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Totenflut

Titel: Totenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bent Ohle
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funktioniert. Auch dafür schäme ich mich.«
    Â»Sie wurden auf Ihren eigenen Sohn angesetzt?«
    Brender nickte traurig.
    Â»Wir wohnten zusammen! Ich musste alles protokollieren. Wann und wie lange er aus dem Haus ging, mit wem er sich traf, seine sexuellen Vorlieben … einfach alles.
    Ein Jahr später zog er aus. Aber ich besuchte ihn öfters. Ich wusste, dass mit ihm etwas nicht stimmte, ich wusste, dass er schreckliche Dinge tat, und ich habe nichts gesagt!«
    Â»Sie logen gegenüber der Stasi?«, fragte Schröder.
    Â»Er ist mein Sohn. Ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben, aber man will doch seine Kinder schützen um alles in der Welt! Ich konnte es ihnen nicht sagen! Man hätte ihn getötet, exekutiert!«
    Â»Sie sagten, Sie wussten, was er tat?«, hakte Elin nach.
    Â»Ich ahnte es. Man hörte ja von den vermissten Frauen, und die Stasi machte mir Druck. Eines Abends kamen sie zu mir und zeigten mir Bilder von einem Massengrab, das sie gefunden hatten. Zehn junge Frauen hatten sie darin gefunden! Zehn! Wenn Sie so etwas sehen … ich habe das nicht mehr mit meinem Sohn in Verbindung gebracht! So etwas Schreckliches ist zu weit entfernt von einem selbst, verstehen Sie? Ich denke, von da an habe ich mich auch selbst belogen.«
    In dem Moment, da Brender das Grab erwähnte, gab es keine Zweifel mehr. Schröder und Elin waren wie von einem Stromschlag getroffen. Trotzdem wollte Elin ganz sichergehen.
    Â»Dieses Grab, gab es da irgendwelche Besonderheiten? Wo war es?«
    Â»Sie hatten es in einem Waldgebiet am Müggelsee entdeckt! Mein Sohn kannte das Gebiet. Wir waren früher oft im Urlaub dort.«
    Â»Er hat also ein großes Loch ausgehoben?«
    Â»Nein! Das war merkwürdig! Er hatte sie alle einzeln vergraben. In zwei Linien. Es sah aus wie eine Eins, wie eine große Eins!« Brender malte die Form auf der Tischplatte nach. Er war der Vater des Mörders. Sie hatten den Vater des Mörders vor sich sitzen!
    Â»Herr Brender, wo ist Ihr Sohn jetzt?« Elin konnte ihre Aufregung kaum noch verbergen. Ihre Stimme zitterte.
    Â»Ich weiß es nicht! Aber denken Sie denn, dass er es wirklich ist?«
    Â»Herr Brender, die Gräber, die wir gefunden haben, waren ebenso angeordnet, wie Sie es beschrieben haben. Die Zahlen sagen etwas über die Anzahl der Opfer aus. Es sind insgesamt 108!«
    Brender war zutiefst erschüttert. Seine Gesichtszüge verzogen sich zu einer Grimasse aus Schmerz und Hilflosigkeit.
    Â»Was passierte weiter? Hat die Stasi ihren Angaben Glauben geschenkt?«
    Â»Die Wende! Die Wende kam! Plötzlich waren die Grenzen offen! Plötzlich war irgendwie alles vorbei! Und mein Sohn war verschwunden. Noch in der ersten Nacht. Seit der Grenzöffnung habe ich ihn nicht mehr gesehen. Er ist einfach verschwunden, ohne sich jemals wieder zu melden.«
    Â»Haben Sie ein Foto von ihm?«, fragte Elin.
    Brender kramte tränenblind ein Foto aus seiner Manteltasche und reichte es Elin. Es zeigte einen beleibten jungen Mann, der auf einer Couch saß und die Hand ausstreckte, weil er nicht fotografiert werden wollte.
    Â»Das ist von Weihnachten 1988.«
    Â»Wie heißt Ihr Sohn?«, fragte Schröder.
    Â»Axel. Axel Brender.«
    Kapitel 30
    In der Kriminaltechnik ließen sie ein Computerbild des Fotos erstellen, wie Axel heute aussehen könnte und gaben es an die Presse.
    Es gab kaum eine Tageszeitung, die das Foto nicht abdruckte. Auch in den Nachrichtenmagazinen im Fernsehen wurden das Computerbild und das alte Foto von Axel Brender gezeigt, mit dem Aufruf, sich bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden, wenn man glaubte, ihn zu erkennen. Und es wurde ein Kopfgeld ausgesetzt. Für sachdienliche Hinweise zu seiner Ergreifung gab es eine Belohnung von 50 000 Euro.
    Sicher hätte sich Axel längst einer plastischen Operation unterzogen haben können. Selbst wenn er nur seine Haare verändert hatte und man den natürlichen Alterungsprozess hinzurechnete, konnte man ihn heute vielleicht schon nicht mehr wiedererkennen. Dennoch war der Versuch notwendig. Und es gab jemanden, der ihn in jedem Fall wiedererkennen würde, wenn er ihn sähe. Sein Vater.
    Schröder und Elin hatten nun den Druck auf den Mörder erhöht. Er war zu einem Gejagten geworden, und praktisch die gesamte Nation war hinter ihm her. Er würde reagieren müssen, er würde sich andere Methoden suchen

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