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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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eingedrungen.«
    »Warum nur bei dem?«
    »Kann sein, dass die Bodenbeschaffenheit im hinteren Teil des Friedhofs anders ist. Vielleicht ist Sickerwasser vom Hügel durch Rasekhs Grab geflossen und hat die kritischen Komponenten ausgeschwemmt.«
    »Die Verfärbung macht Ihnen also keine Probleme?«
    »Nein.«
    Ich behandelte den jüngeren Mann genauso wie den älteren. Nur mit etwas weniger Beklemmung.
    Ich bestätigte, dass alle skelettalen und dentalen Merkmale mit Aqsaees biologischem Profil vereinbar waren. Männlich. Siebzehn Jahre alt.
    »Doc.«
    Ich schaute zu Blanton hoch.
    »Der Rest des Teams braucht was zu essen.«
    Wiederstrebend willigte ich ein. Dreißig Minuten später waren wir zurück, und ich begann meine Verletzungsanalyse.
    Der Schädel war völlig unversehrt. Keine Brüche. Keine Schusslöcher.
    Blanton schoss Nahaufnahmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
    Der Unterkieferknochen war zwar in der Mitte auseinandergebrochen, doch ich vermutete, dass es sich hierbei um eine postmortale Schädigung durch den Druck der darüberliegenden Erde handelte.
    Weitere Fotos.
    Die Arme und Beine zeigten keine Hinweise auf Verletzungen. Ich wandte mich dem Brustkorb zu.
    Aqsaees Torso war fast so stark beschädigt wie Rasekhs. Als ich mir die fragmentierten Rippen, die zerbrochenen Schlüsselbeine und die zerquetschten und abgeschürften Wirbel und Schulterblätter sowie das Brustbein anschaute, wurde mir die Brust wieder eng.
    Unwillkürlich wanderte mein Blick zum Beobachtungsfenster. Auf der anderen Seite sah ich Welsted und die Abgesandten in erregter Diskussion. Der große Mann gestikulierte heftig. Ich sah, dass er sich umdrehte und zur Scheibe deutete.
    Auch Blanton hatte den Streit bemerkt.
    »Ich kümmere mich drum.«
    Öl ins Feuer gießen? Vielleicht, aber ich versuchte erst gar nicht, ihn aufzuhalten. Meine ganze Konzentration galt Aqsaees Brust.
    Eins nach dem anderen nahm ich die Fragmente zur Hand und untersuchte sie. Nach etwa zehn Minuten entdeckte ich einen Defekt an einem zwei Zentimeter langen Teilstück einer Rippe. Der kreisrunde Umriss war zwar unvollständig, aber klassisch. Ich legte das Fragment beiseite.
    Sieben Minuten später fand ich einen weiteren partiellen Defekt. Und noch einen.
    Mit wachsender Aufregung identifizierte und arrangierte ich vier annähernd dreieckige Bruchstücke, die im Leben das Brustbein gebildet hatten.
    Mein Herz schlug schneller.
    Behutsam drehte ich die Fragmente um und fügte sie wieder aneinander, um mir die Rückseite der Knochen ansehen zu können.
    Ich musste mich beherrschen, um nicht in Jubelgeschrei auszubrechen.
    Bumm! Bumm!
    Mein Kopf schnellte zum Fenster. Der große Mann hatte mit der Faust auf die Scheibe geschlagen. Blanton redete auf ihn ein. Von Welsted war nichts mehr zu sehen.
    Ich war viel zu aufgeregt, um mir darüber den Kopf zu zerbrechen.
    Ich schickte die Knochen zum Röntgen. Doch die Aufnahmen würden nichts mehr ändern.
    Ich wusste, was passiert war.

 
    24
    Eine Stunde nach Abschluss meiner Untersuchungen saß ich an dem hellen Eichentisch im Konferenzsaal der Stützpunktkommandatur. Die Beobachter waren mit dem Versprechen eines vollständigen Berichts und der Erlaubnis, Aqsaee und Rasekh zurück nach Sheyn Bagh zu transportieren, nach Hause geschickt worden.
    Alle anderen saßen auf exakt denselben Plätzen wie am Dienstag. Mich eingeschlossen. Verrückt, wie die Leute das immer wieder so hinkriegen.
    Große Halbmonde verdunkelten Blantons Achselhöhlen, wie Zwillinge der Tränensäcke unter seinen Augen. Er war verschwunden, als wir das Krankenhaus verließen. Ich fragte mich, wohin er gegangen war. Was er getan hatte, um so ins Schwitzen zu geraten.
    »Alles okay?«, fragte ich, mehr um die Zeit zu verkürzen denn aus Sorge um Blantons Wohlergehen. Wie schon beim ersten Mal warteten wir auf Colonel Fisher.
    Blanton hob eine Schulter. »Kann sein, dass ich mir was eingefangen habe.«
    Danach saßen wir schweigend da. Minuten vergingen. Blanton, Welsted und ich wussten, was ich herausgefunden hatte. Noonan nicht. Er wirkte angespannt.
    Noonan und Welsted erhoben sich halb, als Fisher eintrat. Blanton und ich nicht.
    Fisher schloss die Tür und setzte sich ans Kopfende des Tisches. »Nun denn«, sagte sie mit einem schnellen Lächeln in meine Richtung. »Sie sind fertig?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Soweit ich weiß, haben Sie vor Ort einiges erlebt.«
    »Langweilig war es nicht.«
    »Fahren Sie fort.« Fisher lehnte sich

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