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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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drehte sich um, überrascht, dass das Mädchen sie angesprochen hatte. Ausnahmsweise trug Grace nicht ihre Ohrhörer, aber ihr iPod lief weiter und gab ein blechernes Gejaule von sich.
    »Das ist die Zeitung von letzter Woche«, stellte Grace fest. »Alles in diesem Laden ist abgelaufen. Die Kartoffelcrisps sind bestimmt ein Jahr alt. Ich wette, dass sogar das Benzin verdorben ist.«
    »Danke für den Hinweis. Aber ich brauche etwas zu lesen, und die hier ist besser als gar nichts.« Während Maura ihre Brieftasche zückte, fragte sie sich, wie ein amerikanischer Teenager dazu kam, Crisps anstatt Chips zu sagen. Aber das war nur ein weiteres Detail, das sie an Grace verblüffte. Das Mädchen ging zur Tür hinaus, mit einem leichten Schwung ihrer schmalen Hüften, die in hautengen Jeans steckten. Es schien sie überhaupt nicht zu kümmern, wie sie auf andere wirkte. Der alte Mann hinter dem Tresen starrte ihr mit offenem Mund nach, als ob noch nie so ein exotisches Wesen seinen Laden betreten hätte.
    Als Maura ins Freie trat, saß Grace bereits im Wagen, aber jetzt hatte sie auf der Rückbank Platz genommen. »Die Prinzessin hat endlich doch auf ihren Thron verzichtet«, flüsterte Doug Maura zu, als er ihr die Tür öffnete. »Du kannst vorn bei mir sitzen.«
    »Es hat mir nichts ausgemacht, hinten zu sitzen.«
    »Aber mir schon. Ich habe mit ihr geredet, und es ist jetzt okay für sie.«
    Elaine und Arlo kamen aus dem Laden und stiegen lachend in den Wagen.
    »Das war wie in einer Zeitkapsel da drin«, meinte Arlo. »Hast du diese Pez-Automaten gesehen? Die müssen ihre zwanzig Jahre auf dem Buckel haben. Und dieser Typ hinter dem Tresen war wie eine Figur aus Twilight Zone .«
    »Ja, der war komisch«, pflichtete Doug ihm bei, während er den Motor anließ.
    »Unheimlich, würde ich eher sagen. Er sagt, er hoffe, dass wir nicht nach Kingdom Come unterwegs wären.«
    »Unterwegs ins Jenseits? Was soll das denn heißen?«
    »Ihr seid alle Sünder !«, tönte Arlo mit der Stimme eines Fernsehpredigers. »Und ihr seid auf dem Weg in die Hölläääh !«
    »Vielleicht wollte er uns nur sagen, dass wir vorsichtig sein sollen«, meinte Elaine. »Bei dem ganzen Schnee und so.«
    »Es scheint nachzulassen.« Doug beugte sich vor, um zum Himmel hinaufzuspähen. »Ich glaube, ich sehe sogar ein kleines Stückchen Blau da oben.«
    »Immer der Optimist«, sagte Arlo. »So kennen wir unseren Dougie.«
    »Positives Denken. Das funktioniert immer.«
    »Sieh nur zu, dass du uns rechtzeitig zum Mittagessen ans Ziel bringst.«
    Doug warf einen Blick auf das Navi. »Lola sagt: Geschätzte Ankunftszeit elf Uhr neunundvierzig. Du wirst schon nicht verhungern.«
    »Ich bin jetzt schon am Verhungern, und es ist erst halb elf.«
    Die weibliche Stimme des Navigationsgeräts befahl: »An der nächsten Gabelung links halten.«
    Arlo begann zu singen: » Whatever Lola wants … «
    » Lola gets … «, stimmte Doug ein und steuerte den Wagen an der Weggabelung nach links.
    Maura sah aus dem Fenster, doch sie konnte kein Blau am Himmel entdecken. Nur tief hängende Wolken und die weißen Flanken der Berge in der Ferne.
    »Es fängt wieder an zu schneien«, sagte Elaine.

5
    »Wir müssen irgendwo falsch abgebogen sein«, sagte Arlo.
    Das Schneetreiben war dichter denn je, und jedes Mal, wenn die Wischerblätter unten waren, verdunkelte sofort ein dichtes Netz von Flocken die Scheibe. Fast eine Stunde lang schlängelte sich die Straße nun schon stetig bergauf, und die Fahrbahn war längst unter einer immer dicker werdenden weißen Decke verschwunden. Doug steuerte mit vorgerecktem Hals und spähte angestrengt durch die Scheibe, um zu sehen, wohin sie fuhren.
    »Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?«, fragte Arlo.
    »Wenn Lola es sagt.«
    »Lola ist nur eine Stimme in einem Kasten.«
    »Ich habe sie auf die kürzeste Strecke programmiert. Und das ist die hier.«
    »Aber ist es auch die schnellste?«
    »Willst du vielleicht fahren?«
    »Ist ja schon gut, Mann, man wird ja noch fragen dür fen.«
    Elaine schaltete sich ein: »Wir haben kein anderes Auto gesehen, seit wir auf diese Straße abgebogen sind. Nicht mehr, seit wir an dieser schrägen Tankstelle waren. Wieso ist hier niemand außer uns unterwegs?«
    »Habt ihr eine Karte?«, fragte Maura.
    »Ich glaube, im Handschuhfach liegt eine«, antwortete Doug. »Die haben sie zum Mietwagen mitgeliefert. Aber laut Navi sind wir genau da, wo wir sein sollten.«
    »Ja, am Arsch der Welt«,

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