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Totenflut

Titel: Totenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bent Ohle
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jemanden passen, den ich kenne. Es fällt mir unendlich schwer, das zu sagen, weil ich das Gefühl habe, ihn zu verraten. Aber ich glaube, es könnte mein Sohn sein!«
    Brenders Augen schwammen in Tränen. Sein Kinn zitterte.
    Â»Ihr Sohn? Das ist in der Tat ein schwerer Schritt für Sie! Wie kommen Sie darauf?«
    Â»Es passt alles! Mein Sohn ist jetzt 45 Jahre alt. Er war schon immer sehr ordentlich, wissen Sie? Schon als Kind! So ein Kinderzimmer haben Sie noch nicht gesehen! Fast so, als wohne niemand darin. Er war sehr gut in der Schule, besonders in Mathematik. Aber er war ein Außenseiter. Hatte eigentlich keine Freunde. Ich hab nie Freunde von ihm bei uns zu Hause gesehen. Komisch, nicht? Ein Junge sollte doch mit anderen Fußball spielen oder Unsinn machen. Er nicht. Er war schwer zugänglich, sehr verschlossen. Da war immer eine Distanz zwischen uns. Ich weiß auch nicht. Später hat er dann Medizin studiert. Und als meine Frau und ich uns trennten, wohnte er bei mir. Er hat das nur schwer verwunden, glaube ich. Die Trennung. Er ist … er hat psychische Probleme bekommen. Wir waren aber nie beim Arzt mit ihm. Er war nur manchmal sehr schwermütig, manchmal auch aggressiv. Ich bin sicher, er hätte Hilfe gebraucht, professionelle meine ich. Ich hätte besser auf ihn achten müssen. Ich hätte besser auf ihn achten müssen!«
    Â»Herr Brender, in der Tat trifft ihre Beschreibung teilweise auf das Profil zu. Aber das kann doch nicht der Grund sein, warum Sie hier sind! Sie müssen doch einen Grund haben, warum Sie denken, dass Ihr eigener Sohn fähig wäre, mehrere Menschen zu ermorden!«, sagte Elin.
    Brenders Verzweiflung brach aus ihm heraus. Tränen liefen ihm übers Gesicht, die er schnell mit einem Stofftaschentuch wegwischte. Er schämte sich furchtbar für seine Tränen und für das, was er hier tat und früher getan hatte.
    Â»Mein Sohn … noch als er klein war, so zwölf oder dreizehn, da hab ich ihn in unserem Badezimmer erwischt. Unsere Nachbarn hatten ein Katze, wissen Sie? Er hatte die Katze getötet und in die Badewanne gelegt. Da war überall Blut. Er hatte ihr die Pfoten abgeschnitten und den Schwanz. Ich habe ihn erwischt, wie er … wie er … er onanierte. Und die Katze lag da in der Wanne …
    Aber das ist noch nicht alles. Oh Gott, ich schäme mich so, ich habe alles falsch gemacht, ich hätte etwas tun müssen …«
    Elin legte ihre Hand auf die von Brender. Schröder registrierte diese Geste mit einem Gefühl von Stolz und Befriedigung.
    Â»Ich glaube, so was mit Tieren hat er öfter gemacht. Ich hab es zwar nie gesehen, aber man hörte ja, wenn in der Nachbarschaft wieder ein Tier verschwunden war. Als er dann bei mir wohnte, da war er ja schon siebzehn, achtzehn, da stand plötzlich die Polizei vor der Tür. Angeblich sollte er eine Frau angegriffen haben. Er hatte ein Messer und wollte sie umbringen. Aber die Frau schrie um Hilfe, und es kamen andere Leute. Einer wollte meinen Sohn erkannt haben. Es kam sogar zu einer Anklage, doch die wurde aus Mangel an Beweisen fallengelassen.«
    Schröder und Elin sahen sich an. Beide hatten immer mehr das Gefühl, dass dieser Mann gerade die Geschichte des Mörders schilderte, den sie suchten.
    Â»Ich erzähle Ihnen das, weil ich mich schuldig fühle. Ich habe das jahrelang für mich behalten. Ich habe nie darüber gesprochen, mit niemandem. Ich muss es jetzt sagen, ich muss darüber reden!
    Ein paar Monate danach wurden in Berlin und in der Umgebung junge Frauen als vermisst gemeldet. Das war sehr ungewöhnlich bei uns. Oh, hatte ich erwähnt, dass wir in Ost-Berlin lebten? Ich weiß nicht mehr.«
    Â»Sie haben in der DDR gelebt?«, fragte Schröder.
    Â»Ja. Und da war ein Verschwinden … so was gab es nicht. Wo konnten wir schon hin? Jedenfalls waren drei oder vier Mädchen verschwunden, als eines Tages die Polizei bei mir auf der Arbeit auftauchte. Sie nahmen mich mit. Ich wusste gleich, dass ich jetzt zur Stasi gebracht wurde. Sie brachten mich in einen Verhörraum, ohne Fenster, kalt, nackte Wände und nur ein Licht. Sie legten mir Fotos von dem Mädchen vor, das mein Sohn angegriffen haben sollte. Und sie zeigten mir auch Fotos einer Frauenleiche, die sie gefunden hatten. Wie ich später erfuhr, war das nur ein Trick, um mich dazu zu bewegen, für sie zu arbeiten. Es hat

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