Totengeld
Summer.
»Die Hochzeit ist in weniger als zwei Wochen.«
»Warte noch einen Tag. Das ändert sich wieder.«
»Sie ist in Panik.«
»Gib ihr eine Valium.«
»Sie mag dich sehr.«
»Hör zu, Pete. Summer ist dein Problem, nicht meins.«
»Ich weiß, ich weiß. Es ist nur so, dass ich die ganze Woche eidesstattliche Aussagen habe und gleich nach unserer Rückkehr aus Tahiti einen Prozess. Ich bin herumgelaufen und habe Fotografen ausgewählt, Dankeskarten ausgesucht, Unsinn, den du dir nicht vorstellen kannst. Jeden Tag gibt’s eine neue Krise.«
Typisch Pete. Zwei Jahrzehnte lang habe ich größtenteils die Verantwortung für die Kindererziehung auf mich genommen, weil sein beruflicher Terminkalender immer an erster Stelle stand. Elterliche Fahrgemeinschaften, Termine beim Arzt, beim Zahnarzt und beim Kieferorthopäden, Gymnastik-und Turnstunden, Ausflüge mit der Schwimmmannschaft.
Wenn du nicht so sehr damit beschäftigt gewesen wärst, dir über den Affenzirkus deiner Baby-Braut den Kopf zu zerbrechen, hättest du in diesen vergangenen Monaten vielleicht mehr auf deine Tochter geachtet und gemerkt, dass sie kurz davorstand, eine gefährliche Entscheidung zu treffen.
Doch auch das sagte ich nicht. Ich wartete, obwohl ich verärgert war und mir viel lieber ein Taxi gerufen hätte.
»Tempe. Hörst du mir noch zu? Ich brauche die Papiere.«
Die Scheidungspapiere. Ich hatte sie unterschrieben, aber Pete noch nicht zugeschickt. Hätte es allerdings ohne große Mühe tun können. Warum also diese Verschleppungstaktik?
»Okay. Sie liegen zu Hause auf meinem Schreibtisch. Ich hätte sie dir schon vor Ewigkeiten geben sollen. Tut mir leid. Du kannst natürlich jeder Zeit vorbeikommen und sie dir abholen. Dafür brauchst du mich nicht zum Essen auszuführen.«
»Ich will dich aber zum Essen ausführen.«
Ich wollte protestieren. Pete fiel mir ins Wort.
»Ich warte vor der Tür auf dich. Und ich verspreche dir was. Kein Wort über die Hochzeit.«
»Ich glaube nicht –«
»Wie wolltest du denn nach Hause kommen?«
Das war unfair, Pete.
8
Fünfzehn Minuten später hielt ein glänzendes, neues BMW -Cabrio am Bordstein. Rot mit schwarzen Ledersitzen.
Trophäenweibchen. Trophäenkarre. Ich musste mich beherrschen, um nicht die Augen zu verdrehen.
Weniger rühmenswert war Petes Modeempfinden. Natürlich zwängte er sich für das Gericht in Anzug und Krawatte, aber seine normale Bekleidung waren Golfhemd und Kakihose. Das Leitmotto meines Ex: bequem und lässig.
Als ich mich in den Beifahrersitz fallen ließ, hob ich erstaunt die Augenbrauen, als ich Sportsakko, blaues Hemd und eine marineblaue Bundfaltenhose sah.
»Heute sehen wir aber mal wieder schick aus.« Bis auf die fehlenden Socken in den Slippers.
»Ich führe eine wunderbare Dame zum Abendessen aus.«
Jetzt hatte ich das Augenverdrehen nicht mehr unter Kontrolle.
»Klasse Wagen.« Unverfänglich.
»Hab ihn für einen guten Preis bekommen.«
»Aha.«
»Ich bin übers Wochenende damit nach Asheville gefahren. Hat geschnurrt wie ein Kätzchen. Summer hat bei jeder Spitzkehre gekreischt. Ein oder zwei Mal hätte ich beinahe selber gekreischt.«
Alle kreischen.
»Ist von null auf hundert schneller, als du null auf hundert sagen kannst.«
Pete wusste, dass ich mir nicht viel aus Autos machte. Ich wusste, er griff nach jedem Strohhalm, um eine Erwähnung der bevorstehenden Heirat zu vermeiden.
Ich hielt mich an der Armlehne fest, als er aus dem Parkplatz schoss, nach links, nach rechts und dann wieder nach links abbog.
»Null auf hundert«, sagte ich grinsend.
»Hör dir mal die Anlage an.« Pete drückte auf irgendwas, und Maroon 5s Payphone hüllte uns in eine Lärmwolke, die jedes weitere Gespräch unmöglich machte.
Kurz nach dem Campus der Queens University bog Pete auf die Hauptzufahrt zu Shannon Hall ein, raste durch den Magnolientunnel und vorbei am Haupthaus mit den weißen Säulen und bremste schließlich kiesspritzend auf dem Parkplatz zwischen der Remise und dem Annex. Dann drehte er sich mir zu und wackelte mit beiden Augenbrauen.
»Nett.« Ich öffnete den Sicherheitsgurt.
»Ich warte hier.«
»Ich muss duschen.«
»Keine Eile.«
Ich streckte die offene Hand aus.
Pete zog die Schlüssel aus der Zündung, fummelte einen vom Ring und gab ihn mir.
»Danke.« Ich zog den Türgriff auf.
»Tempe?«
»Ja?«
»Sperr ihn nicht im Haus ein.«
Petes Handy war aus der Tasche, bevor ich aus dem Auto war.
Der Annex hat oben
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