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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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nie Opfer von Dir gefordert. Du bist nach wie vor ein wichtiger Mensch für mich, ich würde Dich gerne in guter Erinnerung behalten. Herzlichst, Roland.
    Meine blaue Blume , so hat mich ja noch keiner genannt, amüsiert sich Oda. Was für ein Opfer meint er, was hat die blaue Blume für ihn riskiert – ihren Blumentopf? Mann, Kinder, Ehe, Haus, Job? Hat sie etwas Kriminelles getan? Klingt nach verheirateter Frau, findet Oda und liest weiter. In einer Mail vom 23. Mai nennt F . den Doktor nicht mehr Liebster , sondern Du Feigling und beschimpft ihn außerdem als Egoisten, Schmarotzer, Ignoranten, Lügner, arroganten Arsch und Scharlatan und kommt zu dem Schluss, dass der Sex mit ihm so unvergleichlich auch wieder nicht gewesen sei. Zum Abschied wünscht sie ihm die Pest an den Hals und verflucht ihn nach allen Regeln der Kunst.
    Diese F . muss gefunden werden! Zwar liegen die Mails schon drei Jahre zurück, aber Rache ist ja bekanntlich ein Gericht, das man kalt verspeist. Oder aufgewärmt. Möglicherweise, überlegt Oda, lief vor ein paar Tagen im Leben dieser Frau etwas anderes gründlich schief, und sie gelangte zu der Erkenntnis, dass im Grunde ihr Exliebhaber die Wurzel allen Übels ist, denn der Mensch neigt dazu, die Schuld für sein Elend bei anderen zu suchen.
    Es klopft. Frau Cebulla kommt herein und legt einen Zettel auf den Tisch. »Hier ist die Adresse von diesem Konrad Klausner. Die Prozessakte dauert aber noch, die kriegen wir morgen, wenn wir Glück haben.«
    »Danke«, murmelt Oda, ohne den Blick von den E -Mails zu nehmen.
    »War das ein Patient von Dr. Felk?«, fragt Frau Cebulla.
    Oda hebt den Kopf. »Wer, Klausner? Nein. Seine Frau war Felks Patientin. Er glaubt, dass Felk schuld an ihrem Tod ist.« Seit wann interessiert sich Frau Cebulla für die Details unserer Ermittlungen, fragt sich Oda. Doch egal, dieser Eifer will genutzt sein: »Tun Sie mir noch einen Gefallen, Frau Cebulla? Forschen Sie nach, ob Dr. Felk vor etwa drei Jahren mal eine Anzeige bei der Polizei aufgegeben hat wegen Belästigung oder Ähnlichem, und zwar gegen eine Frau, deren Vorname mit F beginnt.«
    »Mach ich«, versichert die Sekretärin bereitwillig und bemerkt dann: »Sie rauchen ja gar nicht.«
    »Muss ich?«
    »Stimmt es, dass der Dr. Felk erschossen worden ist?«
    »Ja. Schrotschuss aus nächster Nähe ins Herz. Kannten Sie ihn etwa?«
    »Aber ja! Ich bin ja … ich war ja … Na, egal. Das ist auf jeden Fall furchtbar. Wer bringt denn so einen wunderbaren Menschen um?« Frau Cebulla schüttelt bekümmert den Kopf und will hinausgehen.
    »Warten Sie!«, ruft Oda, die plötzlich ein Geistesblitz streift. »Waren Sie bei ihm in Behandlung?«
    Frau Cebullas Gummisohlen kommen mit einem letzten Quietscher zum Stehen. Sie nickt etwas verlegen.
    »Darf ich Sie fragen …«, beginnt Oda. »Ich bin Ihnen aber nicht böse, wenn Sie … ich meine, das ist ja nun wirklich Ihre Privatangelegenheit, aber ich würde schrecklich gerne wissen, was er in seiner Praxis so gemacht hat. Und ob es half. Es bleibt natürlich unter uns.«
    Nach kurzem Zögern erklärt Frau Cebulla, sie habe Dr. Felk vor zwei Jahren wegen anhaltender Schlafstörungen aufgesucht. Sie habe halbe Nächte nicht geschlafen, sei jeden Morgen erschöpft aufgestanden und habe keine Freude mehr am Leben und am Beruf gehabt. »Mein Arzt hat mir zuerst irgendwelche nutzlosen Tropfen verschrieben, danach hat er mir gleich Valium und solche Hämmer verpassen wollen, aber das wollte ich nicht. Eine Bekannte erzählte mir von Dr. Felk, und ich dachte, ich probiere es mal. Und nachdem ich ein paarmal da war, war ich ein ganz neuer Mensch. Ich habe nicht nur wieder gut geschlafen, sondern mich insgesamt besser gefühlt. Ich habe einen Tanzkurs gemacht und mir eine neue Matratze gegönnt.«
    »Das mit der Matratze hätte Ihnen doch jeder raten können«, bemerkt Oda ketzerisch. Wahrscheinlich hätten eine neue Matratze und die Lektüre von einem dieser Glücksfindungsratgeber, wie sie stapelweise in den Buchhandlungen liegen, geholfen. Sie hat den Verdacht, dass es weniger die Schlafstörungen waren, sondern viel eher Einsamkeit sowie Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und Zuwendung, was diese patente Frau in Felks Praxis getrieben hat. Besser man fragt erst gar nicht, was der ganze Zinnober gekostet hat. Gleichzeitig streift Oda der Anflug eines schlechten Gewissens. Seit einigen Jahren arbeitete die unscheinbare Mittfünfzigerin nun schon für dieses Dezernat, aber Oda weiß

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