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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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saß ich da. Slidell kommt zwar manchmal schwer in die Gänge, doch das macht er unterwegs schnell wieder wett. Außer er ist anderweitig beschäftigt. Zum Beispiel mit einem Vermisstenfall inklusive politischen Drucks.
    Ich stelle mir das Mädchen mit der pinkfarbenen Haarspange vor.
    Ich stelle mir Katy bei unserer letzten Begegnung vor, in Fort Hood am Abschlusstag ihrer Grundausbildung. Anstelle von Haarspangen trug sie Kampfmontur, Stiefel und ein schwarzes Barett. Ihr Körper war steinhart, ihre langen Haare am Nacken straff zusammengefasst.
    Während des ganzen Tages hatte ich mit Tränen des Stolzes zu kämpfen gehabt. Und mit Tränen der Angst.
    Dieselbe Angst empfand ich jetzt alleine in meinem Auto auf dem Parkdeck.
    Was, wenn Katy verschwand und niemand sich die Mühe machte, nach ihr zu suchen? Herauszufinden, ob sie tot oder am Leben war?
    Das menschliche Hirn ist eine Schaltstation, die auf zwei Ebenen funktioniert.
    Während meine Hand den Schlüssel drehte, schickte meine Denkzentrale Bilder einer verlassenen zweispurigen Straße.
    Anstatt nach Hause in Richtung Myers Park zu fahren, bog ich nach Norden zur I-77 ab.
    Nahm die südliche Auffahrt.
    Fuhr nach Woodlawn.

 
    9
    Das Teilstück der Old Pineville Road, auf dem ich fuhr, war früher die wichtigste Verbindungsstraße zwischen Charlotte und Pineville. Aber die Stadt und die Straße hatten beide schon bessere Tage gesehen. Und belebtere. Jetzt spielte sich das Leben auf dem South Boulevard weiter östlich ab, und nur wenige Autofahrer hatten diese Gegend als Ziel.
    Ich setzte den Blinker und trat auf die Bremse. Zwei Lichtkegel rasten auf mein Heck zu. Eine Hupe blökte, und eine große Masse schlingerte um mich herum, bis die Heckleuchten mich anstarrten wie glühend rote Augen in der Dunkelheit.
    Nachdem ich gewendet hatte, hielt ich am Straßenrand und schaute mich um. Keine Bürgersteige. Keine Ampeln. Für Fußgänger tödlich.
    An der Beifahrerseite verlief ein breiter Streifen mit Unkraut und Gestrüpp. Dahinter die Gleise der Lynx Blue Line, Charlottes erster und einziger Spur der Stadtbahn.
    War das Mädchen mit dem Zug gekommen? Zu welcher Station? Woodlawn? Scaleybark? Falls sie bei einer Lynx-Station ausgestiegen war, hatte vielleicht irgendjemand sie gesehen?
    War sie mit dem Auto gekommen? Zu Fuß? War sie allein? In Begleitung? Ein freundlicher Fremder, der ihr eine Mitfahrgelegenheit angeboten hatte? Einen Burger? Ein Getränk?
    Und vor allem, warum? Larabee schätzte den Todeszeitpunkt auf irgendwann zwischen elf und zwei. Was hatte eine Jugendliche mitten in der Nacht zu einer so isolierten Stelle gelockt? Ohne Jacke in der Kühle der Nacht.
    Ich wusste, dass die Spurensicherungstechniker jedes noch so winzige Beweisstück fotografiert und in Tüten gesteckt hatten. Was tat ich also hier nach meinem langen, frustrierenden, blasenziehenden Tag?
    Ich musste es selbst sehen. Hören. Schmecken. Ein Gefühl für den Ort entwickeln.
    Nachdem ich mir die Schlüssel nachdrücklich in die Tasche gesteckt hatte, stieß ich die Tür auf. Eine Windbö erfasste meine Haare und fuhr in den Saum meiner Jacke. Obwohl es tagsüber noch sommerlich war, kühlte die Luft mit dem Sonnenuntergang ab.
    Ich zog mir den Reißverschluss bis zum Kinn hoch.
    Ich war wärmer angezogen, als meine Unbekannte es gewesen war. Warum? Das modische Manifest einer Pubertierenden? Ein überstürzter Aufbruch? Die Erwartung eines Abends drinnen?
    Ich stellte mir die hochhackigen Stiefel und den Jeansrock vor. Bedeutungslos. Heranwachsende zogen sich so an, um im Einkaufszentrum herumzuhängen, zur Schule oder mit Freunden zu einer Party zu gehen.
    In der Ferne pfiff leise ein Zug. Nicht die Stadtbahn. Ein Güterzug auf dem Parallelgleis. Norfolk Southern? CSX ? Aberdeen, Carolina and Western?
    War das Mädchen aus einem Güterwaggon gesprungen und die Old Pineville Road entlanggegangen? Nicht sehr wahrscheinlich, aber möglich.
    Falls das Mädchen mit dem Auto gekommen war, dann war es zweifelhaft, ob sie darum gebeten hatte, hier herausgelassen zu werden. Hat der Fahrer sie zum Aussteigen gezwungen? Warum? Ein Streit? Der Abschluss eines Geschäfts?
    Ich dachte an die Samenflecken.
    War der Sex einvernehmlich gewesen? Folgte darauf ein Streit, sodass sie wütend aus dem Auto sprang? Wurde sie vergewaltigt und dann weggeworfen wie der Müll der letzten Woche?
    Hatte Slidell recht? War das Mädchen auf den Strich gegangen und von einem rebellischen Kunden

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