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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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trockene Leere.
    Mein Blick wanderte zu Welsted, dann zu Blanton. Irgendetwas in ihrer Haltung schien gegenseitige Ablehnung auszudrücken. Wenn ihre Blicke sich trafen, sprangen sie sofort woandershin, wie sich gegenseitig abstoßende Magneten. Die Luft zwischen ihnen knisterte vor aufgestauter Spannung.
    Ich hatte die Reibung gestern schon gespürt, konnte aber den Grund nicht bestimmen. Nur ein beharrliches Kitzeln am unteren Ende meines Hirnstamms sagte mir, dass da etwas nicht stimmte.
    Hatten sie gegensätzliche Ansichten über die Exhumierung? Waren sie unglücklich darüber, dass sie sich in einem Dorf voller potenziell feindseliger Muslime der Gefahr aussetzen mussten? Oder war es etwas Persönliches?
    Vergiss es. Konzentrier dich auf deine Aufgabe.
    Ich schaute zum Seitenfenster des Blackhawk hinaus. Das kugelsichere Glas war vernarbt von milchigen Kerben, wo Flak-Geschosse den Helikopter getroffen hatten und abgeprallt waren. Ich schaute auf das Land unter mir, fragte mich, ob uns jemand im Visier hatte.
    Konzentrierte mich darauf, auch diesen Gedanken zu verdrängen.
    Dank eines starken Rückenwinds erreichten wir Delaram früh, schon kurz vor acht. Die Rotoren des Blackhawk wirbelten Fahnen aus gelbem Staub hoch, als wir landeten. Blanton stieg als Erster aus, gefolgt von den Soldaten. Alle eilten mit gegen den Wind gesenkten Köpfen und hochgezogenen Schultern über den Landeplatz.
    Als ich hinter Welsted ausstieg, stach der Sand mir ins Gesicht und sammelte sich in den Augenwinkeln. Während die Soldaten in den Transporter eines Konvois stiegen, winkte Blanton uns zu einem Humvee im Leerlauf, bemannt mit zwei sandverklebten Marines, einer hinter dem Steuer, der andere als bewaffnete Eskorte auf dem Beifahrersitz.
    »Der größte verdammte Sandkasten der Welt.« Blanton verzog das Gesicht zu einem sarkastischen Grinsen.
    Welsted huschte an uns vorbei in das Fahrzeug. Blanton und ich setzten uns zu ihr in den Fond.
    Der Humvee rumpelte eine unbefestigte Straße entlang, die ausgebleicht und knochenweiß dalag, planiert durch die vielen Konvois. Nicht viel zu sehen. Sand, vom Wind zu stacheligen Formationen zusammengebacken. Gestutzte Bäume mit vertrockneten Früchten. Die verkohlten Überreste eines halb im Sand des Banketts vergrabenen Fahrzeugs.
    Unser Fahrer war jung. In Katys Alter. Nein, jünger. Seine Wangen waren nur von einem seidigen Flaum bedeckt. Die Eskorte neben ihm war nicht viel älter.
    Ich fragte mich, was ihre Eltern davon hielten, dass ihre Söhne hier draußen waren. In meinem Kopf sprang eine Falltür auf, plötzlich sah ich das Fahrerfluchtopfer in Charlotte vor mir. Das Mädchen mit der pinkfarbenen Haarspange und der pinkfarbenen Kätzchenhandtasche. Das Mädchen in dem Leichensack.
    Ich drehte kurz den Kopf und sah, dass Blanton mich anschaute, mit zugekniffenen Augen, vielleicht sogar unfreundlich. Berechnend? Wenn ja, was berechnete er? Wie hier vorzugehen war? Warum sollte sich Blantons Ziel oder das des NCIS von meinem unterscheiden? Von Welsteds?
    Vielleicht hatte es nichts zu bedeuten. Blanton hatte klargemacht, dass er sich nicht gerne außerhalb der Umzäunung bewegte. Vielleicht hatte er Angst. Mein Gott, auch ich fühlte mich alles andere als in meinem Element. Alle waren angespannt. Dennoch konnte ich das Gefühl seiner kalten, abschätzenden Augen nicht abschütteln.
    Der Humvee kam zu einem Checkpoint, der nicht mehr war als ein kleiner Betonbunker. Zwei Soldaten saßen auf Klappstühlen davor und schwitzten, obwohl die Sonne gerade erst aufgegangen war. Einer stand auf und trottete zu uns, eine Pilotenbrille vor den Augen.
    Welsted zeigte einige Dokumente. Der Soldat überflog sie und bückte sich, um in den Humvee sehen zu können.
    » NCIS ?«
    Welsted deutete mit dem Kopf auf Blanton.
    »Anthropologin?«
    Diesmal wies das Nicken auf mich.
    Die getönten Brillengläser drehten sich in meine Richtung. Blieben ein paar Sekunden hängen. Glaubten sie, ich wäre hier, um die Verfolgung von Second Lieutenant Gross zu untermauern? Um ihn als Mörder hinzustellen? Wieder einmal die Einheimischen aufzustacheln und jedermanns Arbeit noch schwieriger und gefährlicher zu machen?
    Der Soldat winkte uns durch.
    »Wir sind schon fast da«, sagte Welsted, ohne den Kopf zu drehen. »Das Dorf macht nicht viel her. Typisch für die Art, wie man sie in dieser Provinz findet. Viehzucht, ein bisschen kleinteilige Landwirtschaft. Unter normalen Umständen würde man keine offenen

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