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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Untersuchung, was ich sah. Wie es meine Gewohnheit war, arbeitete ich mich vom Kopf zu den Füßen vor.
    »Identifizierbare Schädelmerkmale deuten auf einen Mann mittleren Alters hin.« Ich zählte sie auf. »Gebiss fragmentiert und unvollständig, aber nach Alter und Geschlecht vereinbar mit der Zielperson Abdul Khalik Rasekh.«
    »Ist das wirklich nötig?« Blanton klang ungeduldig.
    »Dinge werden verwechselt, Erinnerungen verblassen. Die Identifikation ist der erste Schritt einer jeden Exhumierung.«
    Ich untersuchte weiter die Fragmente und dokumentierte Merkmale, die für Rasekhs biologisches Profil relevant waren. Ein Fragment der Schambeinfuge bestätigte meine Altersschätzung. Die Form des Schambeins zeigte, dass es das eines Mannes war.
    Aber die Splitter, Bruchstücke und Brocken, die den Torso darstellten, waren zu zertrümmert und abgeschürft, um Informationen über die Todesursache zu liefern.
    Obwohl ich beschlossen hatte, ruhig zu bleiben, schlich sich Erregung in meine Stimme. Blanton bemerkte es.
    »Alles okay, Doc?«
    »Bestens.«
    Ich strich mir die Haare aus der Stirn und schaute mir noch einmal jedes Bruchstück von Rasekhs Oberkörper an, diesmal jedoch mit der Lupe.
    Während ich arbeitete, kehrten die Kopfschmerzen von heute Morgen zurück. In der Brust spürte ich eine gewisse Enge. Ich hatte gesagt, eine Geschossbahn sei leicht zu analysieren. Man hatte mich siebentausend Meilen geflogen, damit ich genau das tat. Bis jetzt war es mir noch nicht gelungen.
    Ich untersuchte eben ein zwanzig Zentimeter langes Segment des Oberarmknochens, als ich ein fast unsichtbares Spritzmuster quer auf der Oberfläche entdeckte.
    »Hier könnte was sein.« Ich hielt den Knochen so, dass Blantons Kamera die Spuren gut im Visier hatte.
    »Könnte Pulvertüpfelung sein. Aber die Spuren sind gleichmäßig verteilt.«
    »Also kein Hinweis auf die Schussrichtung«, vermutete Blanton.
    »Nein.« Nachdem ich das Fragment noch einige Augenblicke dicht vor den Augen hin und her gedreht hatte.
    Enttäuscht diktierte ich eine Beschreibung des Defekts. Blanton legte ein Lineal an und schoss weitere Detailaufnahmen mit einer Nikon, dann zur Sicherheit noch einige Polaroids.
    »Diese Dinger hier sind schon was ganz anderes als die Plastikkästen, die wir früher hatten.« Blanton zog das Foto aus dem Gerät. »Vierzehn Megapixel, tintenloser Ausdruck. Im Notfall ist das Dokument sofort verfügbar. Ich habe schon zu viele Katastrophen mit angeblich fehlersicheren Hightechgeräten erlebt. Mit den Polaroids sichere ich mich immer ab.«
    Hut ab, Mr. Blanton.
    Fragment um Fragment suchte ich weiter.
    Und fand rein gar nichts.
    Entmutigt richtete ich mich auf und rollte die Schultern. Die Uhr zeigte 12:10.
    »Pause?«, fragte Blanton.
    Ich schüttelte den Kopf. »Da die Knochen jetzt anatomisch angeordnet sind, geht Rasekh zurück in die Radiologie.«
    Blanton rief den Techniker, der die Überreste in ihrer Umhüllung geröntgt hatte. Er kam sofort. Harold. Ich sagte ihm, was ich wollte, und er schob die Bahre durch die Tür.
    »Wenn die Aufnahmen nicht noch was zeigen, was ich übersehen habe – und das halte ich eher für unwahrscheinlich –, ist Rasekh ein Reinfall. Machen wir also weiter.«
    Ich diktierte den Namen des zweiten Mannes. Ahmad Ali Aqsaee. Und weitere wichtige Informationen. Dann schaute ich mir die Aufnahmen von Aqsaee in seinem Leichentuch an.
    Und entspannte mich ein wenig.
    Aqsaee war in besserem Zustand als Rasekh. Kein Wunder. Er war noch in der Erde, als die Granate einschlug. Dennoch schien die normale postmortale Schädigung ausgedehnt zu sein.
    Nachdem ich mich versichert hatte, dass in dem Leichentuch nichts fehlte, ging ich zur Bahre, öffnete den Leichensack und wickelte das Tuch auf.
    Neben mir atmete Blanton scharf ein.
    Aqsaee bestand wie Rasekh nur noch aus Knochen. Aber sein Skelett unterschied sich in einem hervorstechenden Aspekt.
    Die Uneingeweihten glauben, dass Knochen immer weiß sind. Sie denken an Halloween-Poster, an Lehrskelette aus dem Biologieunterricht oder die ausgebleichten Brustkörbe von Rindern, die in Western sehr beliebt sind. Aber Knochen nehmen oft Pigmente des Substrats an, in dem sie liegen.
    Genau das war bei Aqsaee passiert. Sein Skelett hatte die Farbe von altem Sattelleder.
    »So was sieht man nicht alle Tage.«
    »Es ist nicht ungewöhnlich«, erklärte ich Blanton. »Höchstwahrscheinlich sind Mineralien aus den Steinen oder der Erde in die Knochen

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