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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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sollten den Zettel verbrennen und heißes Wasser und Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial bereithalten –«
    »Was durchaus nützlich gewesen wäre«, sagte Rafe und zündete sich die nächste Zigarette an, »wenn wir ein Baby in Vom Winde verweht auf die Welt hätten holen müssen. Was hat er sich bloß vorgestellt? Privat-OP auf dem Küchentisch mit Abbys Handarbeitsset?«
    »– und dann sind er und Justin los, dich suchen. Sofort.«
    Es war eine gute Entscheidung gewesen. Daniel hatte gewusst, dass auf Abby Verlass war, dass sie die Ruhe bewahren würde. Falls einer schlappmachte, dann Rafe oder Justin. Er hatte sie getrennt, sie quasi unter Aufsicht gestellt und sich einen Plan überlegt, der sie beide beschäftigt hielt, und das alles in Sekundenschnelle. Der Bursche hatte mehr Talente, als er an der Uni brauchte.
    »Ich bin nicht sicher, ob wir wirklich so schnell reagiert haben, wie wir glauben«, sagte Justin. »Gut möglich, dass wir uns fünf oder zehn Minuten nicht vom Fleck gerührt haben. An den Teil kann ich mich kaum erinnern, mein Kopf ist wie leergefegt. Das Erste, was ich wieder klar weiß, ist, dass du schon auf und davon warst, als Daniel und ich hinten am Gartentor ankamen. Wir wussten nicht, ob du ins Dorf wolltest, um Hilfe zu holen, oder irgendwo zusammengebrochen warst oder –«
    »Ich bin einfach gelaufen«, sagte ich leise. »Ich erinnere mich bloß, dass ich gelaufen bin. Ich hab nicht mal gemerkt, dass ich schon die ganze Zeit geblutet hab.« Justin zuckte zusammen.
    »Ich glaub, am Anfang hast du nicht geblutet«, sagte Abby sanft. »Weder auf dem Küchenboden noch auf der Terrasse war Blut.«
    Sie hatten nachgesehen. Ich fragte mich, wann und ob das Daniels oder Abbys Idee gewesen war. »Das kam noch hinzu«, sagte Justin. »Dass wir nicht wussten … na ja, wie schlimm es war. Du warst so schnell weg, wir hatten keine Chance gehabt, das zu … Wir dachten – ich meine, ich dachte –, dass es nicht so schlimm sein könnte, weil du ja so schnell verschwunden warst. Es hätte ja auch bloß ein harmloser kleiner Ritz gewesen sein können.«
    »Ha«, sagte Rafe und griff nach dem Aschenbecher.
    »Wir wussten es nicht. Es wäre möglich gewesen. Das hab ich auch Daniel gesagt, aber der hat mir bloß einen Blick zugeworfen, der alles hätte bedeuten können. Also haben wir … Gott . Wir haben dich gesucht. Daniel meinte, zuerst müssten wir nachsehen, ob du ins Dorf gegangen bist, aber da war alles verriegelt und verrammelt und dunkel, nur in dem einen oder anderen Schlafzimmer brannte noch Licht. Offensichtlich war da keiner alarmiert worden. Also sind wir wieder zurück Richtung Haus, kreuz und quer in weiten Bögen, in der Hoffnung, dir irgendwo über den Weg zu laufen.«
    Er starrte auf das Glas in seinen Händen. »Zumindest hab ich das die ganze Zeit gehofft. Ich bin einfach hinter Daniel her, immer weiter und weiter durch dieses stockfinstere Labyrinth von Feldwegen. Ich hatte keine Ahnung, wo wir waren, mein Orientierungssinn war völlig weg. Wir hatten Angst, die Taschenlampe anzumachen, und Angst, nach dir zu rufen – ich weiß nicht mal mehr, warum, es kam uns einfach zu gefährlich vor. Keine Ahnung, weshalb, vielleicht damit nicht irgendein Anwohner was mitkriegt oder du dich vor uns versteckst, schätz ich. Deshalb hat Daniel die Taschenlampe nur alle paar Minuten ganz kurz angemacht, mit der hohlen Hand drum herum, und ich hab mich rasch umgesehen, dann hat er sie wieder ausgemacht. Die übrige Zeit sind wir vorsichtig an den Hecken lang. Es war schweinekalt, wie im Winter – wir hatten nicht mal dran gedacht, uns Jacken überzuziehen. Daniel schien das nicht viel auszumachen, ihr kennt ihn ja, aber ich konnte meine Zehen nicht mehr spüren. Ich war sicher, sie würden mir erfrieren. Wir sind stundenlang rumgeirrt –«
    »Seid ihr nicht«, sagte Rafe. »Glaub mir. Wir haben hier gehockt, mit einer Flasche Desinfektionsmittel und einem blutigen Messer, und konnten nichts anderes tun, als auf die Uhr starren und uns gegenseitig verrückt machen. Ihr wart höchstens fünfundvierzig Minuten weg.«
    Justin zuckte die Achseln, ein angespannter Ruck. »Na, es kam mir jedenfalls wie Stunden vor. Schließlich ist Daniel wie angewurzelt stehen geblieben – ich bin direkt in ihn reingerannt, wie in einem Laurel-und-Hardy-Film –, und er hat gesagt: ›Das bringt doch nichts. So finden wir sie nie.‹ Ich hab ihn gefragt, ob er einen besseren Vorschlag hätte, aber er hat

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