Totengeld
Abfindungsvereinbarung und Verifikation. Wenigstens mit besserem Lay-out.
»Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.« Ich beendete das verlegene Schweigen. »Keine Entschuldigung. Ich hätte –«
»Das ist kein Problem, Zuckerschnäuzchen. Die sind noch vor Mittag bei den Akten.«
»Nenn mich nicht so.« Reflex.
»Okay.« Das alte Pete-Lächeln. »Honigmäulchen.«
Pete steckte die Papiere in die Innentasche seines schicken Sakkos und strich mir dann über die Hand.
Die Berührung. Seine Haut auf meiner. So vertraut.
Ich suchte nach einem neutralen Gesprächsthema.
»Ihre widerrechtliche Tötung, Anwalt. Wie läuft der Fall?«
»Das weiß ich erst, wenn der Arzt morgen früh seine eidesstattliche Erklärung abgibt.«
Ich erzählte ihm von dem Verfahren wegen beruflichen Fehlverhaltens, dem ich gerade noch entgangen war. Er erzählte mir von einem Zahn, der ihm Sorgen machte.
Gnädigerweise brachte April unsere Getränke. Pete nahm einen kräftigen Schluck. Ich nippte.
»Und bei dir?« Nach einer weiteren verlegenen Pause. »Wie läuft’s mit der Bullette?«
Die Bullette, Petes Spitzname für Andrew Ryan, Lieutenant-détective, Section des crimes contre la personne, Sûreté du Québec. Mein Kollege, wenn ich für das Laboratoire de sciences judiciaires et de médecine légale in Montreal arbeite. Mein Ja-und-nein-Liebhaber. Zurzeit nein. Für immer nein?
»Es geht ihm gut.«
»Bon.« Boun ausgesprochen.
»Sprich nie Französisch, Pete.«
Und frag nicht nach Ryan. Zwing mich nicht, über meine Befürchtungen wegen seiner kalten Schulter zu reden. Wegen der Funkstille zwischen uns.
Wenn Ryan und ich wirklich am Ende wären, dann wäre die Trennung nicht so erbärmlich wie die von Pete. Es würde keine Verbitterung, keine Angst geben. Kein überrumpeltes Kind, das eine Erklärung verdient hatte. Kein Auszug. Keine Aufteilung gemeinsamen Eigentums. Kein Anstehen bei der Kraftfahrzeugbehörde, um die Adressenänderung zu melden. Bei Ryan würde es nicht mehr geben als einen trüben Graben der Traurigkeit.
Ich konnte es nicht ertragen, darüber zu reden. Darüber nachzudenken.
»Ich stecke hier bis über beide Ohren in Arbeit«, sagte ich.
»Irgendwas Interessantes?«
»Vier mumifizierte Hunde aus Peru.«
Pete hob fragend eine Augenbraue.
Ich berichtete ihm von der Konfiszierung durch das ICE am Charlotte Airport.
Unsere Teller kamen, und für eine volle Minute waren wir mit Salz und Pfeffer, Steaksauce, Butter, Sauerrahm und Ketchup beschäftigt. April fragte, ob ich mehr Eis wolle.
Aus unerklärlichen Gründen wanderten meine Gedanken zu dem Mädchen im Kühlraum.
»Außerdem haben wir ein Teenager-Mädchen«, sagte ich zu Pete. »Wurde letzte Nacht an der Old Pineville Road überfahren.«
»Die Eltern müssen am Boden zerstört sein.«
»Wir wissen nicht, wer sie ist.«
»O Gott. Larabees Fall?«
Ich nickte. »Es gibt ein paar Spuren. Wenn Slidell nur in die Gänge kommen würde. Er hat sich in den Kopf gesetzt –«
»Seinen Schrumpfkopf.«
Ich lächelte. »Er hat sich in seinen Schrumpfkopf gesetzt, dass sie eine illegale Stricherin ist.«
»Beweise?«
»Pinkfarbene Handtasche, Einstichspuren und schlechte Zähne.«
»Das ist alles?«
»Gebleichte Haare, dunkle Haut, und in ihrer Handtasche ein Zettel auf Spanisch.«
»Skinny denkt, dass sie von südlich der Grenze stammt?«
Ich nickte.
Pete kicherte und schüttelte den Kopf. Er hatte Slidell kennengelernt und wusste, wie dickköpfig der Mann sein konnte.
Das Stimmengewirr verstummte. Dann erfüllte ein vielkehliges Stöhnen den Raum. Irgendein Sportereignis lief nicht gut für die Heimmannschaft.
Petes Rippchen waren abgenagt und aufeinandergestapelt, als er sein Besteck weglegte und sich den Mund abwischte.
»Kann ich dir noch was erzählen?«
»Klar.«
»Ich habe einen Freund, Hunter Gross. Ich glaube nicht, dass du ihn kennst. Sein Neffe John ist Lieutenant bei den Marines.«
»Semper fi.« Ich salutierte.
Pete hatte im Corps gedient, hatte immer noch eine kleine Flagge der Marines in seinem Büro stehen. An jedem zehnten November feierte er den Geburtstag des Corps mit seinen Ausbildungskameraden.
»Bis vor ein paar Monaten diente John als Zugführer in Afghanistan. Soweit ich die Geschichte verstehe, haben John und seine Männer den Befehl erhalten, ein Dorf zu durchsuchen.« Pete hielt inne, einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht. »Ich kenne die Details nicht so recht, aber dem Jungen wird der Mord an
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