Totenhaut
Abend?«
»Ja.«
»Wurde da vielleicht auch geredet? Haben Sie ihr von Ihrem Interesse an menschlicher Anatomie erzählt?«
»Nein! Hören Sie, ich weiß, Sie glauben, dass ich sie umgebracht habe. Und Sie glauben auch, dass ich mich mit Carol Miller getroffen habe, stimmt’s? Aber das habe ich nicht. Wir haben am Telefon über dieses scheiß Rudergerät gesprochen, aber sie ist nie vorbeigekommen, um es sich anzusehen.«
»An dem Abend, an dem sie verschwand, wollte sie sich mit jemandem wegen irgendetwas treffen.«
Gray fing an, an seinem Daumennagel herumzukauen.
»Hören Sie. Als Sie damals kamen und mich nach Carol Miller gefragt haben, da habe ich nicht gelogen. Ich habe sie nie gesehen. Aber Angela Rowlands habe ich gesehen. Ich dachte, wenn ich Ihnen das sage, dann nehmen Sie mich hops. Und wie man sieht, sitze ich jetzt ja auch hier.«
Jon machte ein finsteres Gesicht. Die Befragung verlief nicht so, wie er es sich erhofft hatte. »Wie lange wird es dauern, bis wir die Verbindung zwischen Ihnen und Tyler Young finden, was meinen Sie? Genau in diesem Augenblick durchsuchen Polizisten Ihre Wohnung. Werden sie eine von den Karten finden, die Sie an Karaoke-Abenden so gerne verteilen?«
»Sie sind mir nachgegangen!«
Jon ignorierte den Einwurf. »Wann haben Sie Tyler Young kennengelernt?«
»Wie sollte ich je mit einem Mädchen ihres Alters in Kontakt kommen? Schauen Sie mich doch an.« Er sah auf seinen Bauch hinunter. »Ich bin ein übergewichtiger Dreiundvierzigjähriger, der Elvis imitiert.« Er blickte auf, und Jon sah zu seinem Entsetzen, dass ihm eine Träne die Wange hinunterlief. »Ich bin ein lächerlicher kleiner Krankenhauspförtner, verdammt noch mal. Bei einem Mädchen wie Tyler Young hätte ich so viel Chancen gehabt wie bei der Tochter von Angela Rowlands.«
»Sie haben versucht, sich an Lucy Rowlands ranzumachen?«, fragte Jon ohne jede Emotion.
Nun weinte Gray hemmungslos. »Ja, als ihre Mutter aufs Klo gegangen war. Sie hat mich in die Wüste geschickt.«
Jon ließ nicht locker. »Bei Tyler Young hätten Sie die besten Chancen gehabt, es hätte Sie halt eine Kleinigkeit gekostet.«
Gray richtete sich auf. »Ich habe noch nie dafür bezahlt. Noch nie.« Trotz klang aus seiner Stimme. Dem Schweigen, das sich nun ausbreitete, machte Rick ein Ende, indem er Jon anstieß und seine Hände zu einem T formte.
Widerwillig streckte Jon seine Hand zum Rekorder.
»Okay, Befragung unterbrochen um fünfzehn Uhr zweiundfünfzig.« Das Gerät schaltete sich mit einem Klicken aus, und er stand auf.
»Tasse Tee?«, fragte Rick leise.
»Drei Stück Zucker«, antwortete Gray und wischte sich die Tränen von den Wangen.
Jon hatte schon die Hälfte des Flurs hinter sich gebracht, als ihn McCloughlins Stimme einholte. »Haben Sie diesen Mann verfolgt?«
Jon blieb stehen. »Ich war einmal abends in einer Kneipe, Sir, und da habe ich gesehen, wie er sich an eine Frau rangemacht hat.«
McCloughlin schnaubte ungläubig. »Und was war das mit seiner DNA, die in Angela Rowlands gefunden wurde.«
Jon senkte den Kopf. »Nachdem ich das erste Mal in der Krankenhauskantine mit ihm gesprochen habe, habe ich Spuren an dem Becher analysieren lassen, aus dem er getrunken hat. Aus diesem Grund haben wir die Übereinstimmung.«
McCloughlins Stimme überschlug sich vor Wut. »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Ich habe das nicht genehmigt, Sie arrogantes Arschloch. Sie wussten, dass das gegen die Vorschriften verstößt.«
Jon wandte sich um. »Es muss ja niemand wissen, Sir. Jetzt, wo er verhaftet ist, haben wir das Recht, zur Beweisführung einen Speichelabstrich von ihm zu nehmen. Dann bekommen wir unsere Übereinstimmung eben davon.«
»Er ist nicht verhaftet – Sie lassen ihn unverzüglich ohne Anklageerhebung frei.«
»Was?«
»Da haben Sie einen ganz üblen Frühstart hingelegt, Spicer. Der sah mir nicht nach einem Schuldigen aus.«
»Er hatte Sexualkontakt mit einem der Opfer, Telefonkontakt mit einem anderen, und mit wem das dritte Opfer Umgang hatte, da haben unsere Ermittlungen noch nicht einmal begonnen.«
»Ziemlich genau dasselbe könnte man von über einem Dutzend Männern sagen, die Angela Rowlands durch diese Partneragentur kennengelernt hat. Und von denen haben wir keinen einzigen verhaftet.«
»Ich bezweifle, dass die Fotos von gehäuteten Leichen zu Hause rumliegen haben.«
»Dann soll also Ihre kleine Vendetta – danach sieht es mir nämlich aus – plötzlich bei dieser
Weitere Kostenlose Bücher