Totenflut
kaufen müssen. Heute Abend war ihm nicht nach Lachen zumute. Er sank auf den Stuhl und blieb niedergeschlagen vor dem Herd sitzen.
Kapitel 8
Es war ein kühler Samstagabend. Der Regen hatte die Temperaturen sinken lassen, und eine feuchte Kälte lag in der Luft. Nebel hatte sich in den Senken und auf den Feldern gebildet. Ein Bus fuhr durch die Nacht. Seine Scheinwerfer brachten die Nebelschwaden zum Glühen. Die Feuchtigkeit legte sich in winzig kleinen Tröpfchen auf die Scheiben.
In der hintersten Reihe saÃen Jenni, Marie, Kelly und Lisa. Sie waren auf dem Weg in die Disco, wie der Rest der Fahrgäste auch, aber sie waren mit Abstand die jüngsten. Sie hatten alles daran gesetzt, ihr Alter von fünfzehn Jahren mit Schminke und freizügiger Kleidung um mindestens drei Jahre anzuheben. Und man musste tatsächlich einen zweiten Blick auf sie werfen, um zu erkennen, wie jung sie wirklich waren. Kelly und Lisa schminkten sich ein letztes Mal im Bus und zupften an ihren Frisuren herum.
»Ihr seht aus wie zwei Nutten!«, sagte Jenni, und die Mädchen brachen in lautes Gelächter aus.
»Hauptsache, wir sehen aus wie achtzehnjährige Nutten!«, entgegnete Kelly.
»Und wenn sie uns dann immer noch nicht reinlassen wollen, hol ich die hier raus!«, sagte Lisa und drückte ihre groÃen Brüste hoch. Die Mädchen begannen zu kreischen, und die anderen im Bus drehten sich zu ihnen um.
Sie waren angekommen, und der Bus entlieà die Jugendlichen auf die schwach beleuchtete StraÃe. Die Mädchen gingen im Pulk zu der auf einer Freifläche stehenden Disco, die in der diesigen Luft aussah wie ein soeben gelandetes Raumschiff.
»Wir gehen am besten einzeln rein. In der Gruppe wissen die gleich Bescheid«, sagte Marie.
»Okay, und werâs rein schafft, geht auch rein! Wer nicht, hat Pech gehabt!«, sagte Kelly. Sie wollten endlich ihre erste Disconacht erleben, auch wenn das bedeutete, dass es nicht alle vier schafften. Sie küssten sich ein letztes Mal und mischten sich dann unter die anderen Besucher. Marie stand ganz hinten in der Schlange. Ein paar Meter vor ihr stand Kelly. Am Eingang warteten vier Türsteher in schwarzen Bomberjacken, die einige Jungen aus der Schlange holten und sie nach Waffen abtasteten. Marie versuchte, ihre Nervosität zu verbergen, und schaute sich von den älteren Mädchen ab, wie die sich verhielten. Jetzt fiel ihr auf, dass kein Mädchen alleine hier rein wollte. Mädchen gingen immer in der Gruppe. Ihr Vorschlag war ein Fehler gewesen.
Jetzt war Kelly an der Reihe. Sie geriet an einen groÃen glatzköpfigen Türsteher. Er nahm sie kurz in Augenschein und winkte sie dann durch. Marie lächelte aufgeregt. Kelly war drin. Und die anderen konnte sie auch schon nicht mehr sehen. Auch sie mussten es geschafft haben. Vor ihr waren noch zwei Jungen. Der Türsteher nahm den ersten beiseite und tastete ihn ab. Sein Freund wartete brav hinter ihm. Marie hatte jetzt freie Sicht in die Disco. Sie konnte Kelly, Lisa und Jenny schon im pulsierenden Licht stehen sehen. Der Weg war doch im Grunde frei. Der Türsteher war beschäftigt. Wahrscheinlich würde er gar nicht richtig auf sie achten. Also ging Marie schnell hinter den Jungen vorbei auf ihre Freundinnen zu.
»Stopp, Stopp, Stopp!«, hörte sie plötzlich die Stimme des Türstehers. Sie spürte eine dicke, fleischige Hand auf ihrer Schulter und drehte sich um.
»Nicht so schnell! Dein Ausweis!«, sagte der Mann.
Marie wusste nicht, was sie tun sollte. Sollte sie lügen und behaupten, sie hätte ihn nicht dabei? Aber das taten sicher alle. Der Kerl würde sie durchschauen. Sie dachte, sie sollte besser ehrlich sein, und gab ihm den Ausweis.
»Tut mir leid«, sagte er kurz.
»Aber meine Freundinnen sind schon drin!«, rief Marie und deutete auf Kelly.
»Tut mir leid!«, beharrte der Türsteher und drückte sie in Richtung Ausgang. Maries Enttäuschung war so groÃ, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Jetzt war sie allein hier drauÃen. Ihre Freundinnen würden drinnen tanzen, trinken und Spaà haben, während sie nach Hause fahren musste. Augenblicklich schämte sie sich für ihr Outfit. Wie gern hätte sie jetzt eine Jacke gehabt, um sich darin zu verstecken, um zu verbergen, was sie heute Abend vorgehabt hatte. Sie ging bis zur StraÃe und drehte sich noch einmal um. Sollte sie es
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