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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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aufzuziehen?
    Während Welsted mit unserem Begrüßungskomitee verhandelte, schaute ich mich um.
    Fenster starrten mich still und leer an. Oder auch nicht? Beobachteten versteckte Augen jede unserer Bewegungen?
    Ein AK-47 hielt eine Tür auf. Alt, aber zweifellos noch funktionstüchtig. Ein tödlicher Türstopper.
    Hier und dort schauten Männer in Dreier-und Zweiergruppen argwöhnisch. Jungs standen wie erstarrt da, ihre Spiele waren vergessen. Nirgendwo war ein weibliches Wesen zu sehen.
    Nach einem kurzen Wortwechsel zog das Trio sich zurück, unterhielt sich kurz und kam dann wieder zu Welsted. Der Größte der drei sprach. Welsted antwortete. Der große Mann zögerte kurz und nickte dann.
    Welsted kehrte zum Humvee zurück.
    »Sie sagen, es hätte Spannungen zwischen den amerikanischen Truppen und einigen Einheimischen gegeben. Angesichts des Vorfalls. Er sagt, die Exhumierung muss mit Behutsamkeit und –«
    »Würde«, sagte ich.
    »Genau.«
    »Bitte sagen Sie ihnen, dass ich die Leichen mit Ehrerbietung behandeln werde.«
    Welsted übersetzte. Wieder unterhielten sich die Männer untereinander. Wieder nickte der Große.
    »Fangen wir mit diesem verdammten Zirkus doch endlich mal an.« Blantons Blick huschte von Gebäude zu Gebäude, von Gasse zu Gasse, von neugierigem Gesicht zu neugierigem Gesicht. Auf seinen Schläfen pochten Adern.
    Zwei Jungen wurden gerufen. Teenager mit langen, schlaksigen Gliedern und flaumigen Bärten. Jeder trug eine Schaufel auf der knochigen Schulter.
    Sie wirkten wachsam, aber auch aufgeregt. Im Friedhof graben. Verboten, blasphemisch, an diesem Tag aber erlaubt.
    Den Blick auf den großen Mann gerichtet, sprach Blanton mit Welsted.
    »Sorgen Sie dafür, dass dieser Muj kapiert, dass ich alles filmen werde. Ich will kein Tamtam von wegen, ich verärgere die Vorfahren oder kidnappe Seelen.«
    Welsted übersetzte. Der Mann antwortete.
    »Filmen Sie keine Frauen«, gab Welsted weiter.
    »Wird also nichts mit meiner Modeserie in der Cosmopolitan .« Blanton spuckte in den Sand. »Sagen Sie denen, sie sollen ihre Ärsche in Bewegung setzen.«
    »Ihre Einstellung ist hier unangebracht.« Welsteds Ton war giftig.
    Blanton und ich suchten Kameras, Schaufeln und andere Ausrüstung zusammen. Welsted holte das Sieb. Der große Mann deutete zu der Gasse mit der Ziege. Unser Fahrer übernahm die Spitze des Zugs, die Eskorte deckte uns den Rücken. Beide sahen verunsichert aus, wie Wild auf einem offenen Feld.
    Während wir im Gänsemarsch zum östlichen Rand des Dorfes gingen, spürte ich unsichtbare Augen im Rücken. Hörte nur unsere eigenen Stiefelschritte und irgendwo außer Sichtweite ein Windspiel.
    Der Friedhof lag etwa hundert Meter außerhalb der Mauer. Der felsige Hügel ragte darüber empor, beschattete die Grabstätte wie ein Mini-Masada.
    Die einzelnen Gräber waren bescheiden, keine reich geschmückten Grabsteine oder gemeißelten Statuen wie auf alten amerikanischen Friedhöfen. Einige hatten grobe Marksteine aus demselben Fels wie die Mauer. Die meisten hatten schlicht ein Oval aus Steinen als Umrandung.
    Über einigen Gräbern waren noch frische Erdhügel erkennbar, die meisten jedoch waren eingesunken. Die erst kürzlich Verstorbenen, die schon lange Toten. Alle waren in Reihen angeordnet, wie auf einem Getreidefeld. Aber in der Erde lagen Knochen, nicht Samen.
    Wortlos gingen wir von dem einen Grab zum anderen. Aqsaee lag dicht am Eingang zum Friedhof, Rasekh so weit hinten, dass sein Oval am Fuß des Hügels schräg nach oben wanderte.
    Welsted schaute mich an. Ich sagte ihr, dass wir mit Rasekh beginnen würden. Kein besonderer Grund. Wir standen alle hier zusammen.
    Mit angespannten Körpern und nervösen Blicken bezogen die Marines am Friedhofseingang Posten. Ich wusste nicht so recht, ob ihre verkrampfte Wachsamkeit mein Sicherheitsgefühl stärkte oder schwächte.
    Während Blanton filmte und fotografierte und die Jungen die Begrenzungssteine entfernten, untersuchte ich mit einer langen Metallsonde Unterschiede in der unterirdischen Dichte, um die Struktur von Rasekhs Grab zu bestimmen.
    Dann stachen die Jungs, nach einer kurzen Instruktion durch Welsted, ihre Schaufeln in die trockene Wüstenerde. Während sie mit gespreizten Füßen und pumpenden Armen arbeiteten, kauerte ich mich vor den tiefer werdenden Graben und achtete genau auf Farbveränderungen, die auf Verwesungsprozesse hindeuten würden.
    Eine halbe Stunde lang hörte man abwechselnd das Geräusch von

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