begleitet? Oder waren Sie auch mal alleine dort?«, nimmt ihr Jule den Wind aus den Segeln.
»Ich bin hin und wieder mitgekommen. Aber nicht sehr oft, es war ja schließlich sein Vater«, antwortet Martha mürrisch und legt dann los: »So langsam kann ich mir denken, woher der Wind weht. Was hat Anna Ihnen über mich erzählt? Dieses kleine Miststück hat mich noch nie leiden können, zeit ihres Lebens hat die gegen mich intrigiert.«
»Jetzt reiß dich doch zusammen, Martha«, zischt ihr Ehemann.
»Ist doch wahr. Schon als kleines Mädchen ist sie rumgelaufen und hat im Dorf rumposaunt, ich sei eine böse Hexe.«
»Mein Gott, Martha, da war das Kind fünf! Wie kann man so nachtragend sein?«
»Das kam alles von ihrer Mutter. Die feine Dame mochte mich von Anfang an nicht, so was überträgt sich.«
»Martha, es reicht jetzt!« Ernst Felk ist aus seinem Sessel aufgestanden und fixiert seine Frau, die daraufhin den Mund hält.
»Herr Felk, wann waren Sie das letzte Mal bei Ihrem Vater?«, meldet sich Fernando wieder zu Wort.
»Am letzten Mittwoch.«
»Warum Mittwoch?«
»Weil ich am Sonntag davor nicht wegkonnte, da hat eine Stute gefohlt.«
»Waren Sie alleine dort?«
»Ja. Da war er noch ganz fit, wir waren sogar zusammen im Garten. Warum fragen Sie das alles? Stimmt was nicht?«
»Doch, doch, es ist alles in Ordnung«, behauptet Fernando, der allmählich zu der Erkenntnis kommt, dass Annas Mordverdacht eine wichtige Grundlage fehlt, nämlich ein Motiv. Dass Martha ein Drachen ist, hat sich zwar bestätigt, aber auch Drachen töten nicht ohne Grund.
»Wie oft haben Sie Ihren Bruder Roland gesehen, Herr Felk?«, will Jule nun wissen.
»Nicht oft. Wir waren sehr verschieden. Jetzt, im Nachhinein, tut es mir leid.«
»Ernst war früher so stolz auf ihn, jedem hat er erzählt, dass sein kleiner Bruder Arzt ist. Und dann schmeißt der alles hin! Wir haben das nie verstanden. Was haben sich die Leute hier das Maul darüber zerrissen! Andauernd sind wir darauf angesprochen worden, und man hat dumme Witze gemacht. Deswegen ist Ernsts Vater auch in dieses teure Heim in Waldhausen gegangen, weil er sich geschämt hat. Und das war bestimmt auch der Grund, warum Anna in die Stadt gezogen ist.«
»Das kannst du doch gar nicht wissen«, widerspricht ihr Mann energisch. »So ein junges Ding will nun mal lieber in der Stadt wohnen, das ist doch ganz normal! Außerdem studiert sie schließlich dort.«
»Haben Sie sich auch für Ihren Bruder geschämt?«, fragt Jule den Hausherrn.
»Unsinn. Niemand hat sich hier geschämt.« Wieder wirft Ernst seiner Frau einen wütenden Blick zu.
Inzwischen kann Fernando gut verstehen, warum Annas Großvater lieber ins Altenheim gezogen ist. Es ist eher verwunderlich und zeugt in seinen Augen von bemerkenswertem Durchhaltevermögen, dass er damit so lange gewartet hat.
»Sie gehen offensichtlich auch zur Jagd, Herr Felk?«, wechselt Jule das Thema und deutet auf die Knochen an der Wand.
»Hin und wieder. Manchmal sitze ich auch nur einfach so ein paar Stunden draußen und beobachte das Wild. Das ist sehr erholsam.«
Das kann Jule sehr gut verstehen. Ob Leonard und seine Frau auch so sind – oder waren? Was er wohl gerade tut? Ob er noch da ist, wenn sie nach Hause kommt? Heute Morgen zumindest hat er es ihr versprochen.
»Was da an der Wand hängt, ist uralt, das meiste stammt aus meiner Jugend oder noch von meinem Vater«, erklärt Ernst Felk gerade.
»Besitzen
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