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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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wiederkommen, eine Behandlung ist zu wenig«, hat er geantwortet, und Oda hat es ihm versprochen.
    Felks Posteingang umfasst nur wenige Nachrichten jüngeren Datums: Terminänderungen, Bitten um Auskünfte zu verschiedenen Angeboten, Offerten und Rechnungen von Lieferanten. Offenbar war Felk ein ordentlicher Mensch, der keinen Datenmüll auf seinem PC haben wollte. Aufschlussreicher ist der Ordner »Privat«. Hier gibt es Mails von seiner Tochter Anna, die letzte ist zehn Tage alt. Hallo Paps, schau mal, ich war gestern mit Opa im Garten, er bedankt sich für das Kirschkernkissen. Könntest du mir vielleicht 100 Euro überweisen, ich bin diesen Monat irgendwie knapp, seit Frauke ausgezogen ist, muss ich ja die ganze Miete alleine zahlen, und ich hatte noch keine Zeit, mich um eine neue Mitbewohnerin zu kümmern. Danke!!! Kommst du an Ostern mal vorbei und bringst mir ein Osternest J ?
    Die Mail ist beantwortet worden mit: Ich schick dir dreihundert, Gruß Papa . Angehängt an Annas Mail ist das Foto eines alten Mannes, der auf einer Bank unter einer Kastanie sitzt, im Hintergrund blühen Narzissen. Das zerfurchte Gesicht hat angenehme Züge, sein weißes Haar ist aus der Stirn gekämmt und noch bemerkenswert voll, er sitzt entspannt da, die Ellbogen auf der Lehne, und lächelt ein bisschen verlegen. Er ist gekleidet, als würde er ausgehen, mit einem hellblauen Hemd, einem dunkelgrauen Jackett, dunklen Hosen und Straßenschuhen. Er blinzelt in die Sonne und lächelt ganz leicht. Wahrscheinlich ist dies das letzte Foto von ihm, vermutet Oda. So möchte man aussehen, wenn man neunzig ist – und dann über Nacht an einem Herzschlag sterben. Irgendwie beneidenswert. Ob er wohl geraucht hat? Oda schielt auf ihre Packung Zigarillos. Nein, zuerst die Arbeit, beschließt sie und widmet sich den nächsten Ausdrucken.
    Es gibt etliche Nachrichten von Frauen, die sich mehr oder weniger überschwänglich für die anscheinend erfolgreiche Behandlung bedanken und dabei anklingen lassen, dass sie an einem privaten Kontakt mit ihrem Wohltäter durchaus interessiert wären. Fast immer betonen sie dabei, dass sie so etwas normalerweise nicht tun, aber der Doktor sei eben ein besonders faszinierender, wunderbarer Mensch. Die ältesten Mails sind vier Jahre alt, offenbar der Zeitpunkt, zu dem der Computer gekauft wurde. Die Antworten des Doktors, die Oda aus dem Ordner »Gesendet« fischen konnte, bestehen in mehreren Fällen aus nett formulierten Absagen, aber nicht immer. Offenbar hat sich Roland Felk nach dem ersten Schock über den Tod seiner Frau mit seiner neuen Existenz als Single bemerkenswert gut arrangiert, denn einigen Frauen hat er sogar seine private Telefonnummer mitgeteilt. Oda wüsste zu gerne, ob er ein treuer Ehemann gewesen war. Wer weiß, ob sein Berufswechsel wirklich das Resultat seiner Enttäuschung über den Krebstod seiner Frau war? Vielleicht war das nur die Version, die er Anna erzählt hat, und in Wirklichkeit hat er darauf spekuliert, dass er als Guru bessere Chancen bei den Damen hat? Nein, bremst sich Oda, das ist zu boshaft gedacht.
    Eine Dame, die sich in ihrer Hotmail -Adresse Deepblue1208 nennt, bedankt sich für eine wunderbare Nacht und erwähnt noch dazu einige Details derselben. Unterzeichnet ist die Mail, die vom 14. November des Jahres 2006 stammt, mit F . Es gibt noch ein knappes Dutzend ähnlicher Mails von F . Ein halbes Jahr später, am 5. Mai, scheint jedoch etwas schiefgelaufen zu sein zwischen F . und dem Doktor. Wo warst Du, warum hast Du Dich nicht gemeldet? Liebster, was habe ich getan, dass Du mich so behandelst? Bitte melde Dich bei mir! Bitte! Die Antwort auf diese Botschaft ist kurz und lautet nur: Sorry, ich war verreist. Ich ruf Dich an.
    Na, wenn da mal nicht gewaltig der Wurm drin ist, denkt Oda und nimmt sich das nächste Blatt vor. Zwei Wochen später schreibt dieselbe Frau: Liebster, ich habe auf Dich am Treffpunkt gewartet, aber Du bist nicht gekommen. Deine Ausreden lasse ich nicht gelten. Ist Dir eigentlich klar, was ich alles für Dich riskiert habe? Und Du wirfst mich weg wie einen alten Schuh!
    Die Antwort von Felk lautet: Meine blaue Blume, es tut mir leid, dass Du so verletzt bist und Dich weggeworfen fühlst. Du bist eine wunderbare Frau, und ich bedaure, wenn Du Dir vergeblich Hoffnungen gemacht hast. Wie ich Dir schon neulich erklärt habe, bin ich aber nicht der Richtige für das Leben, wie Du es Dir vorstellst. Wir hatten eine sehr schöne Zeit, aber ich habe

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