Totenfeuer
rasch irgendwo eine Currywurst gegessen. Er beugt sich zu Oscar hinunter und krault ihn zwischen den Ohren. »Tja, mein Lieber. Bald heißt es Abschied nehmen. Aber auf so einem großen Gut, da gefällt es dir bestimmt.«
»Fahrkartenkontrolle, die Fahrscheine bitte!« Zwei ältere Herren in blauen Anoraks kommen auf ihn zu. Völxen zeigt seine Monatskarte her.
»Und der Hund?«
»Was ist mit dem?«
»Wo ist der Fahrschein für den Hund?«
»So ein kleiner Hund braucht einen Fahrschein?« Völxen merkt, wie ihm heiß und kalt wird.
»Jeder Hund braucht einen Fahrschein, egal wie groß oder wie klein«, klärt ihn einer der beiden Kontrolleure auf.
Nun gut. Sie wollen es ja nicht anders. Völxen zückt seinen Dienstausweis. »Hauptkommissar Bodo Völxen, Kripo Hannover. Dies ist ein Einsatz, und der Hund ist ein … ein Beweismittel.« Das Wort Diensthund hat Völxen schon auf der Zunge gelegen, aber das würden sie ihm niemals abnehmen.
Dennoch antwortet der Kontrolleur unbeeindruckt: »Das glauben Sie doch wohl selbst nicht. Ich muss Sie bitten, am nächsten Bahnhof mit uns auszusteigen, damit wir Ihre Personalien aufnehmen können.«
Die ersten Köpfe wenden sich ihnen zu, in Völxen regt sich Unmut. »Jetzt passen Sie mal auf: Ich ermittle in einem Tötungsdelikt. Möchten Sie, dass morgen in der Presse steht Üstra-Kontrolleure vereiteln Festnahme eines Mörders ? Sie können meine Personalien haben, meinetwegen, dann wird mein Chef, der Polizeipräsident des Landes Niedersachsen, das mit Ihrem Chef regeln. Aber ich steige aus, wann es der Einsatz erfordert, haben wir uns verstanden?« Ohne es zu merken, ist Völxen laut geworden. Die anderen Passagiere verfolgen das gebotene Schauspiel interessiert. Oscar knurrt die beiden Männer an.
Der zweite Kontrolleur, der bisher geschwiegen hat, zupft den Kollegen am Ärmel und wispert ihm etwas zu, es entspinnt sich ein kurzer Dialog. »Gut, Sie können sitzen bleiben, aber ich nehme Ihre Personalien auf, und Sie bekommen einen Bußgeldbescheid«, lenkt der Ältere schließlich ein.
Völxen hält ihm zähneknirschend seinen Personalausweis hin und sagt: »Und Ihre Personalien hätte ich dann auch gerne.«
»Unsere?«
»Ja, allerdings. Als Polizeibeamter bin ich zur Personenkontrolle berechtigt. Also, Ihre Personalausweise bitte, aber rasch, gleich kommt meine Station. Sonst muss ich Sie bitten, mit mir auszusteigen.«
»Komm, lass gut sein«, sagt der zweite Kontrolleur zu seinem Kollegen.
»Meinetwegen«, knurrt der erste widerstrebend. »Wir drücken noch mal ein Auge zu. Aber in Zukunft muss der Hund einen Fahrschein haben.«
»Selbstverständlich«, antwortet Völxen. Als er wenig später sein Fahrrad loskettet, sagt er zufrieden: »Siehst du, Oscar, so muss man mit denen reden.«
Im Grunde spricht nichts dagegen, den Hund zuerst bei den Felks abzuliefern und dann die anderen Gänge zu erledigen, aber etwas in Völxen sträubt sich dagegen, deshalb führt ihn sein Weg zuerst zu einem älteren Backsteinhaus an der Ortsdurchfahrt von Linderte. Das Gehen an der Leine neben dem Fahrrad scheint für Oscar nichts Neues zu sein. Fix wie eine Nähmaschine tippelt er neben Völxen her.
Frau Rokall steigt gerade aus einem Peugeot 206 . Sie ist eine dieser sehr dünnen, stark geschminkten Frauen, die sich gerne mit voluminösem Schmuck, breiten Gürteln und schnallenbewehrten Handtaschen behängen, ein Typus, den man sonst eher in Hannovers City oder in der List zu sehen bekommt. Sie zeigt sich etwas verwundert über das Anliegen des Kommissars und seine Begleitung, aber dann ruft sie durch das Haus nach ihrer Tochter.
Maren, blond, mopsgesichtig und ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter eher zur Molligkeit tendierend, kommt die Treppe herunter.
»Die Polizei will dich sprechen«, sagt Frau Rokall, und die Frage »Hast du was angestellt?« liegt greifbar in der Luft.
Völxen stellt sich noch einmal vor und fragt das Mädchen: »Können wir ein paar Schritte spazieren gehen?«
Maren nickt und streichelt Oscar. »Süßer Hund.« Ihre Fingernägel sind schwarz lackiert. Zu dritt gehen sie die Straße hinunter, wobei Oscar alle paar Meter seine Duftmarken setzt.
»Du bist Matzes Freundin?«
»Ja. Seit einem Jahr«, bestätigt das Mädchen.
»Wie alt bist du?«
»Achtzehn.«
»Bist du auch in der Landjugend?«
»Nein. Aber ich bin ganz oft dabei. Eigentlich schon, ja.«
Sie biegen in einen Feldweg ein, der durch die Äcker führt.
»Dein Freund ist da so
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