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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Metall, das sich in die Erde grub, und das Rieseln von Erde auf einen wachsenden Haufen.
    Männer versammelten sich an der Dorfmauer, um in grimmigem Schweigen zuzuschauen. Hin und wieder hob ich den Blick in ihre Richtung. Obwohl ich zu weit weg war, um ihre Augen erkennen zu können, wusste ich, dass sie jede unserer Bewegungen genau beobachteten.
    Eine Stunde verging. Neunzig Minuten. Die Sonne stieg und mit ihr die Temperatur.
    Nachdem Blanton seine dritte Fotoserie abgeschlossen hatte, stellte er sich an den Rand der Gruppe und zündete sich eine Zigarette an. Ein alter Mann kam zu ihm und streckte die Hand aus. Blanton klopfte eine Zigarette aus dem Päckchen und gab sie ihm.
    Schließlich bemerkte ich die charakteristische Veränderung im Erdreich.
    »Stopp«, sagte ich.
    Die Jungs hörten auf zu schaufeln. Im Aufrichten schauten sie erst einander und dann mich an.
    »Bitte sagen Sie ihnen, sie sollen zurücktreten«, bat ich Welsted.
    Die Jungen gehorchten.
    Das Loch war einen knappen Meter tief. Am Grund zeichnete sich ein dunkles Oval in der gelb-braunen Erde ab. Etwas, das aussah wie Gewebe, lugte daraus hervor.
    Ich hörte Schritte, dann fiel ein Schatten über das Grab.
    »Einen unserer Jungs gefunden?«
    Ohne auf Blantons Frage einzugehen, legte ich mich auf den Bauch, schloss die Augen und atmete tief durch die Nase ein.
    Der Geruch verwesenden Fleisches ist unverkennbar. Süßlich stinkend, wie Abfall in einer Mülltonne.
    Ich roch nur Erde und einen Hauch von etwas Organischem. Entweder waren die Leichen mumifiziert oder völlig skelettiert.
    Ein zweiter Schatten stellte sich neben Blantons.
    »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Bitte holen Sie mir die Kelle und den Pinsel aus meinem Rucksack.«
    In weniger als einer Minute war Welsted wieder da. »Was haben Sie?«
    »Wahrscheinlich einen Zipfel des Leichentuchs.«
    »Zeit für einen Leichensack?«
    »Ja.«
    Mit der Kelle schabte ich die Erde neben und unter dem Gewebe weg und legte so langsam die klumpigen Umrisse seines Inhalts frei. Als genug zu erkennen war, hob ich behutsam ein fragiles Ende an.
    Das Leichentuch enthielt genau das, was ich erhofft hatte. Ich erkannte ein Schlüsselbein, ein wenig dunkles und ledriges Bändergewebe.
    Mit Gesten gab ich den Jungen zu verstehen, dass sie jetzt mit Kellen weiterarbeiten sollten, und zeigte ihnen kurz, wie sie es zu tun hatten.
    Eine Stunde später lagen Rasekhs verhüllte Knochen auf der Erde. Ich kniete und zog eben den Reißverschluss des Leichensacks auf, als ich weit weg ein Geräusch hörte. Ein tiefes Summen, wie eine von der Sonne träge Honigbiene.
    Ich hob den Kopf. Suchte den Himmel ab. Sah nichts.
    Das Summen wurde lauter. Jetzt kam noch das Trampeln von Schritten hinzu.
    Ich schaute mich um.
    Ein paar Meter entfernt sah ich Blantons Augen sehr groß in einem sehr weißen Gesicht. Die Dörfler waren von der Mauer verschwunden. Welsted stand wieder am Humvee und starrte in den Himmel. Die Marines ebenfalls. Mein Grabungsteam war nirgends zu sehen.
    Das menschliche Gehirn ist eine Schaltstelle, die auf zwei Ebenen arbeitet. Während mein Kortex diese Fakten noch verarbeitete, pumpte mein primitives Hirn bereits Adrenalin aus allen Schleusen.
    Aus dem Summen wurde ein Heulen. Näher. Lauter. Die zarten Härchen in meinen Ohren vibrierten unangenehm.
    »Runter!«, schrie unsere Eskorte. »Sofort.«
    Ich rollte mich zusammen und warf die Hände über den Kopf.
    Die Welt explodierte.

 
    22
    Ich öffnete die Augen.
    Dunkelheit.
    Ich horchte.
    Absolute Stille.
    Instinktiv hatte ich mir die Hand vor den Mund gehalten, um eine Lufthöhle zu schaffen. Und mein Helm hatte auch geholfen. Aber die kleine Blase war nicht genug. Meine Brust war zusammengedrückt, die Lungenflügel so komprimiert, dass sie kaum funktionierten. Die schwere Panzerweste machte den Druck nur noch schlimmer.
    Ich versuchte zu atmen. Konnte aber nicht.
    Ich versuchte es noch einmal. Keine Luft.
    Panik setzte ein.
    Wie lange hielt ein Mensch es ohne Sauerstoff aus? Drei Minuten? Fünf?
    Wir lange war ich schon gefangen?
    Ich hatte keine Ahnung.
    Wieder versuchte ich, Luft in die Lunge zu ziehen. Schaffte es wieder nicht.
    Mein Herz hämmerte. Pumpte Blut, das schnell das wenige an Sauerstoff verlor, was es noch enthielt.
    Ich versuchte, die Hand vom Mund wegzubewegen. Traf schon nach Millimetern auf Widerstand.
    Mein anderer Arm war taub. Ich hatte kein Gefühl für seine Lage.
    Schwindel überflutete mein Gehirn. Ich sah Bilder der

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