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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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»Er will, dass ich zu ihnen komme.«
    »Welcher denn?«
    »Der süße Blonde. O’Neill.«
    »Wieso?«
    Alle sahen mich an, reglos, wie erschreckte Tiere. Abby verharrte mit einer Karte halb aus ihrem Blatt gezogen. »Die haben irgendeinen Typen gefunden«, sagte ich und schob mich auf meinen Stuhl. »Wegen letzter Nacht. Morgen wollen sie ihn vernehmen.«
    »Das gibt’s nicht«, sagte Abby. »So schnell?«
    »Na los, bringen wir’s hinter uns«, sagte Rafe zu Daniel. »Nun sag schon Hab ich euch doch gesagt . Ich weiß, es liegt dir auf der Zunge.«
    Daniel achtete gar nicht auf ihn. »Aber warum du? Was wollen sie von dir?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich soll ihn mir ansehen. Und O’Neill hat gefragt, ob mir noch was eingefallen ist, zu der Nacht. Ich glaube, er hofft, dass ich einen Blick auf den Kerl werfe, mit einem zittrigen Finger auf ihn zeige und schreie: ›Das ist er! Der Mann, der mich niedergestochen hat!‹«
    »Da hat jemand wohl zu viele Hollywood-Filme gesehen«, sagte Rafe.
    »Und?«, fragte Daniel. »Ist dir noch was eingefallen?«
    »Absolut nichts«, sagte ich. Bildete ich mir das ein, oder hatte sich gerade eine haarfeine Anspannung in Luft aufgelöst? Abby beschloss, doch eine andere Karte zu spielen, und schob die zwischen ihren Fingern wieder zurück. Justin griff nach der Weinflasche. »Vielleicht holt er jemanden, der mich hypnotisieren soll – machen die das im wirklichen Leben?«
    »Sag ihm, er soll dich so programmieren, dass du ab und an mal konzentriert arbeitest«, sagte Rafe.
    »Im Ernst? Geht das? Kann der mich so programmieren, dass ich meine Diss schneller fertigkriege?«
    »Durchaus, aber ich glaub nicht, dass er das macht«, sagte Daniel. »Aussagen unter Hypnose sind vor Gericht bestimmt nicht zulässig. Wo bist du mit O’Neill verabredet?«
    »In seinem Büro«, sagte ich. »Ich hätte ja versuchen können, ihn zu einem Bier im Brogan’s zu überreden, aber ich glaub nicht, dass er ja gesagt hätte.«
    »Ich dachte, du kannst das Brogan’s nicht ausstehen«, sagte Daniel überrascht.
    Ich öffnete den Mund, um rasch zurückzurudern – Ja klar, war nur Quatsch … Was mich rettete, war nicht irgendeine Reaktion von Daniel, der mich über seine Karten hinweg nur mit ruhigen, unverwandten, eulenhaften Augen ansah. Es waren Justins Augenbrauen, die sich verwundert senkten, es war Abbys Kopf, der sich leicht neigte: Sie hatten keine Ahnung, wovon er redete. Irgendwas stimmte nicht.
    »Ich?«, sagte ich verwirrt. »Ich hab nichts gegen das Brogan’s. Es ist mir eigentlich schnurzegal. Ich dachte nur, weil es direkt gegenüber von seiner Arbeit liegt.«
    Daniel zuckte die Achseln. »Dann hab ich das wohl verwechselt«, sagte er. Er lächelte mich an, dieses sanfte Lächeln, und wieder spürte ich es: das Nachlassen von Spannung, das Seufzen der Erleichterung. »Du und deine Launen, da verlier ich langsam den Überblick.« Ich streckte ihm die Zunge raus.
    »Was fällt dir überhaupt ein, mit Bullen zu flirten?«, wollte Rafe wissen. »So was macht man einfach nicht.«
    »Wieso? Er ist süß.« Mir zitterten die Hände. Ich traute mich nicht, meine Karten zu nehmen. Es hatte eine Sekunde gedauert, bis ich begriffen hatte: Daniel hatte versucht, mir eine Falle zu stellen. Ich war einen Sekundenbruchteil davon entfernt gewesen, ihm arglos auf den Leim zu gehen.
    »Du bist unverbesserlich«, sagte Justin und füllte mein Weinglas auf. »Außerdem ist der andere viel attraktiver, auf eine irgendwie grobe Art. Dieser Mackey.«
    »Igitt«, sagte ich. Diese verfluchten Zwiebeln – das Lächeln verriet mir, dass ich diesmal richtig reagiert hatte, aber ob das genügte, um Daniel zu beruhigen? Bei ihm konnte man nie wissen … »Du hast sie ja nicht alle. Ich wette, der hat Haare auf dem Rücken. Was meinst du, Abby?«
    »Die Geschmäcker sind verschieden«, sagte Abby versöhnlich. »Und ihr seid beide unverbesserlich.«
    »Mackey ist ein Arsch«, sagte Rafe. »Und O’Neill ist ein Trottel. Und Karo wird gespielt, und Abby ist dran.«
    Ich schaffte es, meine Karten aufzuheben, obwohl ich noch eine ganze Weile brauchte, bis ich wieder wusste, was ich eigentlich damit anstellen sollte. Ich beobachtete Daniel unauffällig den ganzen Abend, aber er war wie immer: freundlich, höflich, distanziert, widmete mir nicht mehr Aufmerksamkeit als den anderen. Als ich an ihm vorbeiging, um noch eine Flasche Wein zu holen, und ihm eine Hand auf die Schulter legte, griff er nach oben, bedeckte

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